Die neue Praxis Dr. Norden 1 – Arztserie. Carmen Lindenau

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Die neue Praxis Dr. Norden 1 – Arztserie - Carmen Lindenau Die neue Praxis Dr. Norden

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Stunden kannte, beistehen musste.

      »Also gut, wenn Sie keine Angst haben, dass er uns zusammen sieht, dann schlage ich vor, dass sich alle Beteiligten morgen um sieben zum Abendessen bei mir treffen. Ich werde dann alles erklären, auch, dass dieser Mann derjenige sein könnte, der Frau Kern angefahren und Fahrerflucht begangen hat. Würden Sie Sophia, Lydia und Valentina Bescheid geben? Und auch Frau Kern und Herrn Bergwald.«

      »Ich kümmere mich darum, dass alle von Ihrer Einladung erfahren«, versprach Danny ihr, weil er es für eine gute Idee hielt, die unangenehme Lage, in der sie sich befanden, gemeinsam zu besprechen.

      *

      Das Haus der Mais war weiß gestrichen, hatte türkise Fensterläden, und auch das gedrechselte Balkongeländer besaß einen türkisfarbenen Anstrich. Der Obst- und Gemüsegarten war durch einen weißen Holzzaun von den Blumenbeeten und dem Rasen getrennt und passte sich mit seinen Apfel- und Kirschbäumchen dem romantisch verspielten Erscheinungsbild des gesamten Grundstückes an. Rosafarbene Rosen in weißen bauchigen Blumenschalen standen auf der gemauerten Umrandung der überdachten Terrasse, und auch die Tür aus massivem Holz, die direkt in die Küche führte, war türkis gestrichen.

      Olivia hatte am Vormittag von Danny erfahren, dass alle kommen würden, die sie über den Sportwagenfahrer ins Bild setzen wollte, und sie hatte eine Gemüselasagne mit Salat vorbereitet. Sie empfing ihre Gäste an einem Tisch aus heller Kiefer. An den beiden Längsseiten standen jeweils vier weiße Stühle, an den beiden Stirnseiten jeweils einer.

      Franziska, Lorenz und Valentina waren schon da, als Danny in Begleitung von Sophia und Lydia kam. Die beiden waren nach der Sprechstunde nicht mehr nach Hause gegangen und kamen ganz leger gekleidet in Jeans und T-Shirt. Danny aber hatte seine Praxiskleidung gegen eine dunkle Stoffhose und ein tailliertes weißes Hemd getauscht.

      Olivia trug an diesem Abend ein violettes schmal geschnittenes Kleid mit langen Ärmeln. Sie hatte ihr Haar hochgesteckt, und die zarten Locken, die sich über ihren Nacken kräuselten, erregten Dannys Aufmerksamkeit. Er musste immer wieder hinsehen, betrachtete das hellrote Haar, wie es die weiße Haut ihres Nackens streichelte.

      Ortrud, die zuerst auf Franziskas Schoß gesessen hatte, danach zu Lorenz wechselte und schließlich bei Valentina gelandet war, suchte sofort Dannys Nähe, der gegenüber von Valentina Platz nahm.

      »Ortrud liebt Sie, Doc, ehrlich«, versicherte ihm Ophelia, die in ihrem knöchellangen schwarzen Kleid schon richtig erwachsen aussah. Sie stellte die Schüssel mit dem Tomatensalat, den sie aus der Küche geholt hatte, auf den Tisch und setzte sich auf den Stuhl neben Danny.

      »Ortrud kann sich das Recht herausnehmen, jeden zu lieben«, entgegnete Olivia und hauchte ihrer Tochter einen Kuss auf das Haar.

      »Dieses Recht können wir uns alle herausnehmen. Wir müssen nur darauf gefasst sein, dass unsere Liebe nicht erwidert wird.«

      »Kluges Madl«, sagte Valentina und schnipste ein Katzenhaar von dem Rock ihres geblümten Kleides.

      »Dass die Liebe nicht erwidert wird, trifft bei Ihnen auf keinen Fall zu«, erklärte Ophelia und sah zuerst Franziska und dann Lorenz an.

      »Schatz, bitte, sei nicht immer so direkt«, bat Olivia.

      »Die Wahrheit ist, dass die beiden glücklich sind, warum sollte ich das nicht laut sagen dürfen?«, entgegnete Ophelia selbstbewusst, als Franziska sich Lorenz mit einem Lächeln zuwandte.

      Ophelia hatte recht, Franziska war glücklich, so glücklich, dass sie zum ersten Mal, seitdem sie an Krücken laufen musste, ihr Lieblingskleid, das rote mit dem weiten U-Boot-Ausschnitt, das kurz unterhalb der Knie endete, angezogen hatte.

      »Für meine Mutter ist die Wahrheit der Grundpfeiler des Lebens, deshalb gibt sie auch nie auf, bis sie sie herausgefunden hat«, erzählte Lydia, und ihr Blick verriet, dass sie stolz auf ihre Mutter war.

      »Vielleicht sollte ich Polizistin werden«, stellte Ophelia mit nachdenklichem Blick fest.

      »Für Wahrheitsliebende eine weitaus bessere Wahl als ein medizinischer Beruf. Ich weiß gar nicht mehr, wie oft ich während eines Rettungseinsatzes die Floskel ›Es wird alles wieder gut‹ von mir gegeben habe, obwohl ich genau wusste, es wird gar nichts mehr gut«, erzählte Lydia mit einem tiefen Seufzer.

      »Manchmal wird es aber gerade deshalb wieder gut, weil dieser Satz den Menschen Hoffnung gibt. Ist es nicht so, Doktor Norden?«, bat Sophia um die Unterstützung ihres Chefs.

      »Menschen Hoffnung zu geben, gehört zu der stärksten Waffe, wenn es ums Überleben geht«, gab Danny ihr recht.

      »So sehe ich das auch«, stimmte Olivia Danny zu und hielt seinen Blick einen Moment lang fest. »Jetzt würde ich aber gern auf den Grund dieses Treffens zu sprechen kommen. Was die Getränke betrifft, bedienen Sie sich bitte selbst«, bat sie und deutete auf die Karaffen mit Wasser, Saft und Wein, die auf dem Tisch standen.

      »Mama, du hast das Wort«, sagte Ophelia.

      »Vielen Dank, mein Schatz.« Olivia setzte sich an die Stirnseite des Tisches und klärte ihre Gäste über den Mann auf, der vermutlich Franziska angefahren hatte.

      »Was passiert, wenn dieser Mann nicht gefunden wird?«, wollte Sophia wissen.

      »Wir hoffen, dass er bald seine Deckung verlässt und die Polizei ihn festnehmen kann«, antwortete Olivia.

      »Vielleicht verschwindet er auch, weil es ihm durch die Präsenz der Polizei zu ungemütlich wird«, sagte Lydia.

      »Er ist mir in eine andere Stadt gefolgt. Ich befürchte, er wird bleiben und auf seine Chance warten. Er hat es auf mich abgesehen, glaubt, mich zu lieben.«

      »Und das geht zu weit«, erklärte die rothaarige Frau mit den strahlend blauen Augen, die mit einer großen Auflaufform aus dem Haus kam.

      »Darf ich vorstellen, meine Mutter Ottilie Mai«, machte Olivia ihre Gäste mit der Frau in dem eleganten hellen Kleid bekannt, die die nach Oregano und Basilikum duftende Gemüselasagne auf den Tisch stellte.

      Wirklich interessant, dachte Danny, als sein Blick von Olivia zu Ophelia und danach zu Ottilie wanderte. Alle drei hatten das gleiche hellrote Haar und die gleichen hellblauen Augen. Selbst Ortrud, die Katze, machte da keine Ausnahme.

      »So sehen uns alle Leute an, wenn sie uns das erste Mal zusammen sehen«, meldete sich Ophelia zu Wort, als auch Franziska, Lorenz, Sophia und Lydia sie verblüfft anschauten. »Um die nächste Frage, die irgendwann jeder stellt, zu beantworten. Ja, unsere Namen beginnen alle mit einem O, ein O wie ein Kreis, weil ein Kreis Unendlichkeit bedeutet und das O perfekt zum M passt«, sagt meine Oma. »Unsere Initialen O und M gleich OM, auch als bedeutendes Mantra bekannt.«

      »Danke, Kleines, besser hätte ich das Geheimnis der Os nicht zusammenfassen können«, sagte Ottilie und nahm ihre Enkelin liebevoll in den Arm. »Da das nun geklärt ist, gehen wir doch zum gemütlichen Teil des Abends über.«

      »Falls das heißt, wir können essen, bin ich dabei.« Ophelia hob ihren Teller an, stellte ihn aber sofort mit einem verschmitzten Lächeln wieder ab, schließlich wusste sie, was sich gehörte, dass zuerst die Teller der Gäste gefüllt wurden.

      Nach einer Weile vergaßen alle, warum sie an diesem Abend eigentlich zusammengekommen waren. Ottilie erzählte ihnen die Geschichte ihrer Geburt, die sich ein paar Wochen zu früh ankündigte.

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