Die Propeller-Insel. Jules Verne
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Читать онлайн книгу Die Propeller-Insel - Jules Verne страница 14
»Nichts als Rentiers, neben Kaufleuten, die im besten Zuge sind, sich eine schöne Rente anzusammeln.«
»Nun, aber Handwerker doch auch?« bemerkte Yvernes.
»Wenn man Handwerker braucht, lässt man sie von auswärts kommen, und wenn die Leute fertig sind, kehren sie wieder zurück … natürlich mit einem hübschen Batzen Geld in der Tasche.«
»Doch selbstverständlich, Herr Munbar«, sagte Frascolin, »haben Sie auch einige Arme in Ihrer Stadt, und wäre es nur, um die Rasse nicht ganz aussterben zu lassen.«
»Arme, mein Herr zweiter Geiger?… Von solchen würden Sie keinen einzigen entdecken!«
»So ist das Betteln wohl strengstens verboten?…«
»Zu einem solchen Verbote fehlte jede Veranlassung, da die Stadt Bettlern gar nicht zugänglich ist. So etwas passt für die Städte der Union mit ihren Stiften, Asylen und Arbeitshäusern … und mit den Besserungsanstalten, die jene vervollständigen …«
»Wollen Sie damit sagen, dass Sie keine Gefängnisse hätten?«
»So wenig, wie wir Gefangene haben.«
»Doch mindestens Verbrecher oder Übeltäter?«
»Diese ersuchen wir, in der Alten oder der Neuen Welt zu bleiben, wo sie ihrem Berufe unter günstigeren Umständen obliegen können.«
»Wahrhaftig, Herr Munbar«, rief Sébastien Zorn, »Ihren Worten nach würde man kaum glauben, sich in Amerika zu befinden.«
»Da waren Sie noch gestern, Herr Violoncellist«, antwortet dieser merkwürdige Cicerone.
»Gestern?« versetzt Frascolin, bemüht, sich den Sinn dieser dunkeln Rede zu deuten.
»Gewiss! Heute befinden Sie sich in einer ganz unabhängigen, freien Stadt, auf die die Union gar kein recht hat, die nur sich selbst regiert …«
»Und deren Name lautet …?« fragt Sébastien Zorn, bei dem schon die angeborene Reizbarkeit durchzubrechen anfängt.
»Deren Name?« antwortet Calistus Munbar. »Gestatten Sie mir, ihn vorläufig noch zu verschweigen.«
»Und wann werden wir ihn erfahren?«
»Wenn Sie den Besuch der Stadt vollendet haben, worüber sie sich übrigens sehr geschmeichelt fühlen wird.«
Dieser so zurückhaltende Amerikaner ist mindestens ein eigenartiger Mann. Alles in allem kommt nicht so viel darauf an. Vor der Mittagsstunde wird das Quartett seinen merkwürdigen Spaziergang vollendet haben, und wenn es den Namen der Stadt auch erst im Augenblick der Abreise davon erfährt, kann es sich jawohl damit begnügen. Auffällig an der Sache ist nur eines: Wie kommt es, dass eine so bedeutende Stadt an der Küste Kaliforniens liegt, ohne der Föderation der Vereinigten Staaten anzugehören, und ferner, wie sollte man es erklären, dass der Führer der Kutsche nicht darauf gekommen war, ihrer Erwähnung zu tun? Das wichtigste bleibt es immerhin, dass die vier Künstler vor Ablauf von vierundzwanzig Stunden in San Diego eintreffen, wo ihnen dieses Rätsel schon gelöst werden wird, im Falle, dass Calistus Munbar sich nicht dazu herbeiließe.
Diese wunderliche Persönlichkeit hat sich aufs neue ihrer wortreichen Beschreibungslust hingegeben, nicht ohne durchblicken zu lassen, dass sie sich auf weitere Erklärungen nicht einzulassen wünscht.
»Meine Herren«, sagt der Amerikaner, »hier stehen wir nun am Eingange zur Siebenunddreißigsten Avenue. Betrachten Sie die bezaubernde Perspektive! Auch hier gibt es keine Magazine oder Bazare, so wenig wie den Straßentrubel, der sonst die Handelstätigkeit kennzeichnet. Nur große Privatwohungen; die Insassen derselben sind aber nicht so vermögend, wie die der Neunzehnten Avenue, es sind mehr kleine Rentiers mit zehn bis zwölf Millionen …«
»Arme Schlucker, nicht wahr?« spöttelt Pinchinat, dessen Lippen sich zu einem mitleidigen Lächeln verziehen.
»Oho, Herr Bratschist«, erwidert Calistus Munbar, »einem anderen gegenüber kann man immer ein halber Bettler sein. Ein Millionär ist ja schon reich gegen den, der nur hunderttausend Francs besitzt; er ist es aber nicht gegen den, der hundert Millionen sein eigen nennt!«
Wiederholt konnten unsere Künstler bemerken, dass von allen Wörtern, die ihr Cicerone gebrauchte, das Wort »Million« – ein Wort von wahrhaft zauberischer Wirkung – am häufigsten wiederkehrte. Beim Aussprechen desselben blies er die Backen so stark auf, dass es einen richtig metallischen Klang bekam. Es schien fast, als prägte er beim Sprechen schon Goldstücke aus. Sind es auch keine Diamanten, die seinen Lippen, wie dem Munde des Patenkindes der Feen Perlen und Smaragde, entquellen, so sind es mindestens vollwertige Goldstücke.
Noch immer spazieren Sébastien Zorn, Pinchinat, Frascolin und Yvernes durch die merkwürdige Stadt, deren geographische Bezeichnung ihnen noch unbekannt ist. Hier belebte Straßen mit einer Menge Menschen in höchst anständiger Kleidung, ohne dass das Auge jemals durch die Lumpen eines Verarmten verletzt wird. Überall Tramwagen, Karren und andere Gefährte, die alle mittels Elektrizität bewegt werden. Einzelne große Verkehrsadern sind mit beweglichen Trottoirs versehen, die mittels einer endlosen Kette im Kreise laufen und worauf die Leute so lustwandeln, als ob sie in einem fahrenden Bahnzuge hin und her gingen, an dessen Eigenbewegung sie natürlich teilnehmen.
Außerdem verkehren besondere elektrische Wagen, die auf der Straße so sanft wie die Bälle auf der Billardtafel dahinrollen. Equipagen im eigentlichen Sinne des Wortes, also Wagen für ausschließliche Personenbeförderung, die von Pferden gezogen werden, trifft man nur in den allerreichsten Stadtteilen.
»Ah, da ist auch eine Kirche!« ruft Frascolin.
Er zeigt dabei nach einem sehr massiven Bauwerke ohne hervortretenden architektonischen Stil, eine Art »Savoyischer Pastete«,