Die neue Praxis Dr. Norden 1 – Arztserie. Carmen Lindenau

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Die neue Praxis Dr. Norden 1 – Arztserie - Carmen Lindenau Die neue Praxis Dr. Norden

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inzwischen so sehr schätzte, dass er bis an seine Grenzen gehen konnte. Danach fühlte er sich jedes Mal vollkommen leer, es gab dann nichts mehr, worüber er nachdenken musste.

      Und so wie jedes Mal nach dem Sport ging er auch an diesem Abend früh zu Bett. Er las noch ein Kapitel in dem Buch, das Ophelia ihm am Samstagmorgen vorbeibrachte, nachdem sie Ortrud abgeholt hatte, die auf der Fensterbank in seinem Esszimmer in der Sonne schlief.

      Ophelia war der Meinung, dass er dieses Buch eines inzwischen verstorbenen Neuropsychologen unbedingt lesen sollte. Sie wollte ihm auch noch seine anderen Werke ausleihen, die ihre Mutter alle besaß, da sie diesen Mann für eine Kapazität hielt. Danny hatte bereits ein Buch dieses Autors gelesen. Er besaß die Gabe, psychologische Ausnahmezustände unterhaltsam zu schildern.

      Eine dieser Geschichten nahm Danny mit in seine Träume, baute sie aber in seine eigene Erfahrungswelt ein, was schließlich in einem Albtraum endete. Er befand sich plötzlich irgendwo in den Bergen und versuchte, die Stadt zu erreichen, die auf dem Gipfel des höchsten Berges im strahlenden Sonnenschein lag. Doch so oft er auch den Anstieg wagte, jedes Mal rutschte er kurz vor dem Gipfel in eine Gletscherspalte und fiel in ein dunkles Nichts.

      *

      Ich sollte abends keine Bücher über Psychologie lesen, dachte er, als er am nächsten Morgen aufwachte und dieser Albtraum noch immer in seinem Kopf herumgeisterte. Um diese Gedanken loszuwerden, wäre er am liebsten gleich wieder zum Squash gefahren. Aber dafür hatte er jetzt keine Zeit. Für ein paar Minuten auf dem Hometrainer, der unter dem überdachten Balkon stand, allerdings schon.

      Fünf Minuten später saß er in T-Shirt und Sporthose auf dem Ergometer und trat kräftig in die Pedale. Der hochgewachsene rote Oleander und die beiden Olivenbäumchen verdeckten einen großen Teil der Gitterstäbe des Balkons und boten ihm genügend Sichtschutz, um nicht von den Nachbarn beobachtet zu werden. Eine Nachbarin ließ sich davon allerdings nicht abschrecken, sie kam, um nachzusehen, was er auf dem Balkon trieb.

      »Guten Morgen, Ortrud«, begrüßte Danny die rotgetigerte Katze, die es wieder geschafft hatte, über das aus festem Holz gezimmerte Rankgitter seinen Balkon zu erreichen.

      Ortrud blieb einen Moment lang auf dem Boden hocken, putzte ihre Pfoten und kam dann langsam auf ihn zu. Ehe er wusste, wie ihm geschah, sprang sie auf seinen Schoß.

      »Du bist eine echte Schönheit, aber das weißt du sicher«, sagte er, als Ortrud ihn mit ihren großen blauen Augen anschaute. Er kraulte ihren Kopf, bis sie sich schnurrend auf seinem Schoss ausstreckte.

      »Schon wieder Damenbesuch, Herr Doktor?!«, rief Valentina, die mit der Brötchentüte im Arm das Gartentor aufschob und Danny reden hörte.

      »Die Katze von nebenan hat Gefallen an meinem Haus gefunden«, antwortete er und beugte sich ein Stück nach vorn, um über die Balkonbrüstung auf den Weg zu schauen, der durch den Vorgarten zur Haustür führte.

      »Geh, doch nicht an Ihrem Haus, an Ihnen, Herr Doktor«, antwortete Valentina lachend. »In einer Viertelstunde gibt es Frühstück!«, rief sie, dann fiel die Tür hinter ihr ins Schloss.

      »Du hast es gehört, das war die Aufforderung, mich anzuziehen«, sagte er und setzte Ortrud behutsam auf den Boden, bevor er von dem Ergometer abstieg. »Ist das dein Ernst?«, fragte er überrascht, als Ortrud ihm ins Badezimmer folgte.

      Sie stolzierte zuerst auf dem Badewannenrand entlang und schaute zu, wie er sich über dem Waschbecken vor dem Spiegel rasierte. Als er danach in die Dusche ging, hockte sie sich auf den Wäschekorb und sah zu, wie er das Wasser aufdrehte. Der Dampf des warmen Wassers schien ihr aber zu missfallen, und sie blickte sehnsuchtsvoll auf die geschlossene Badezimmertür.

      »Tut mir leid, du musst warten, bis ich fertig bin«, sagte Danny. Oder auch nicht, dachte er, als die Katze wie ein Pfeil nach vorn schoss und die Türklinke mit den Vorderpfoten herunterdrückte.

      Diese Katze passte zu Ophelia, sie war ebenso selbstbewusst und eigenständig wie das Mädchen. Vielleicht wäre es doch ganz interessant, auch ihre Mutter und ihre Großmutter kennenzulernen, dachte er. Nein, das hat keine Eile, verwarf er den Gedanken gleich wieder und wickelte das Badehandtuch um seine Hüften, das er von dem Handtuchwärmer neben der Dusche genommen hatte.

      Wie an jedem Werktag, wenn Valentina zu ihm kam, zog der Duft nach frischgebrühtem Kaffee durch das Haus, als er die Treppe zum Esszimmer hinunterging. Auch Ortrud war noch da. Sie hatte es sich wieder auf der Fensterbank gemütlich gemacht und ließ sich die Morgensonne auf den Rücken scheinen.

      »Frau Kern und Herr Bergwald glauben, dass sie den Fahrer des Sportwagens gesehen haben, der Frau Kern angefahren hat. Sie haben ihn als großen bulligen Mann mit Kapuzenshirt und Sonnenbrille beschrieben. Könnte das auch der Mann gewesen sein, der Sie beinahe umgefahren hat?«, fragte Danny, als sich Valentina mit einer Tasse Kaffee zu ihm an den Tisch setzte, weil das zu ihrem Morgenritual gehörte.

      »Ich habe den Fahrer nicht richtig sehen können, aber es könnt schon ein großer bulliger Kerl gewesen sein. Ob er ein Kapuzenshirt und eine Sonnenbrille getragen hat, das weiß ich nicht. Er muss dieses Shirt ja auch nicht jeden Tag anhaben.«

      »Was ist mit dem großen bulligen Kerl im Kapuzenshirt?«, wollte Ophelia wissen, die in der geöffneten Tür zum Garten stand und Danny erschrocken ansah.

      »Der Mann könnte derjenige sein, der Frau Kern angefahren hat«, antwortete ihr Valentina. »Und vielleicht ist es auch derselbe Mann, den Frau Weinfeld einen Tag vor dem Unfall im Schritttempo durch die Straße hat fahren sehen. So als würde er nach einem bestimmten Haus suchen«, erzählte sie, was sie von der Nachbarin gehört hatte.

      »Nein, bitte nicht«, flüsterte Ophelia.

      »Was ist mit dir, Madl?«, fragte Valentina, als sie auf die roten Turnschuhe sah, die das Mädchen zu seinen schwarzen Jeans und dem roten T-Shirt trug. Ophelia wippte auf einmal ganz nervös mit dem rechten Fuß und schien es nicht einmal zu bemerken. »Komm zu uns, Schatzl«, forderte Valentina sie mit sanfter Stimme auf. »Setz dich her«, sagte sie und streichelte ihr über das seidige rote Haar, als sie auf dem Stuhl neben ihr Platz nahm.

      »Kennst du diesen Mann?«, fragte Danny besorgt, als das Mädchen, das sonst nichts in Verlegenheit brachte, ihn plötzlich wie ein verängstigtes Kind ansah.

      »Ich denke, es ist Zeit, dass Sie meine Mutter kennenlernen, Doc«, sagte sie.

      »Ophelia, was ist denn los?«, versuchte Danny, sie zum Reden zu bringen.

      »Ich weiß nicht, es ist so …«

      »Ja?« Danny sah sie abwartend an.

      »Meine Mutter wird sich bei Ihnen melden. Ich muss in die Schule.« Ophelia sprang wieder auf, nahm Ortrud auf ihre Arme und stürmte in den Garten hinaus.

      »Was war jetzt das?«, fragte Valentina und sah Danny ratlos an.

      »Keine Ahnung. Wir werden wohl darauf warten müssen, dass ihre Mutter die Sache aufklärt.«

      »Was zur Folge hat, dass Sie sie endlich kennenlernen«, entgegnete Valentina lächelnd.

      »Vermutlich ist es so«, murmelte er missmutig.

      »Nicht alle Psychologen gehen gleich dazu über, ihre Mitmenschen zu analysieren.«

      »Meine bisherigen Erfahrungen sprechen aber dafür, dass sie genau das tun«, entgegnete Danny

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