Die Praktikantin und 12 andere heiße Erzählungen. Lisa Vild
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Ella spürt, dass sie sich dem Orgasmus nähert. Wie er sich aufbaut. Es beginnt ganz tief in ihr drin, ein warmes Gefühl, und breitet sich dann im ganzen Bauch und die Beine herab aus. Sie spannt sich an. Die Bauchmuskeln treten unter der Bauchdecke hervor. Die Wadenmuskeln werden sichtbar. Ihr Hals wird länger, als sie das Kinn reckt, fast als ob sie einen letzten, tiefen Atemzug nehmen wollte, bevor sie unter der Oberfläche verschwindet. Ihr Mund ist weit geöffnet und formt ein stummes O. Ihre Hüften kreisen und stoßen gegen den Dildo, der tief in ihr steckt, und der Vibrator kitzelt die exakt richtige Stelle. Sie zieht die Augenbrauen zusammen und sieht fast traurig aus. Und dann gibt sie auf. Sie hört auf gegenzusteuern. Der O-förmige Mund formt den langen Atemzug zu einem tiefen, dröhnenden Stöhnen, das genauso lange dauert wie das Einatmen. Ihre nasse Muschi pulsiert stark. Sie drückt sich hart gegen den vibrierenden Dildo. Mit jeder Woge der Lust, die ihren ganzen Körper durchströmt, stößt sie ihre Hüften heftig gegen ihn. Sie fühlt, wie der Buttplug herausgedrückt werden will, aber ihr Hintern ist zu eng, um ihn erfolgreich herauszustoßen. Das Stöhnen geht weiter und wird schließlich weniger. Sie zittert unkontrolliert von der stetigen Stimulierung des Vibrators und muss ihn sich beinah abschütteln. Sie fällt für einige Sekunden auf dem Bett zusammen und versteht zum ersten Mal in ihrem Leben, warum das „kleiner Tod“ genannt wird.
Nachdem sie ein paar Minuten lang wieder zu sich gekommen ist, wendet sie sich ihrem Laptop zu und sieht, wie das Geld hereinströmt. Sie liest die Kommentare und lächelt breit. DaddyDom, einer ihrer fleißigsten Zuschauer, schreibt und nun machst du das noch mal, diesmal richtig rum. Sie spürt, wie sich ihr Magen zusammenzieht, wie es kribbelt. Es rinnt ihr noch immer die Beine runter – sie ist so himmlisch nass. Sie muss nicht einmal nachdenken, bevor sie antwortet. „Okay“, sagt sie mit kindlicher Freude und fängt wieder von vorne an.
Am nächsten Abend hat sie frei. Sie stellt fest, dass sie ein paar Tage lang keine Show machen muss. Vielleicht eine ganze Woche nicht. Ella hat an nur drei Abenden genug verdient, um Miete und Essen zu bezahlen und um sich den ganzen Juni nicht um Geld kümmern zu müssen. Sie will gerade los und Josefin und den Rest der Clique an der Sportbar um die Ecke treffen, als sie zum Laptop schielt. Er steht noch immer auf dem Stuhl am Fußende des Bettes, mit dem Buttplug und dem Dildo daneben. Die Katzenmaske hat sie aufs Bett geworfen. Ella lächelt, als sie an den ersten Abend zurückdenkt. Wie sie vor Nervosität zitterte, wie sie nicht kommen konnte, bevor die Übertragung geschlossen war und wie sie sich am nächsten Morgen fast geschämt hat für das, was sie getan hat. Alles hatte sich so furchtbar falsch und verboten angefühlt. Die Uhr an der Wand zeigt 19:45. Sie hat noch eine Viertelstunde Zeit.
Als sich die Jalousien in den Sommerabend senken, drückt sie auf den Knopf und ihre Kleider fallen zu Boden. Stück für Stück für Stück. Sie entblößt sich selbst komplett, und obwohl das, was sie mit sich selbst und ihrem Körper macht, so falsch ist, hat sie nie erlebt, dass sich etwas richtiger angefühlt hat.
Das Gefühl von ihr
Der Wald zieht unbemerkt vorbei. Kleine Ortschaften. Wollige Schafe in einer stummen Landschaft. Wenn mir zu schwindlig davon wird, die nahen Dinge anzusehen, kann ich den Blick auf etwas weiter Entferntem weilen lassen. Ich denke, dass das wie im Leben ist: darauf zu fokussieren, was einem zu dem Zeitpunkt am meisten Kraft gibt. Ab und zu werden wir in einer gleichen Bewegung herumgeschüttelt; wir wenigen Passagiere, wir, die irgendwo hinwollen. Der Waggon quietscht und jemand blickt auf. Ich strecke meinen Hals, versuche, in dem knarrenden Sitz eine bessere Position zu finden. Sie sind wie dafür gemacht, dass man nicht einschlafen kann; wahrscheinlich gehört das so. Wenn ich Zug fahre, sehe ich immer aus dem Fenster, was dazu führt, dass mein Hals steif wird. Aber ich kann es nicht lassen. Der Regen, der über die Weiten fällt, ist heute dünn und leicht, wie ein langsamer Kuss. Ich kann den schweren Regen wartend in den Wolken liegen sehen. Er ist schon fast blauschwarz vor lauter Warten, dass er endlich raus kann, dass er über uns herfallen kann, die wir in dem wattierten Stahlriesen eingesperrt sind. Ich will in dem Regen baden, meine Kleider ausziehen und unter dem Himmel liegen, wenn er sich öffnet. Lass ihn kommen, lass ihn fallen. Der Waggon quietscht wieder in seinem engen Gleis und diesmal bin ich es, die aufblickt.
Mein Blick landet zufällig auf einer Frau, die rückwärts fährt und somit mir zugewandt auf der anderen Seite des Ganges sitzt. Sie liest eine Tageszeitung, so eine, die raschelt, und trinkt etwas aus einem Pappbecher. Ich betrachte eine Weile lang ihre Finger um den Pappbecher, ehe ich den Schnipsel des Teebeutels und die Schnur über dem Rand bemerke. Die Teesorte kann ich nicht erkennen, sie sitzt zu viele Reihen entfernt. Ihre Finger sehen verfroren aus. Sie trinkt in kleinen, vorsichtigen Schlucken, und ich stelle mir vor, dass sie den Tee hauptsächlich gekauft hat, um sich aufzuwärmen. Es zieht im Waggon, aber ich bin wie immer zu dick angezogen und habe damit somit kein Problem. Ich würde ihr gern meinen Schal anbieten, der zusammengeknüllt und unbenutzt auf dem Sitz neben mir liegt. Wäre das komisch? Ich stelle mir vor, wie sie auflacht und zugibt, dass sie etwas fiert. Sie würde mich fragen, ob ich mich setzen will, ob ich nichts dagegen habe, rückwärts zu fahren. Habe ich nicht. In meiner Vorstellung setze ich mich neben die Frau und sehe zu dem Platz, auf dem ich gerade selbst noch gesessen habe, wo mein echter Körper noch immer sitzt. Wie sieht er aus? Wie sehe ich aus? Ich stelle fest, dass ich etwas zu intensiv die Frau anstarre und sehe schnell wieder aus dem Fenster, aber sie scheint nichts bemerkt zu haben. Wir fahren in einen Tunnel und ein scharfer Wind geht durch den Waggon. Ich werfe heimlich einen Blick zu ihr hinüber, sehe aber nicht mehr als unscharfe Umrisse. Dann sind wir plötzlich wieder im Hellen und ihr Blick trifft meinen. Ich sehe sofort weg. Das hätte ich wissen müssen. Sie kann schließlich im Dunkeln keine Zeitung lesen. Es dauert etwas, bis ich wieder wage, zu ihr zu sehen, und dann tue ich es unauffällig. Diesmal sehe ich sie etwas genauer an. Sie scheint etwa in meinem Alter zu sein, könnte aber auch etwas älter sein. Ihre dunklen Haare sind gedreht und in eine sorgfältige Frisur geflochten, die altmodisch erscheint. Sie sind zur Seite gerutscht, wo sie sich an die Kopfstütze lehnt. Ein warmer, weicher Bollen Haar, der sich an ihren Hals und ihr Ohr drückt. Ich versuche, mir meine eigenen, wuscheligen, wie immer etwas widerspenstigen Haare vorzustellen. Wie die wohl von ihr aus aussehen?
Die Schaffnerin kommt in unseren Waggon und ich suche nach meiner Fahrkarte. Ich habe sie schon einmal vorgezeigt, aber ich finde, es ist gut, wenn man mitarbeitet. Ich weiß nicht mehr, wann die Frau zugestiegen ist, vielleicht in der letzten Station. Anscheinend war ich zu sehr damit beschäftigt, aus dem Fenster zu sehen, um sie zu bemerken. Ich zeige der Schaffnerin meine Fahrkarte, woraufhin sie weiter durch den Waggon geht. Sie bleibt bei der Frau stehen und sagt etwas, das sie zum Lachen bringt. Die Frau antwortet bejahend. Ich zucke zusammen. Kennen sie einander? Die Frau lächelt, als die Schaffnerin im nächsten Waggon verschwindet. Es ist ein stark ansteckendes Lächeln, und ich sehe wieder aus dem Fenster, um nicht zu zeigen, dass ich gelauscht habe. Ich lasse vergehen, was ich für mehrere lange Minuten halte. Wir gleiten in eine kleine Talsenke, die Zahl der Schafe steigt. Ich versuche sie zu zählen, und merke, dass ich eindöse.