Der Bergpfarrer Paket 4 – Heimatroman. Toni Waidacher
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Stefan fiel es nicht auf, daß sie so nachdenklich war. Er legte seinen Arm um sie, als sie zur Pension gingen, und beim Abschied vor ihrem Zimmer küßte er sie liebevoll.
»Ich bin sehr glücklich, daß wir uns begegnet sind«, flüsterte er ihr ins Ohr.
Johanna schloß die Augen und wollte die argwöhnischen Gedanken verdrängen. Doch so recht gelang es ihr nicht. Noch lange lag sie wach und dachte über den geliebten Mann nach, der ihr plötzlich ein Rätsel geworden war.
*
Isolde Kreuzer hielt überhaupt nichts davon, daß ihr Mann dem Sohn nachfahren wollte.
»Wozu soll das gut sein?« fragte sie kopfschüttelnd. »Stefan wird sich bestimmt nicht darüber freuen.«
Kurt Kreuzer verdrehte die Augen. Isolde hatte ja keine Ahnung, was auf dem Spiel stand, aber er konnte es ihr auch nicht sagen. Bisher glaubte sie immer noch, daß es einzig um das geplatzte Geschäft in den Vereinigten Staaten ging, von der anderen Geschichte ahnte sie nichts.
»Es ist mir ziemlich egal, was unser Sohn davon hält«, erwiderte er gereizt. »Ich werde jedenfalls in dieses St. Johann fahren und ein ernstes Wort mit ihm reden. Überhaupt war es eine Schnapsidee von ihm, sich eine Woche Zeit zum Nachdenken auszubedingen. Da gibt es nämlich nichts zum Nachdenken. Die Tatsachen liegen auf dem Tisch, und auch unser Herr Sohn muß sich ihnen stellen. Ob er nun will oder nicht, und genau das werde ich ihm klarmachen!«
Inzwischen hatte Kurt Kreuzer auch nicht nur die Befürchtung, Stefan würde sich nicht in seinem und damit im Sinne der Firma entscheiden. Er hatte auch Angst, der Sohn könnte in seinem Urlaubsort eine andere Frau kennenlernen und sich ernsthaft verlieben.
Eine größere Katastrophe konnte es gar nicht geben.
Daß Stefan wählerisch war, was seine Frauenbekanntschaften anging, wußte der Vater. Aber jedem Mann lief eines Tages gerade die über den Weg, von der er immer geträumt hatte, und warum sollte es bei seinem Sohn anders sein?
»Jedenfalls fahre ich morgen mittag«, entschied er. »Du kannst dir ja überlegen, ob du mitkommen willst.«
Isolde antwortete nichts darauf. Sie saß in ihrem Sessel und blätterte weiter in einer Zeitschrift. Allerdings war sie nicht so recht konzentriert. Seit sie von ihrem Mann erfahren hatte, was der mit Harald Schönauer abgemacht hatte, dachte Isolde Kreuzer nur daran, wie sich diese Verbindung wohl auf ihr gesellschaftliches Leben auswirken würde. Zwischen der Familie Kreuzer und den Schönauers lagen Welten. Und wenn jetzt so ein Emporkömmling und neureicher Geschäftemacher dazugehörte, konnte es geschehen, daß man an Ansehen verlor.
Freilich wurde auch Harald Schönauer zu allen möglichen Gelegenheiten eingeladen, irgendwie gehörte er ja dazu. Aber hinter vorgehaltener Hand redete man über ihn und seine Firma, als betreibe er eine Abfallentsorgung.
Und aus diesem Grund war Isolde alles andere als glücklich darüber, daß ihr Stefan ausgerechnet Silvia Schönauer heiraten sollte.
»Hörst du mir überhaupt zu?« unterbrach ihr Mann ihren Gedankengang.
Sie schaute irritiert auf.
»Wie bitte?«
»Ich habe gefragt, ob ich nun ein Doppelzimmer bestellen soll oder nicht«, sagte Kurt gereizt.
»Na schön«, seufzte sie, »von mir aus.«
Kopfschüttelnd wandte er sich dem Telefon zu und wählte die Nummer der Auskunft. Dann bat er, mit dem oberbayerischen Tourismusverband verbunden zu werden.
Normalerweise hätte Kurt Kreuzer solche Sachen seiner Sekretärin überlassen, aber die brauchte nicht unbedingt zu wissen, was er und seine Frau vorhatten. Morgen war Freitag, in der Firma würde er sich am nächsten Tag abmelden, und dann kam ohnehin das Wochenende, und Kurt hoffte, in den zwei Tagen das Problem aus der Welt geschafft zu haben.
Allerdings erwies sich die Zimmersuche schwieriger als gedacht. Wie sich herausstellte, gab es in St. Johann nämlich nur ein Hotel, und das war bis unters Dach ausgebucht. Auch die Bemühungen der freundlichen Angestellten, mit der Kurt sprach, zumindest eine Pension ausfindig zu machen, in der es noch freie Zimmer gab, fruchteten nichts.
Enttäuscht legte Stefans Vater den Hörer wieder auf.
Und nun?
Das war ja zum Auswachsen. Alle Welt schien in diesem Dorf Ferien zu machen.
Plötzlich hatte Kurt Kreuzer eine Idee. Er erinnerte, daß einer seiner Geschäftspartner einmal erzählt hatte, in der Nähe von St. Johann ein Wochenendhaus zu besitzen. Eigentlich war es eine Almhütte, die der Bekannte hatte wieder herrichten lassen und mit der er seine Frau zur Hochzeit überrascht hatte.
Hastig suchte er die Telefonnummer von Richard Anzinger, dem Mann der bekannten Sängerin Maria Dewey, heraus. Anzinger, ein Münchener Kaufmann, bestellte jedes Jahr einige wertvolle Füllfederhalter bei der Firma Kreuzer, die er an Geschäftsfreunde zu Weihnachten verschenkte. Er war nach kurzem Klingeln am Telefon.
»Kreuzer hier«, sagte Stefans Vater. »Wie geht es Ihnen, Richard?«
»Kurt, guten Abend. Danke, gut geht’s. Ich hoffe, Ihnen auch?«
»Schon. Allerdings gibt es da ein kleines Problem, bei dessen Lösung Sie mir vielleicht behilflich sein können.«
»Gern! Schießen Sie los!«
Kurt Kreuzer schilderte ihm sein Problem, und Richard Anzinger war sofort bereit zu helfen.
»Freilich können Sie dort wohnen«, sagte er. »Die Hütte liegt auf der Jenneralm, mit dem Auto sind es knapp zwanzig Minuten bis ins Dorf. Wenn Sie morgen ankommen, fahren Sie zuerst nach St. Johann und melden sich bei Pfarrer Trenker. Er ist ein guter Freund von uns und bewahrt den Zweitschlüssel zur Hütte auf. Ich rufe ihn gleich an, damit er Bescheid weiß.«
»Sie haben mir wirklich sehr geholfen«, bedankte sich Kurt. »Ich hoffe, ich kann mich mal revanchieren.«
»Schon in Ordnung.«
»Dann wünsche ich Ihnen noch einen schönen Abend, und grüßen Sie bitte Ihre Frau.«
»Das mache ich«, antwortete der Münchener Kaufmann. »Leider ist sie im Moment mal wieder auf Tournee. Aber ich fliege in der nächsten Woche hinterher. Also dann, viel Erfolg in St. Johann.«
Erleichtert legte Kurt Kreuzer auf.
Glück im Unglück mußte man eben haben, dachte er und nahm es als gutes Omen, doch noch eine Unterkunft gefunden zu haben.
*
Als Sebastian Trenker am nächsten Morgen in aller Frühe das Pfarrhaus verließ, war er immer noch mit dem Gedanken an den Anruf gestern abend beschäftigt. Er hatte sich gefreut, mal wieder etwas von Richard Anzinger zu hören. Maria, dessen Frau, war Sebastians einstiges Pfarrkind. Schon früh hatte sie die Heimat verlassen und war in die Welt hinausgezogen. Als Sängerin machte sie eine einzigartige Karriere. Nach vielen Jahren erst kehrte sie nach St. Johann zurück, und der Bergpfarrer freute sich, dazu beitragen zu können, daß Maria auch ihr persönliches Glück fand.
Doch