Chefarzt Dr. Norden Paket 1 – Arztroman. Patricia Vandenberg
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Читать онлайн книгу Chefarzt Dr. Norden Paket 1 – Arztroman - Patricia Vandenberg страница 213
»Was machen Sie in meinem Büro?«, fuhr Matthias Weigand fort.
»Ihr Büro? Ich dachte, das wäre eine Abstellkammer.«
Matthias schloss die Tür hinter sich und kam näher.
»Noch so eine Unverschämtheit und Sie übernehmen heute den Nachtdienst.« Sein Blick fiel auf die Manschette. »Was haben Sie vor?«
»Ich bin im Begriff, Selbstmord zu begehen. Was dachten Sie denn?«, fauchte sie wie eine wütende Katze.
Matthias lachte.
»Eins zu null für Sie. Und warum wollen Sie Ihren Blutdruck messen?« Er zog sich einen Hocker heran. Als er die Manschette ordentlich an ihrem Arm befestigen wollte, zuckte Sophie zusammen. Seine Hände waren eiskalt. Er griff nach dem Stethoskop, das um seinem Hals hing, und steckte die Oliven in die Ohren.
Sophie wagte kaum, ihm in die Augen sehen. Da konzentrierte sie sich lieber auf die Manschette an ihrem Arm. Wie jedes Mal erinnerte sie das Geräusch der Pumpe an ferne Urlaubstage, die sie mit ihren Eltern beim Campingurlaub am Strand verbracht hatte. Das Aufpumpen der Luftmatratze war stets das erste und wichtigste Ritual gewesen, bedeutete es doch, dass der Urlaub tatsächlich begonnen hatte. Leider kam das Ende viel zu schnell.
Pfeifend entwich die Luft wieder aus den Kammern, genauso wie aus der Manschette. Matthias zog das Stethoskop von den Ohren.
»150 zu 100. Alle Achtung. Das kann sich sehen lassen.« Mit einem Ratsch öffnete er den Klettverschluss und nahm das Gerät ab. »Sagen Sie bloß, ich bin schuld an Ihrem Stress.«
»Träumen Sie weiter!«, platzte Sophie heraus und bereute es im nächsten Moment.
Matthias sah aus, als hätte sie ihm eine Ohrfeige verpasst.
»Schon gut.« Er straffte die Schultern. Sein Gesicht ließ Sophie an einen Schwerverbrecher denken. »Lassen Sie das untersuchen. Und spielen Sie nicht selbst das Versuchskaninchen. Solche Sachen gehen schnell mal ins Auge.«
»Verstanden.«
»Das hoffe ich.« Matthias zögerte einen winzigen Moment. Wie ein Kind an Weihnachten hoffte er auf ein Wunder. Doch es blieb aus. Kein Wort der Entschuldigung kam über Sophies Lippen.
»Ausgeträumt!«, murmelte er auf dem Rückweg in die Ambulanz. Wie hatte er nur so blauäugig sein können?
*
Der Sommer hatte bald seinen Höhepunkt erreicht. Fee bemerkte es an den sattgrünen Blättern der Bäume. Die Sonne dachte auch an diesem Abend noch lange nicht daran, sich schlafen zu legen. Stattdessen hatte sie tief in den Farbkasten gegriffen und ein Aquarell in allen erdenklichen Rot- und Orangetönen an den hellblauen Himmel gepinselt.
Zu einer Zeit, in der im Winter schon seit Stunden Grabesstille herrschte, vermischte sich Kinderlachen und –kreischen mit dem Gurgeln des Flusses. Auch das Wasser schien sich an die Sommerhitze gewöhnt zu haben. Gemächlich floss es dahin und trieb Blätter und Holstückchen vor sich her. Fee lehnte sich an ihren Mann, der neben ihr am steinigen Strand saß. Sie ließ den Blick schweifen. Frisch verliebte Pärchen gingen Hand in Hand am Ufer spazieren. Ein Jongleur präsentierte einem begeisterten Publikum seine Künste. In die Ahs und Ohs mischten sich Gitarrenklänge.
Der schiefe Gesang glich mit Leidenschaft aus, was ihm an Wohlklang fehlte. Nicht weit entfernt knisterte und knackte ein Feuer. Der Wind trug den Geruch von verbranntem Holz, Grillwürstchen und Stockbrot herüber. Fees Magen grollte beleidigt.
»Ich glaube, da hat jemand Hunger!«
»Kein Wunder. Ich habe den ganzen Tag nichts gegessen.«
Daniel beugte sich über seine Frau und gab ihr einen Kuss auf den Mund. Gleichzeitig griff er über sie hinweg nach dem Picknickkorb. Das Ablenkungsmanöver misslang. Einem hungrigen Raubtier gleich verfolgte Fee jede seiner Bewegungen.
Daniel klappte den Deckel zurück und zauberte seine Schätze hervor.
»Lenni hat sich nicht lumpen lassen. Wir könnten den halben Isarstrand zum Picknick einladen.«
»Das lässt du mal schön bleiben. Zuerst bin ich dran«, beharrte Fee und nahm ihrem Mann eine Plastikdose aus der Hand. »Hmmm, eingelegtes Gemüse.« Sie fischte einen Champignon heraus und steckte ihn in den Mund.
Daniel küsste ihr den Knoblauchessig von den Fingerspitzen.
»Ich bin sehr froh, dass du deine gute Laune wiedergefunden hast.« Eine Köstlichkeit nach der anderen wanderte auf das Tischtuch zwischen ihnen. »Wenn es dir nicht gut geht, leide ich mit dir.«
»Trotzdem habe ich immer noch ein schlechtes Gewissen«, gestand Fee und schob mit den nackten Füßen einen der großen, glatten Kieselsteine hin und her. Sein leises Klackern war wie Musik in ihren Ohren. »Wenn ich nur wüsste, ob ich das Paket wirklich auf den Boden gestellt habe.«
»Wir könnten einen Hypnotiseur beauftragen.«
Fee verschluckte sich an einer Cocktailtomate. Sie hustete, bis ihr die Tränen kamen.
»Das traue ich mich nicht«, krächzte sie und griff nach dem Wasserglas mit Weißwein, das ihr Mann ihr reichte. Sie nahm einen großen Schluck. »Am Ende behalte ich einen psychischen Schaden zurück. Nein!«
Belustigt zuckte Daniel mit den Schultern.
»Tja, dann werden wir wohl nie erfahren, was an jenem Morgen geschah!«
Fee lachte. »Du klingst schon wie Désis Freund Joshua.«
»Wer weiß, vielleicht versuche ich es ja mit der Schauspielerei, wenn es mit dem Chefarzt nicht mehr klappt.«
Fee brach ein Stück vom duftenden Weißbrot – sie hatten es unterwegs in Tatjanas Bäckerei gekauft – und tauchte es in die Frischkäsecreme.
»Nachdem die OP bei Lammers so gut gelaufen ist, stehen deine Karten für eine Bühnenkarriere schlecht.«
Daniel lehnte sich an den sonnenverwöhnten Baumstamm, der schon ein halbes Leben durch die Isar getrieben sein mochte, ehe die Reise am Kiesstrand ein vorläufiges Ende gefunden hatte.
»In schwachen Momenten würde es mich wirklich interessieren, welches Ereignis in Lammers‘ Leben ihn zu so einem Widerling gemacht hat.«
Fee blähte die Backen. Wie um Anlauf zu nehmen, lehnte sie sich zurück und wieder vor und stieß die Luft durch die gespitzten Lippen. Erwartungsvoll sah sie dem Kern nach. Er fiel ihr vor die Füße, hüpfte über ein paar Kiesel und verschwand in einer dunklen Spalte. Daniel bog sich vor Lachen. Fee dagegen zuckte mit den Schultern. Die Steine unter ihrem Hinterteil drückten auf ihren Ischias und sie rutschte herum, um eine bequemere Position zu finden.
»Was denn? Olivenkerne sind eben nicht zum Fliegen geboren. Und manche Menschen nicht zum Nettsein. So einfach ist das.«
Daniel wischte sich eine Träne aus dem Augenwinkel. Er legte den Arm um ihre Schulter und blickte hinaus auf den trägen Fluss. Die Dunkelheit hatte sich ans Werk gemacht, die lodernde Glut der Sonne zu löschen. Eltern trugen erschöpfte Kinder mit roten Bäckchen nach Hause. Eine Möwe