Adams Letzte. Will Berthold

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Adams Letzte - Will Berthold

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mußten.

      Zu den Nachfolgern der olivgrünen Soldaten waren zunehmend Touristen aus den westlichen Landern, doch auch aus Japan, Australien und dem arabischen Raum geworden, die gespartes Geld und gestaute Manneskraft in das Treibhaus der Träume und Triebe exportierten.

      Milena reiste nicht ganz unvorbereitet in dieser geschlossenen Gesellschaft der offenen Wünsche;sie war eine interessierte Zeitgenossin — aber es macht einen Unterschied, ob man den west-östlichen Liebeswahn aus Zeitungen und Büchern kennt, oder man in einer dichtbesetzten 707 mit ihm konfrontiert wird.

      Kurz nach dem Start schilderte ein offensichtlicher Stammbesucher einem staunenden Neuling die Vorzüge mandeläugiger Liebesdienerinnen:»Diese Siamkatzen sind sauber, immer lustig und gut gelaunt, zu allem aufgelegt, und sie strahlen dich an, auch wenn du ihnen noch so sehr auf den Wecker fällst. Sie sind immer für dich da, wenn du willst für eine Stunde, für deine ganze Ferienzeit oder auch fürs Leben.«

      »Das ist wohl ein bißchen zu lange für eine Nutte«, versetzte der Mitreisende.

      »Nutten kann man die nicht nennen.«

      »Aber sie nehmen doch Geld.«

      »Ja — schon, aber bei ihnen ist eben alles ganz anders. Das mußt du selbst erleben, ich kann dir das nicht weiter beschreiben. Ich sag’ dir nur, die lachen dich an, und dein Lümmel im Hosensack reckt sich und macht Freudensprünge, Emil. Und dafür kannst du schon mal ein paar Baht-Scheine opfern.« Der Liebes-Bahtisan lachte. »Die können’s wirklich gebrauchen — sie ernähren oft eine große Familie —, und beim Friseur gibst du ja auch ein Trinkgeld.«

      Milena drehte sich nach dem Wohltäter der Wollust um, fixierte ihn kurz. Der Mann schwieg fortan zweihundert Flugkilometer lang. Eigentlich hätte die ungewöhnliche Charter-Passagierin für die Ablenkung dankbar sein müssen. Sie fürchtete sich vor dem ersten Intimgespräch, das sie mit ihrem Vater führen würde — aber Männer in Masse waren für Milena wie Rüden im Rudel, schnuppernd, hechelnd, bellend, triebbesessen.

      Vorübergehend lebten die Vorurteile wieder auf, mit denen ihre Mutter die Heranwachsende traktiert hatte, eine Frau, die fast alle Männer für Ungetüme hielt, die nur Schmutziges und Sündhaftes im Sinn hätten. Laimers strenge Ehefrau hatte Sex nur gelten lassen, wenn er in der Dunkelkammer ausschließlich der Fortpflan zung diente. Die fanatische Puritanerin bewunderte einige Tierarten, bei denen das Weibchen das Männchen gleich nach dem Begattungsakt umbringt — bei Menschen wäre es freilich absurd, schon weil hier die Drohnen häufig auch die Ernährer sind. Milenas Mutter hatte Vater das Leben nicht leicht gemacht; es war eigentlich ganz logisch, daß er in die Arbeit geflüchtet und allen anderen Frauen ausgewichen war.

      Sie spürte Müdigkeit und Erschöpfung und nutzte die beiden freien Sitze, um sich auf die Seite zu legen; so fand sie ein paar Stunden Schlaf. Erst nach der Zwischenlandung in Bahrain erwachte Milena wieder. Es war bereits hell, und die 707 schien direkt in den Sonnenball zu fliegen.

      Sie jagten dem Tag entgegen, und das belebte die Märchenerzähler aus 1001-Bangkok-Nacht wieder. »Die Thai-Mädchen lächeln zwar bei allen«, erinnerte sich Otto, der sich schon drei Liebesreisen nach Bangkok zusammengespart hatte. »Europäer, vor allem aber ›Neckelmännel‹ — so nennen sie die Deutschen — sind ihnen am liebsten. Am schlimmsten sind für sie Araber, diese Wüstenbrüder sind doch fast alle pervers.«

      »Wo kommen diese Mädchen eigentlich her?« fragte Emil.

      »Meistens aus dem armen Norden des Landes. Sie werden ihren Eltern abgekauft und waggonweise zum Hualampong-Bahnhof in Bangkok verfrachtet. Nach der Ankunft werden sie dann in die umliegenden Geschäfte getrieben und auf ihre Jungfräulichkeit untersucht.«

      »Aber wozu denn das?« wollte Emil, der Neuling, wissen.

      »Wegen der Chinesen; das sind meistens die Reichsten im Land. Sie zahlen für eine Entjungferung umgerechnet an die fünfhundert Mark.«

      »Das sind vielleicht Sitten —«

      »Hast du noch keine Peking-Ente gegessen?Das ist typisch für Chinesen: Sie verspeisen nur die Haut, alles andere lassen sie abservieren.« Otto lachte. »Diesen Feinschmeckern kommt es wohl überall nur auf die Haut an.«

      Milena hatte genug; sie erhob sich und ging in den WC-Raum, um eine Art Morgenwäsche hinter sich zu bringen. Sie sah auf ihre Armbanduhr und stellte sie sechs Stunden vor. Die »Boeing« war schon im Sinkflug über der Menam-Ebene, die von den Thailändern »die Reisschale« genannt wird.

      »Bitte bringen Sie Ihre Sitze wieder in senkrechte Position, schnallen Sie sich an und stellen Sie das Rauchen ein«, meldete sich der Flugkapitän im Cockpit über die Bordlautsprecher. »Wir landen in wenigen Minuten auf dem Don-Muang-Flugplatz in Bangkok.« Der Riesenvogel glitt im Tiefflug über einen Golfplatz, setzte dann pünktlich und sicher auf der Zementpiste auf, rollte aus. Es herrschte Hochbetrieb:Starts und Landungen in ganz kurzen Abständen, Maschinen aus aller Welt flogen die Drehscheibe Südostasiens an. Aus ihren gedrungenen Rümpfen quollen Männerschwärme, Legionäre der Lebenslust betraten ungeduldig den Schauplatz käuflicher Wonnen;sie machten Bongkoks Airport, zum Loveport.

      Die Hitze empfing Milena wie ein Faustschlag. Feuchte, verpestete Luft machte das Atmen schwer. Im Innern des Gebäudes wurde es noch schlimmer; die Klimaanlage war wieder einmal ausgefallen. Aber nach einer Viertelstunde hatte sie die Zollabfertigung hinter sich und stieg in ein Taxi, das sie zum »Dusit Thani« — Hotel brachte.

      Nur selten durchdrang die Sonne die giftigen Benzinwolken, Die Straßen waren verstopft, aber der Mann am Steuer fuhr wie ein Selbstmörder. Milena forderte ihn auf, weniger landesüblich zu fahren, doch der Fahrer mißverstand ihr Englisch und setzte zu noch verwegeneren Manövern an. Nichts zu machen, eine Taxifahrt wird in »Krung Thep«, in der Stadt der Engel, zur Mutprobe.

      Das Häusermeer hatte die Hitze gespeichert wie ein Backofen. Die Menam-Metropole, war eine Hölle von Lärm, Staub und Hitze. Es glich einem Wunder, daß das Taxi nach einer knappen Stunde das »Dusit Thani«-Hotel erreichte.

      Der Portier hielt den Wagenschlag. Ein Hausboy übernahm den Koffer. Dann betrat Milena die kühle Oase für Betuchte. Sie folgte dem Gepäckträger zur Rezeption, vorbei an einem zierlichen Mädchen, das in einer Nische Blumen zu kleinen Sträußen band, die sie den Hotelgästen schenkte. Ihr liebliches Gesicht, das still in sich gekehrte Lächeln brachten dem europäischen Gast bei, daß man kein Wüstling sein mußte, um von diesen exotischen Geschöpfen fasziniert zu werden.

      Milenas Apartment — telefonisch vorbestellt — war für sie reserviert, und der Mann am Empfang sprach ein verständliches Englisch.

      »Können Sie mir sagen, ob Mr. Laimer im Hause ist?« fragte sie ihn.

      Der Hotelbedienstete sah auf das Schlüsselbrett. »Ja«, bestätigte er dann. »Ich kann Mr. Laimer anläuten.«

      Im ersten Moment wollte Milena einem sofortigen Gespräch aus — weichen, dann aber nickte sie mit einem Gefühl der Beklemmung. »Sorry«, sagte der Hotelbedienstete. »Mr. Laimer ist nicht in seinem Apartment. Vielleicht erfrischt er sich am Swimmingpool. Soll ich ihn ausrufen lassen, Madame?«

      »Danke, nicht nötig«, erwiderte Milena, froh über einen letzten Aufschub; dabei war sie in Zeitnot, aber sie wollte sich doch erst etwas frischmachen und sich dabei die Worte für die explosive Begegnung noch einmal zurechtlegen.

      Es war jetzt siebzehn Uhr Ortszeit. Milena folgte dem Boy; sie mußten sich durch das Gewühl pflügen. Die Halle ging in eine offene Bar über, und hier

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