Ellingham Academy - Die Botschaft an der Wand. Maureen Johnson

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Ellingham Academy - Die Botschaft an der Wand - Maureen  Johnson Ellingham Academy

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du nicht, wir sollten uns mal unterhalten?«, fragte Nate. »Über das, was hier alles passiert ist? Darüber, wie es jetzt weitergehen soll?«

      Gute Frage. Wie sollte es jetzt eigentlich weitergehen?

      »Komm«, sagte sie knapp.

      Sie machte auf dem Absatz kehrt und marschierte los, weg vom Gebäude, weg von den Leuten, weg von den zahllosen Kameras an Bäumen und Laternenmasten. Zum einen, um sicherzugehen, dass sie nicht belauscht wurden, und zum anderen, damit niemand sah, wie hemmungslos sie diesen Donut verschlingen würde. Sie hatte einen Mordshunger.

      »If happf gepfafft«, nuschelte sie mit vollem Mund.

      »Du hast gepafft? Seit wann rauchst du denn?«

      Stevie schluckte den riesigen Donutbissen hinunter.

      »Ich hab’s geschafft«, wiederholte sie. »Ich hab den Ellingham-Fall aufgeklärt.«

      »Ich weiß«, sagte er. »Genau darüber müssen wir ja reden. Darüber und über das Feuer und tausend andere Sachen. Oh Mann, Stevie.«

      »Es passt alles ins Bild«, erklärte sie, während sie langsam weiterging. »George Marsh, dieser Mann vom FBI, der die Ellinghams eigentlich hätte beschützen sollen … der den Grundriss des Hauses kannte, die Gewohnheiten der Familie, sämtliche Abläufe … der wusste, wann das Geld kam … der hätte mit Leichtigkeit eine Entführung arrangieren können. Willst du wissen, wie genau es sich abgespielt hat?«

      Sie packte Nate locker am Arm und dirigierte ihn in Richtung der Villa, die das Herzstück des Schulgeländes bildete. In den Dreißigerjahren hatte darin Albert Ellingham mit seiner Familie gewohnt. Heute beherbergte sie die Schulverwaltung und wurde oft für Feste und andere Veranstaltungen genutzt. Wie ferngesteuert ging Stevie auf ein Tor in der Mauer zu und öffnete es. Dahinter lag der sogenannte versunkene Garten, dessen Bezeichnung von einem künstlich angelegten See herrührte, der Iris Ellingham einst als übergroßes Schwimmbecken gedient hatte. Nach dem Verschwinden seiner Tochter hatte Albert Ellingham das Wasser abpumpen lassen, weil jemand ihm weisgemacht hatte, auf dem Grund läge ihre Leiche. Zwar hatte sich diese Behauptung nicht bewahrheitet, aber den See ließ er trotzdem nie wieder befüllen. Alles, was übrig blieb, war eine riesige, grasüberwucherte Grube mit einem seltsamen kleinen Hügel in der Mitte, der einst eine Insel gewesen war. Auf dieser Insel befand sich ein runder Bau mit einem kuppelförmigen Glasdach – das Observatorium. Dort hatte Dottie Epstein ihr Schicksal ereilt, genau wie, mehrere Jahrzehnte später und ein Stück darunter, Hayes Major.

      »Also« – Stevie zeigte auf die Insel – »Dottie Epstein sitzt im Observatorium und liest ganz in Ruhe ihren Sherlock Holmes. Plötzlich taucht ein Mann auf. George Marsh. Beide haben nicht miteinander gerechnet. Und von allen Schülerinnen der Ellingham musste Marsh ausgerechnet auf die cleverste treffen, diejenige mit einem Onkel bei der New Yorker Polizei. Dottie kennt Marsh und damit ist sein ganzer schöner Plan ruiniert. Dottie ahnt, dass etwas Schlimmes passieren wird, also hinterlässt sie eine Markierung in ihrem Buch, bemüht sich, so deutlich wie möglich zu machen, wen sie vor sich hat. Und dann stirbt sie. Aber am Ende gelingt es ihr tatsächlich, ihren Mörder auffliegen zu lassen. Und wenn wir jetzt mal kurz vorspulen …«

      Stevie wandte sich zur Villa um, zu der Steinterrasse und den Glastüren, hinter denen Albert Ellinghams Arbeitszimmer lag.

      »Die nächsten zwei Jahre versucht Albert Ellingham verzweifelt, seine Tochter zu finden, und plötzlich … plötzlich hilft irgendetwas seinem Gedächtnis auf die Sprünge. Er denkt an Dottie Epstein und die Markierung in dem Buch. Er holt die Aufnahme hervor, die er von ihr gemacht hat – das wissen wir, weil die Drahtspule an seinem Todestag auf seinem Schreibtisch gelegen hat –, und hört sie sich noch einmal an. Ihm wird klar, dass Dottie George Marsh erkannt haben muss. Er fragt sich …«

      Stevie sah Albert Ellingham praktisch vor sich, wie er in seinem Arbeitszimmer auf und ab tigerte, über das Leopardenfell, von Ledersessel zu Ledersessel, wie er auf die grüne Marmoruhr auf dem Kaminsims starrte und darüber nachgrübelte, ob der Schluss, zu dem er soeben gekommen war, tatsächlich stimmen konnte.

      »Er schreibt ein Rätsel, vielleicht, um sich selbst auf die Probe zu stellen, um zu überprüfen, ob er ernsthaft daran glaubt. Wo sucht man den, der nie wirklich ist da? Auf der Treppe, nicht Stufe, das ist doch klar! Was passiert auf einer Treppe ohne Stufen?, fragt er sich. Man rutscht ab und kommt zu Fall. Und wer hat ständig mit Fällen zu tun? Ein Ermittler. Wer ist nie wirklich da? Der Mann, den man angeheuert hat, um ein Verbrechen aufzudecken, der einem nie von der Seite weicht. Derjenige, an den man nie denkt, den man kaum noch bemerkt …«

      »Stevie …«

      »Und dann, am selben Nachmittag, geht er mit George Marsh segeln und das Boot explodiert. Alle sind davon ausgegangen, dass da die Anarchisten dahintersteckten, weil die schließlich schon mal versucht hatten, Ellingham zu ermorden, und es ja auch hieß, sie hätten sich seine Tochter geholt. Aber das ist Quatsch. Für diese Explosion war einer der beiden verantwortlich. Entweder ist George Marsh klar geworden, dass er geliefert war, und er hat keinen anderen Ausweg gesehen, als Ellingham und sich in die Luft zu jagen, oder Albert Ellingham hat ihn mit der Wahrheit konfrontiert und es selbst getan. So oder so war die Geschichte an der Stelle zu Ende. Und der Wahrhaftige Lügner kann Alice auf keinen Fall entführt haben, weil ich nämlich weiß, dass dieser Brief von zwei Ellingham-Schülern verfasst wurde und wahrscheinlich bloß als Scherz gemeint war. Die Sache ist einfach komplett aus dem Ruder gelaufen. Der Brief war nur ein Spaß, die Entführung ist missglückt und auf einmal gab es lauter Tote …«

      »Stevie«, versuchte Nate, seine Freundin zurück in die Gegenwart zu holen, auf die kalte, matschige Rasenfläche.

      »Fenton«, redete Stevie unbeirrt weiter, »war davon überzeugt, dass es in Albert Ellinghams Testament einen Nachtrag gibt, in dem der Person, die Alice findet, sein Vermögen zugesichert wird. Ist ziemlich verrückt, was für richtige Aluhutträger, aber Fenton hat fest daran geglaubt. Hat sogar beteuert, sie hätte Beweise, auch wenn ich nie welche zu sehen gekriegt habe. Und sie war total paranoid – hat alles nur auf Papier aufbewahrt, Akten in alten Pizzakartons versteckt und so. Sie hatte sogar eine echte Verschwörungstheoretiker-Wand. Sie meinte, sie wäre da was ganz Großem auf der Spur. Als ich sie angerufen habe, um ihr zu erzählen, was ich herausgefunden habe, hat sie gesagt, sie könnte gerade nicht und irgendwas von wegen ›Die Kleine ist …‹. Und dann ist ihr Haus abgebrannt.«

      Nate rieb sich resigniert über den Kopf.

      »Besteht denn wirklich gar keine Chance, dass das alles nur ein Unfall war?«, fragte er. »Bitte, sag mir, dass es eine gibt.«

      »Was denkst denn du?«, erwiderte Stevie leise.

      »Was ich denke?« Nate setzte sich auf eine der Steinbänke am Rand des versunkenen Gartens.

      Stevie ließ sich neben ihn fallen und die Kälte drang durch ihre Kleider.

      »Ich hab keine Ahnung, was ich denken soll. Eigentlich glaube ich nicht an Verschwörungstheorien, weil Menschen für gewöhnlich einfach viel zu unorganisiert sind, um irgend so ein riesiges, verzwickten Komplott fehlerfrei über die Bühne zu bringen. Aber ich glaube auch, dass man, wenn zur selben Zeit am selben Ort eine Menge seltsames Zeug passiert, davon ausgehen kann, dass dazwischen eine Verbindung besteht. Erst stirbt Hayes bei dem Videodreh über den Ellingham-Fall. Dann Ellie, nachdem du dahintergekommen bist, dass sie das Drehbuch zu Hayes’ Serie geschrieben hat. Und jetzt erwischt es auch noch die Frau, der du bei den Recherchen zum Ellingham-Fall geholfen hast, und zwar genau dann, als du ihr erzählen wolltest, dass du den Kriminalfall des Jahrhunderts aufgeklärt

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