Chefarzt Dr. Norden Paket 1 – Arztroman. Patricia Vandenberg
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Читать онлайн книгу Chefarzt Dr. Norden Paket 1 – Arztroman - Patricia Vandenberg страница 217
Sie stand im Vorraum des OPs und zerrte die Handschuhe von den Fingern. Mit einem Schmatzen landeten sie im Abfalleimer.
»Ich bin fertig mit ihm.«
Sie stellte sich ans Waschbecken und drehte an den Hähnen. Nach den Stunden, in denen ihre Hände im eigenen Saft geschmort hatten, waren das warme Wasser, die flaumig-weiche Seife eine wahre Wohltat. »Ah, das tut gut.«
Daniel Norden beobachtete sie. Sie machte nicht den Eindruck eines Arztes, dem gerade ein Mensch auf dem Tisch geblieben war. Er atmete auf.
»Wenn unser geschätzter Verwaltungsdirektor mitbekommt, dass Sie hier Schaumbäder für Großfamilien veranstalten, waren Sie längste Zeit Chirurgin an dieser Klinik.«
Christine dachte nicht daran, sich aus der Ruhe bringen zu lassen. Nach einer gefühlten Ewigkeit stellte sie das Wasser ab. Sie nahm ein Handtuch vom Stapel und drehte sich zu ihrem Chef um.
»Sie vergessen, dass ich Lammers unter dem Messer hatte. Danach muss die Reinigung besonders gründlich sein.«
»War es wirklich ein Kompartmentsyndrom?«
Christine nickte.
»Es spricht nicht gerade für ihn, dass er nicht früher Bescheid gesagt hat. Typisch Mann. Muss immer den Helden spielen.«
Daniels Augen weiteten sich.
»Sie mussten amputieren?«
»Leider nicht.« Sie zuckte mit den Schultern. »Er hatte Glück, dass Sie mich eingeteilt haben. Ein anderer hätte das nicht mehr hinbekommen.«
Daniel wunderte sich, dass das Rumpeln nicht zu hören war, als ihm ein wahres Gebirge vom Herzen fiel. Einen kurzen Moment lang war er versucht, Dr. Lekutat zu umarmen. Zum Glück ging die Schwäche schnell vorbei.
Christine musterte ihren Chef mit schief gelegtem Kopf.
»Und nein, es ist nicht Ihre Schuld. Sie haben ordentliche Arbeit geleistet.« Sie warf das Handtuch in den Wäscheeimer und durchquerte den Raum.
Daniel folgte ihr.
»Sie sind ein Schatz.«
»Ich weiß. Vielen Dank übrigens für den Tag Sonderurlaub. Den kann ich gut brauchen.« An der Tür blieb sie noch einmal stehen, drehte sich zu ihm um und zwinkerte ihm zu. »Hoffentlich war das kein Mensch, mit dem Sie da zusammengestoßen sind.«
Sie deutete auf seine Stirn. »Der Einzige, der das verdient hätte, liegt da drüben.« Ihr Lachen hallte noch über den Gang, als sie schon längst aus Daniels Blickfeld verschwunden war.
*
Obwohl allein die Vorstellung von Nahrungsaufnahme schrecklich war, wusste Sophie, dass sie etwas essen musste, wenn sie den Tag überstehen wollte. In ihrer Pause besuchte sie den Klinikkiosk. Wie jedes Mal, wenn sie den kleinen Laden betrat, fühlte sie sich in eine andere Zeit versetzt. Während sie durch die Regale schlenderte, ließ sie ihre Hand über die dunkle Patina des Holzes gleiten. Sie spürte die Kratzer und Rillen, die Einkaufskörbe, Kinderfingernägel und Taschen in vielen Jahren hinterlassen hatten. Ihr Blick wanderte über Metalldosen, Schublädchen mit Porzellanknöpfen und bauchige Bonbongläser. Sie atmete den Duft nach Vanille, Gewürzen und Zucker ein, der die Sinne benebelte und sogar ihren rebellischen Magen beschwichtigte. Und wie jedes Mal wunderte sie sich, wie so viele verschiedene Dinge auf so kleinem Raum Platz finden konnten. Von sauren Apfelringen bis Zahnseide war alles da, was das Herz begehrte und ein Patient sich wünschen konnte. Das machte ihr die Wahl nicht gerade leicht. Mit einer Packung Butterkeksen trat Sophie schließlich an die Kasse.
»Haben Sie alles gefunden, was Sie brauchen?«, erkundigte sich Tatjana, die ausnahmsweise selbst hinter dem Tresen stand statt in der Backstube ihrer Bäckerei.
»Alles bestens, vielen Dank«, murmelte Sophie. Sie legte zwei Münzen in die Messingschale.
Tatjana drehte an der Kurbel, die Kasse ratterte, und die Schublade sprang mit einem Klingeln auf. Das Geld wanderte zu den anderen Münzen in die Holzfächer, Sophie steckte das Wechselgeld ein und verabschiedete sich.
»Ihre Butterkekse«, rief Tatjana ihr nach. Da hatte Sophie den Kiosk schon fast wieder verlassen. Seufzend kehrte sie noch einmal um.
»Heute ist einfach nicht mein Tag. Das fing schon am Morgen an.«
»Wenn es solche Tage nicht gäbe, wüsste man die guten nicht zu schätzen.« Tatjanas Stimme wärmte ihr Herz.
Dankend verließ Sophie den Laden zum zweiten Mal. Sie suchte sich einen Platz unter Palmen und riss das Kekspapier auf.
»Störe ich?«
Sophies Blick fiel auf die Schlangenschuhe neben ihrem Stuhl.
»Oh! Ja, natürlich.« Der Keks fiel ihr aus der Hand. Christian Berger bückte sich danach und legte ihn auf den Tisch. »Ich hatte heute noch keine Zeit, etwas zu essen.« Sophie brauchte eine gefühlte Ewigkeit, bis es ihr gelang, einen zweiten Keks aus der Packung zu nesteln.
»Ich will Sie wirklich nicht stören. Es ist nur … meine Großmutter …« Christian verstummte.
Dr. Petzold deutete auf den zweiten Stuhl am Tisch. Sie sah ihm zu, wie er sich setzte. Ihr Herz trommelte wie ein Schlagzeug in ihrer Brust.
»Können Sie sich vorstellen, warum Ihre Großmutter Sie nicht sehen will?«
Christian sah hinüber zu der kleinen Familie, die es sich am Nachbartisch bequem gemacht hatte. Vater, Mutter, Kind. Eine glückliche, kleine Familie. Ihre strahlenden Augen verrieten es.
»Ich kann es mir nicht nur vorstellen.« Christian drehte den Kopf zu Sophie. »Ich weiß es.« Er starrte auf seine manikürten Fingernägel. Stockend begann er zu erzählen, was geschehen war.
Wieder fiel Sophie der Keks aus der Hand. Doch diesmal bückte sich niemand danach.
*
Der Anruf erreichte Dr. Felicitas Norden auf dem Weg in die Notaufnahme, in die ein Kind mit akuter Atemnot eingeliefert worden war.
»Lammers? Schon wieder? Sicher?«, keuchte sie in den Apparat, ohne das Tempo zu drosseln. »Ich komme, so schnell ich kann.« Beim Betreten der Ambulanz wusste sie, dass das nicht so schnell der Fall sein würde.
Fee zählte im Geiste bis drei, wie sie es sich angewöhnt hatte, um sich in so einer Situation zu beruhigen. Sie hatte sofort Mitleid mit dem kleinen Patienten und den Angehörigen. In diesem Fall mit der Mutter, die bleich wie die Wand hinter ihr neben ihrem Sohn stand und die Hände rang. Selbst Mutter von fünf Kindern – allesamt keine Engel – wusste sie, wie sich Frau Herbst fühlte. Doch wie immer hatte ihre Strategie Erfolg. Sie holte tief Luft, nickte der Frau aufmunternd zu und machte sich routiniert an die Arbeit.
»Das Gerät schnauft wie ein alter Esel«, bemerkte Lore Herbst nach einer gefühlten Ewigkeit. Die ganze Zeit hatte sie neben der Tür gestanden und die Bemühungen der Ärztin verfolgt.
Fee las aus diesem Kommentar, dass sie zugesehen und mitbekommen hatte, dass es ihrem Sohn endlich besser ging.
»Dafür