Die neue Praxis Dr. Norden Staffel 1 – Arztserie. Carmen von Lindenau

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Die neue Praxis Dr. Norden Staffel 1 – Arztserie - Carmen von Lindenau Die neue Praxis Dr. Norden

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Morgen«, entgegnete Danny freundlich und schloss die Tür hinter den beiden. So wie es inzwischen in vielen Arztpraxen üblich war, verzichtete auch er auf das Händeschütteln mit seinen Patienten, was für beide Seiten aus hygienischen Gründen ein Vorteil war. »Was kann ich für Sie tun?«, fragte er, nachdem er sich hinter seinen Schreibtisch gesetzt hatte und Gusti und Marius ihm gegenüber auf den beiden Stühlen Platz nahmen.

      »Es geht um den Buben. Er hat ADHS«, klärte Gusti ihn über den Grund ihres Besuches auf.

      »Und wie kommen Sie darauf?«, fragte Danny, während er Marius ansah, der vollkommen entspannt auf seinem Stuhl saß, seine Hände in die Taschen seiner Jeans steckte und den Kaugummi, den er im Mund hatte, genüsslich von einer Seite auf die andere schob.

      »Sie wissen doch, dass er die sechste Klasse wiederholen muss, weil diese Lehrerin, diese Frau Kern, ihm in Mathematik und Sport schlechte Noten gegeben hat«, sagte Gusti.

      »In welchem Zusammenhang steht das mit Ihrer Diagnose?«, fragte Danny so höflich, wie es ihm möglich war. Gusti Meier hatte vor ein paar Wochen die junge Lehrerin in aller Öffentlichkeit beschuldigt, Marius nur deshalb schlecht zu benoten, weil sie ihn angeblich nicht leiden konnte. Gusti hatte sich dafür beinahe eine Verleumdungsklage eingehandelt. Er war davon ausgegangen, dass sie inzwischen begriffen hatte, dass ihr Enkel sich diese Noten selbst eingehandelt hatte.

      »In der Schule steht es schon wieder nicht zum Besten. So wie ich das sehe, kann der Bub sich nicht richtig konzentrieren. Das bedeutet, er leidet an einer Aufmerksamkeitsstörung, also ADHS«, sagte sie, ohne dass auch nur der geringste Zweifel in ihrer Stimme zu hören war.

      »Ich denke nicht, dass er ADHS hat«, widersprach ihr Danny.

      »Aber es ist offensichtlich, Herr Doktor.«

      »Für mich nicht. Darf ich Sie fragen, warum Marius mit Ihnen und nicht mit seinen Eltern hergekommen ist?«, fragte Danny, während Marius aus dem Fenster schaute, als ginge ihn das alles nichts an.

      »Weil das mit der ADHS ihre Idee ist«, mischte sich Marius auf einmal in das Gespräch zwischen seiner Großmutter und Danny ein. »Meine Eltern sagen, dass ich einfach nur zu faul zum Lernen bin und deshalb schlechte Noten schreibe.«

      »Geh, Bub, was sagst du denn da? Du bist doch nicht faul, du bist krank«, entgegnete Gusti.

      »Würden Sie Marius und mich bitte ein paar Minuten allein lassen«, bat Danny Gusti Meier, als der Junge erneut aus dem Fenster schaute und Desinteresse vorgab.

      »Wenn Ihnen das hilft, die Diagnose zu stellen.«

      »Das würden mir sehr helfen«, sagte Danny.

      »Na gut, ich warte vorn am Tresen auf dich«, wandte sich Gusti an ihren Enkel und verließ nur zögerlich das Sprechzimmer.

      »Ich weiß jetzt, worauf deine Großmutter und deine Eltern deine schlechten schulischen Leistungen schieben. Was ist mit dir? Was glaubst du, woran es liegt, dass du nicht mitkommst?«, wollte Danny von Marius wissen.

      »Keine Ahnung, vielleicht, weil ich immer so müde bin, und wenn mich dann ein Lehrer anspricht, reagiere ich eben gereizt, weil ich eigentlich schlafen will. Sie sagen, ich sei aufsässig und nicht in der Lage, dem Unterricht zu folgen. Im Sportunterricht ist es am schlimmsten. Ich kann mich einfach nicht aufraffen, im Kreis herumzurennen oder mich an irgendwelchen Geräten abzuarbeiten.«

      »Wie lange fühlst du dich schon so müde?«, fragte Danny und sah den Jungen aufmerksam an. Er war nicht nur sehr dünn und blass, seine Haut war auch trocken und er hatte spröde Mundwinkel. Zusammen mit der Müdigkeit konnte das auf einen gravierenden Eisenmangel hindeuten.

      »Das mit der Müdigkeit habe ich schon seit ein paar Monaten. Seitdem gehe ich auch nur noch selten mit meinem Vater ins Fitnessstudio.«

      »Wie waren deine Noten, bevor du dich so müde gefühlt hast?«

      »Ganz okay, in den Arbeiten hatte ich meistens eine zwei oder eine drei. Ein Mathegenie, wie meine Oma glaubt, war ich aber nie, das muss sie sich leider abschminken«, erklärte Marius achselzuckend. »Schule ist überhaupt total öde.«

      »Du bist jetzt dreizehn«, sagte Danny.

      »Dreizehn und drei Monate«, verbesserte ihn Marius und richtete sich in seinem Stuhl auf, so als wollte er noch ein bisschen größer wirken.

      »Das heißt in knapp fünf Jahren bist du volljährig und kannst selbst über deine Zukunft bestimmen. Je besser du vorbereitet bist, desto mehr Möglichkeiten bieten sich dir. Du solltest die Schule unbedingt ausnutzen.«

      »Was meinen Sie mit ausnutzen? Das klingt, als könnte ich der Schule etwas wegnehmen«, wunderte sich Marius.

      »Wegnehmen nicht, aber du kannst das Wissen, das sie dir zur Verfügung stellen, aufnehmen und für dich nutzen. Hingehen musst du ohnehin noch eine Weile, warum solltest du dann nicht das Angebot ausschöpfen.«

      »Wow, das klingt ja mal richtig abgefahren, Herr Doktor. So habe ich das mit der Schule noch nie betrachtet. Hingehen und alles abgreifen, was die an Wissen im Angebot haben. Obwohl, so leicht ist das nicht. Manche Lehrer tun sich echt schwer damit, etwas verständlich zu erklären.«

      »Dann frage nach.«

      »Das nervt sie.«

      »Einige mag das nerven, aber die meisten werden deine Fragen als Interesse werten und in deine Noten miteinfließen lassen.«

      »Ich glaube, aus Ihnen wäre ein Spitzenlehrer geworden, Herr Doktor«, sagte Marius, der auf einmal hellwach schien.

      »Das weiß ich nicht, aber danke, dass du es mir zutraust. Und jetzt sollten wir die Ursache deiner Müdigkeit herausfinden. Bist du mit einer Untersuchung einverstanden?«

      »Sie überlassen mir die Entscheidung?«, zeigte sich Marius verblüfft.

      »Ich kann dich nicht gegen deinen Willen untersuchen.«

      »Und wenn ich eine Untersuchung ablehne?«

      »Dann würde ich mit deinen Eltern sprechen, weil ich mir Sorgen um dich mache und ich möchte, dass es dir wieder besser geht.«

      »Das klingt nach einer ehrlichen Antwort. Okay, untersuchen Sie mich bitte, sonst glaubt meine Oma mir ohnehin nicht, dass ich kein ADHS habe. Was heißt das eigentlich?«

      »Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung.«

      »Das ist auch niemandem über Nacht eingefallen.«

      »Nein, wohl eher nicht«, antwortete Danny lächelnd. Er hatte seine ganz eigene Meinung zu diesem Thema, und vielleicht wäre es interessant, wenn er sich mit Olivia Mai einmal darüber austauschen könnte.

      In diesem Moment wurde ihm wieder bewusst, dass er auffallend oft an seine Nachbarin dachte, obwohl er sich doch ständig einredete, dass sie nicht mehr als nur eine Nachbarin war, die ein bisschen Unterstützung brauchte, um eine stressige Situation zu bewältigen.

      »Soweit sieht alles gut aus«, versicherte er dem Jungen, nachdem er ihm ein paar Fragen zu seinem Befinden gestellt, nach seinem Appetit, den er als gut bezeichnete, gefragt und ihn mit dem Stethoskop abgehört und den Blutdruck

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