Der Bergpfarrer Paket 4 – Heimatroman. Toni Waidacher
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»Laß gut sein«, beruhigte sie ihn. »Laß uns lieber da vorn im Hotel etwas essen.«
Kurt steuerte seinen Wagen durch die Straßen. Seine Frau schaute sich ausgiebig um und bewunderte die Lüftlmalereien an den Häusern. Es waren herrliche Bilder, oft schon hundert Jahre und mehr alt, die immer wieder restauriert worden waren, um ihre ursprünglichen Motive zu bewahren.
Im Kaffeegarten des Hotels fanden sie einen freien Tisch unter hohen Bäumen und bestellten von der Tageskarte. Eigentlich hatte Kurt Kreuzer auch Appetit verspürt, aber als dann das Essen vor ihm stand, stocherte er nur lustlos darin herum.
»Schmeckt es dir nicht?« fragte Isolde.
»Doch, schon«, erwiderte er. »Mich beschäftigt bloß was.«
»Und das wäre?«
»Erinnerst du dich, was die Frau in der Pension gesagt hat?«
»Was genau meinst du?«
»Sie sagt, sie wären gegen Abend zurück«, erklärte Kurt. »Das heißt, Stefan ist nicht allein auf Bergtour, und ich würde gern wissen, wer bei ihm ist.«
»Denkst du…, es könnte eine Frau sein?«
»Male lieber nicht den Teufel an die Wand«, seufzte er. »Das fehlte gerade noch, daß sich unser Sohn hier in eine Frau verliebt hat.«
»Ach, ich denke, da siehst du zu schwarz«, meinte Isolde und widmete sich wieder ihrem Salatteller.
Ihr Mann blickte weiterhin nachdenklich vor sich hin.
»Ist noch was?« fragte sie.
»Ja, als wir vorhin zum Pfarrhaus hinaufgegangen sind, da habe ich mich einmal kurz umgedreht, und da war mir, als wenn ich Silvia Schönauer gesehen hätte…«
»Silvia? Was sollte die hier wollen?«
»Das weiß ich nicht«, zuckte Kurt die Schultern. »Und wahrscheinlich habe ich mich sowieso geirrt. Aber wenn, dann hatte die junge Frau eine fatale Ähnlichkeit mit ihr.«
»Na, wenn sie wirklich hier wäre, das wäre schon ein Ding«, sagte Isolde. »Stell dir mal vor, die beiden sind sich längst einig, und wir machen uns unnötig Gedanken.«
»Wenn sich dann alles friedlich auflöst, soll’s mir auch recht sein«, meinte Stefans Vater und schob sich endlich die erste Gabel in den Mund.
Zur selben Zeit waren Silvia und Martin in der Pension. Sie saßen draußen im Garten und stellten Vermutungen darüber an, was das Ehepaar Kreuzer in St. Johann wollte.
»Es kann nur was mit dieser vermaledeiten Hochzeit zu tun haben«, schimpfte Martin Herweg. »Es gibt überhaupt keinen anderen Grund.«
»Ich verstehe es auch nicht«, sagte Silvia.
Sie nagte an der Unterlippe. Es war wirklich mysteriös, daß Stefans Eltern hergekommen waren. Christel Trautmann hatte bei ihrem ersten Telefonat behauptet, daß nicht einmal Kreuzers wüßten, wo sich ihr Sohn aufhielt, und nun waren sie genau hier.
Unruhig schaute sie auf die Uhr. Es war kurz nach drei.
Wie lange mochte es wohl noch dauern, bis Stefan von seiner Bergtour zurück war?
Sie machten einen langen Spaziergang, um auf andere Gedanken zu kommen, doch immer wieder mußten beide an diesen merkwürdigen Umstand denken. Gegen sechs kehrten sie zur Pension zurück, und Silvia verabschiedete sich von Martin. Sie bestand immer noch darauf, erst einmal allein mit Stefan Kreuzer zu reden. Ihre größte Sorge war, daß Martin vielleicht irgendeine Dummheit begehen konnte, wenn er seinem vermeintlichen Konkurrenten begegnete.
Mit klopfendem Herzen fuhr sie nach St. Johann und hielt vor der Pension. Sie atmete tief durch und ging dann schon wie am Mittag durch die Pforte. Marion Trenker erkannte sie sofort wieder.
»Vor einer halben Stunde sind sie zurückgekommen«, sagte die Wirtin. »Nehmen Sie doch einen Moment Platz, ich sage dem Herrn Kreuzer Bescheid, daß Sie ihn sprechen möchten, Frau Schönauer.«
*
»Bist du sicher?« fragte Stefan überrascht. »Silvia Schönauer will mich sprechen?«
Marion nickte.
»Ja, sie wartet draußen im Garten.«
»Na gut«, sagte er. »Ich komme gleich.«
Jetzt war Stefan total verwirrt. Daß seine Eltern hergekommen waren, hatte ihn überrascht. Er vermutete, daß sie Christel Trautmann seine Urlaubsanschrift abgerungen hatten.
Aber nun auch noch Silvia!
Er ging noch einmal ins Bad und kämmte sich das Haar. Sie waren erst vor einer halben Stunde von ihrer Bergtour zurückgekommen. Auf der Hütte hatte Franz ihnen, wie Pfarrer Trenker vorhergesagt hatte, drei große Stücke Käse eingepackt und mit auf den Weg gegeben. Zwei davon lagen nun im Kühlschrank der Pension, das dritte war fürs Pfarrhaus bestimmt gewesen.
Unterwegs hatte Stefan Johanna gesagt, daß seine Eltern überraschend nach St. Johann gekommen waren und er mit ihnen sprechen müsse. Aber später wollten sie sich treffen und den Abend bei einem Glas ausklingen lassen.
Jetzt ging er ziemlich nervös in den Garten hinaus. Silvia Schönauer saß auf einem Stuhl und wandte ihm den Rücken zu.
Was mochte der Grund dafür sein, daß sie hergekommen war? Was bedeutete die Anwesenheit seiner Eltern?
Stefan hoffte, rasche Antworten auf seine Fragen zu erhalten, und räusperte sich. Die junge Frau drehte sich um und blickte ihn an.
»Guten Abend«, sagte er mit belegter Stimme. »Sie wollten mich sprechen?«
»Ja.« Sie nickte und erhob sich. »Guten Abend, Herr Kreuzer.«
Sie streckte die Hand aus, und Stefan schüttelte sie.
»Warum so förmlich?« fragte er mit einem ironischen Unterton. »Wir sind doch so gut wie verlobt. Wäre es da nicht angebracht, uns zu duzen und mit Vornamen anzureden?«
In ihren Augen blitzte es auf.
»Schlagen Sie sich diese Hochzeit aus dem Kopf«, sagte sie scharf. »Die Idee dazu ist auf dem Mist meines Vaters gewachsen. Ich habe nichts damit zu tun. Eigentlich bin ich nur hergekommen, um Ihnen das mitzuteilen, Herr Kreuzer.«
Sie standen sich kaum zwei Schritte entfernt gegenüber und sahen sich versteinert an. Zuerst begriff Stefan den Sinn ihrer Worte nicht, erst dann wurde ihm klar, was Silvia gesagt hatte.
»Moment mal, soll das heißen, daß Sie gar nicht die Absicht haben, mich zu heiraten?« fragte er verdutzt.
»Genau das soll es heißen«, entgegnete Silvia und wunderte sich, warum Stefan Kreuzer plötzlich über das ganze Gesicht strahlte.
»Das ist ja herrlich!« rief er. »Ganz wunderbar ist das!«
Jetzt war sie es, die irritiert