Maigret und der einsame Mann. Georges Simenon

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Maigret und der einsame Mann - Georges  Simenon Georges Simenon

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Moment tauchte Torrence dort auf und wischte sich den Schweiß von der Stirn.

      »Hast du etwas in Erfahrung bringen können?«

      »In der Rue du Cygne habe ich die Boulangerie gefunden, wo er sein Brot gekauft hat.«

      »Ging er jeden Tag dorthin?«

      »Fast. Meistens am späten Vormittag.«

      »Kennt ihn die Inhaberin etwas besser?«

      »Nein. Er hat den Mund nur aufgemacht, um eine Bestellung aufzugeben.«

      »Hat er sonst nichts eingekauft?«

      »Dort nicht, aber in der Rue Coquillière. Aufschnitt oder eine Wurst … An der Straßenecke gibt es einen Stand, an dem Pommes frites und nachts Bratwürstchen verkauft werden. Manchmal ging er sich gegen drei Uhr morgens welche holen.

      Ich habe die Fotos auch in zwei oder drei Bistros herumgezeigt. Er ist hin und wieder vorbeigekommen, um einen Kaffee zu trinken. Wein oder Schnaps hat er nicht angerührt.«

      Das Bild, das der Unbekannte hinterließ, wurde immer merkwürdiger. Aristo, wie Monsieur Joseph ihn nannte, schien keinen Kontakt mit anderen Menschen gepflegt zu haben. Scheinbar ließ er sich nachts in den Markthallen anheuern, um Obst- oder Gemüsekisten abzuladen.

      »Ich muss im Gerichtsmedizinischen Institut anrufen«, sagte der Kommissar.

      Was ihm die Gelegenheit bot, sein zweites Glas Bier an diesem Morgen zu trinken.

      »Verbinden Sie mich bitte mit Doktor Lagodinec.«

      »Einen Augenblick, ich muss ihn zurückrufen. Er geht gerade zur Tür.«

      »Hallo? Lagodinec? Maigret hier … Ich vermute, Sie sind noch nicht dazu gekommen, die Obduktion vorzunehmen?«

      »Ich fange gleich heute Nachmittag damit an.«

      »Würden Sie dabei bitte auf das Gesicht achtgeben? Ich brauche noch ein paar Fotos.«

      »Kein Problem. Wann schicken Sie den Fotografen?«

      »Gleich morgen früh, zusammen mit einem Friseurschüler.«

      »Und wozu?«

      »Er soll Schnurr- und Kinnbart abnehmen.«

      Torrence setzte ihn vor seiner Wohnung am Boulevard Richard-Lenoir ab.

      »Soll ich heute Nachmittag weitermachen?«, fragte er.

      »Ja.«

      »Im selben Viertel?«

      »Gehen Sie doch auch zu den Quais. Vielleicht hat er eine Weile dort übernachtet.«

      Madame Maigret spürte gleich, dass ihn etwas beschäftigte, und tat so, als merkte sie es nicht.

      »Hast du Hunger?«

      »Kaum.«

      Aber diesmal war es ihm ein Bedürfnis, über das zu sprechen, was er am Morgen erlebt hatte.

      »Ich habe es gerade mit einem Menschen zu tun, der nicht ungewöhnlicher sein könnte.«

      »Mit einem Verbrecher?«

      »Nein, einem Opfer. Der Mann ist tot … Er hat in einem verlassenen Haus gelebt, das schon seit Jahren abgerissen werden soll. In einem einigermaßen bewohnbaren Zimmer. Dort hat er haufenweise seltsamen Krempel angehäuft. Er muss all die Dinge in Mülltonnen oder auf verwilderten Grundstücken gefunden haben.«

      »Ein Clochard also.«

      »Nur sah er aus wie ein vornehmer Mann.«

      Er erzählte von der Friseurschule und zeigte seiner Frau die Fotos.

      »Natürlich ist es schwer, sich anhand des Fotos von einer Leiche ein Urteil zu bilden …«

      »In seinem Viertel wird man ihn doch gekannt haben.«

      »Niemand kennt seinen Namen, nicht einmal seinen Vornamen. In der Friseurschule nannte man ihn Aristo. Die Fotos erscheinen am Nachmittag in der Zeitung. Vielleicht erkennt ihn ja ein Leser.«

      Wie angekündigt, aß er ohne Appetit. Es gefiel ihm nicht, vor einem Rätsel zu stehen, aber auf das, was er am Morgen erfahren hatte, konnte er sich keinen Reim machen.

      Um zwei Uhr saß er wieder in seinem Büro und stopfte sich eine Pfeife. Er sah die Post durch, und man brachte ihm die Zeitungen. Zwei davon hatten das Foto auf der ersten Seite abgedruckt.

      Unter dem einen stand:

      Kennen Sie diesen Mann?

      Und unter dem anderen:

      Eine namenlose Leiche

      Im Flur warteten die Journalisten. Maigret bat sie in sein Büro. Er konnte ihnen lediglich mitteilen, dass er alles daran setze, den Mann aus der Impasse du Vieux-Four zu identifizieren.

      »Könnte es sich um Selbstmord handeln?«

      »Es befand sich keine Waffe im Haus, weder in seinem Zimmer noch irgendwo sonst.«

      »Ist es möglich, dort Fotos zu machen?«

      »Die Leiche ist natürlich nicht mehr dort …«

      »Fotos von den Räumlichkeiten?«

      »Wenn Sie wollen … Sagen Sie dem Wachposten vor dem Haus, Sie hätten meine Erlaubnis.«

      »Etwas scheint Sie zu beschäftigen?«

      »Ich versuche, aus allem klug zu werden, und hoffe, dass es mir irgendwann gelingt. Diesmal gibt es nichts zu verheimlichen. Alles, was ich weiß, habe ich Ihnen gesagt. Je mehr über den Fall geredet wird, umso besser.«

      Gegen vier Uhr gingen die ersten Telefonanrufe ein. Zum Teil waren es die üblichen Spaßvögel oder Geisteskranke, die sich in solchen Fällen immer zu Wort melden. Ein junges Mädchen fragte:

      »Hat er eine Warze auf der Wange?«

      »Nein.«

      »Dann ist es nicht der Mann, den ich meine.«

      Vier oder fünf Personen erschienen bei der Kriminalpolizei, und Maigret empfing sie geduldig und zeigte ihnen die verschiedenen Fotos.

      »Erkennen Sie ihn?«

      »Er hat eine gewisse Ähnlichkeit mit einem meiner Onkel, der schon häufiger verschwunden ist … Aber nein. Er ist es nicht. Dieser ist groß, nicht wahr?«

      »Etwa einen Meter achtzig.«

      »Mein Onkel ist klein und mager.«

      Zum ersten Mal in dieser Woche blieb das Nachmittagsgewitter aus, und die Luft war schwül und stickig.

      Gegen

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