Ellingham Academy - Die Botschaft an der Wand. Maureen Johnson

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Ellingham Academy - Die Botschaft an der Wand - Maureen  Johnson Ellingham Academy

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Hilft das?«

      »Nein«, sagte Stevie mit einem Blick auf den grau-rosa Himmel.

      »Wie wär’s denn, wenn – nein, lass mich bitte ausreden –, wenn du der Polizei alles erzählst, was du weißt, und dann die Finger von der Sache lässt?«

      »Aber ich weiß ja nichts«, entgegnete sie. »Das ist doch das Problem. Dafür müsste ich erst mal mehr in Erfahrung bringen. Was ist, wenn das alles wirklich zusammenhängt? Und das muss es schließlich, oder? Iris und Dottie und Alice, Hayes und Ellie und Fenton.«

      »Muss es?«

      »Lass mich mal eben nachdenken.« Stevie fuhr sich mit der Hand durch das kurze blonde Haar, bis es ihr in alle Richtungen vom Kopf abstand. Seit ihrer Ankunft an der Ellingham Academy Anfang September war sie nicht mehr beim Friseur gewesen. Einmal, um zwei Uhr morgens vor dem Badezimmerspiegel, hatte sie selbst zur Schere gegriffen, aber leider dabei ein wenig ihre künstlerische Vision aus den Augen verloren. Daher trug sie nun einen rausgewachsenen Mopp, der über der einen Braue länger war als über der anderen und sich ständig aufrichtete wie der Kamm eines erschrockenen Kakadus. Ihre Fingernägel waren bis zum Nagelbett abgekaut, und obwohl die Schule einen Wäscheservice anbot, trug sie fast jeden Tag denselben ungewaschenen Kapuzenpullover. Ihr Körper schien ihr immer mehr zu entgleiten.

      »Und wie lautet jetzt der Plan? Willst du weiter hier herumschleichen, nichts essen und mit keinem reden?«

      »Nein«, erwiderte sie. »Ich muss was unternehmen. Aber ich brauche mehr Informationen.«

      »Okay.« Nate gab sich geschlagen. »Und wo kriegst du Informationen her, die weder gefährlich noch falsch sind?«

      Stevie kaute nachdenklich auf ihrer Unterlippe. Gute Frage.

      »Hier bei uns in der Gegenwart«, merkte Nate an, »führt Janelle übrigens heute einen Testlauf mit ihrer Maschine vor. Sie macht sich ein bisschen Sorgen, dass du nicht kommst.«

      Natürlich. Während Stevie sich auf den verschlungenen Seitenpfaden ihres Gehirns herumgetrieben hatte, war das wirkliche Leben weitergegangen. Janelle Franklin, ihre beste Freundin und Zimmernachbarin, hatte fast ihre gesamte Zeit an dieser Schule damit verbracht, eine Rube-Goldberg-Maschine für einen Wettbewerb zu bauen. Klar, dass sie da ihre engsten Freunde beim Testlauf dabeihaben wollte. So drang gerade noch durch den Dunst in Stevies Kopf: Heute Abend, acht Uhr. Maschine angucken.

      »Klar komme ich«, sagte sie. »Natürlich. Aber jetzt muss ich erst mal weiter nachdenken.«

      »Vielleicht musst du eher mal nach Hause und eine Runde schlafen oder duschen oder so was? Ich bin mir echt nicht sicher, ob mit dir alles okay ist.«

      »Du hast recht!« Ihr Kopf ruckte hoch. »Mit mir ist nicht alles okay.«

      »Hä?«

      »Ich brauche Hilfe«, erklärte sie lächelnd. »Und zwar von jemandem, der überzeugt ist, dass Reden hilft.«

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      Februar 1936

      »Es ist noch nicht angekommen, Liebes«, sagte Leonard Holmes Nair und wischte seinen Pinsel an einem Lappen ab. »Wir müssen uns noch etwas gedulden.«

      Iris saß vor ihm in einem Korbsessel, der normalerweise für besseres Wetter gedacht war. Sie zitterte in ihrem weißen Mohairmantel, aber nicht vor Kälte, wie Leo vermutete. Für Mitte Februar war es relativ mild, gerade warm genug, dass er beschlossen hatte, draußen an seinem Gemälde von der Familie und dem Haus zu arbeiten. Schüler eilten von Gebäude zu Gebäude, die Arme voller Bücher, und ihr Geplauder zerschnitt die kristallene Bergstille. Ein solcher Palast – ein Wunderwerk der Architektur und Landschaftsplanung, ein Zeugnis höchster Ingenieurskunst und menschlicher Willenskraft –, alles nur für eine Schule? Leonards Ansicht nach war das, als würde man ein erlesenes Festmahl zubereiten, nur um es dann vor die Tür zu kippen und zuzusehen, wie sich die Waschbären darüber hermachten.

      »Ein bisschen musst du doch wohl noch übrig haben.« Iris rutschte unruhig auf ihrem Sessel hin und her. »Du hast immer was.«

      »Sieh dich lieber vor. Wir wollen schließlich nicht, dass der Schnee dich irgendwann vollends im Griff hat.«

      »Danke für die Moralpredigt, Leo. Und jetzt rück schon was raus.«

      Leo griff seufzend in seine Jackentasche und förderte ein Emailledöschen in Form eines Schuhs zutage. Dann schöpfte er mit dem Fingernagel eine winzige Prise weißes Pulver direkt in Iris’ ausgestreckte Hand.

      »Das ist aber wirklich alles, bis ich eine neue Lieferung bekomme«, sagte er. »Den besten Stoff gibt es nun mal in Deutschland und bis der hier ist, dauert es seine Zeit.«

      Iris drehte den Kopf zur Seite und schniefte das Pulver gierig auf. Als sie sich ihm wieder zuwandte, war ihr Lächeln wesentlich strahlender als zuvor.

      »Schon viel besser«, seufzte sie.

      »Ich hätte dich nie damit in Berührung bringen sollen.« Leo ließ die Dose zurück in seine Tasche fallen. »Hin und wieder mal ein bisschen ist ja in Ordnung. Aber wenn man sich zu sehr daran gewöhnt, übernimmt das Zeug die Oberhand. Hab ich alles schon miterlebt.«

      »Wenigstens vertreibt es die Langeweile«, erwiderte Iris, während sie den Kindern zusah. »Womit soll man sich denn auch sonst die Zeit vertreiben, seit wir anscheinend ein Waisenhaus führen?«

      »Das besprichst du wohl besser mit deinem Mann.«

      »Da könnte ich genauso gut eine Diskussion mit dem Berg anfangen. Wenn Albert sich etwas in den Kopf gesetzt hat …«

      »… dann kauft er es sich. Was für ein schreckliches Los. Glaub mir, es gibt eine Menge Leute, die liebend gern mit dir tauschen würden. Da draußen spielt sich nämlich gerade eine klitzekleine landesweite Krise ab.«

      »Ich weiß«, fauchte sie. »Und schon allein deswegen sollten wir zurück nach New York. Da könnte ich eine Suppenküche eröffnen und tausend Menschen pro Tag verköstigen. Und was machen wir? Dreißig Kindern das Einmaleins beibringen? Die Hälfte davon sind sowieso nur die Bälger unserer Freunde. Wenn ihre Eltern sie so dringend loswerden wollen, täte es jedes x-beliebige Internat genauso gut.«

      »Wenn ich das deinem Mann klarmachen könnte, würde ich es tun«, seufzte Leo. »Aber ich bin eben nur der Hofmaler.«

      »Ein alter Esel bist du.«

      »Das auch. Aber immerhin dein alter Esel. Und jetzt halt mal kurz still, deine Kieferpartie kommt gerade außerordentlich gut zur Geltung.«

      Iris gehorchte, aber nach einem Moment sackte sie ein wenig in sich zusammen. Die entspannende Wirkung des Pulvers hatte eingesetzt und machte ihre perfekte Haltung zunichte.

      »Hör mal«, sagte sie, »ich kenne ja deine Meinung zu dem Thema, aber … Alice wird immer größer. Es wäre gut, wenn sie irgendwann …«

      »Davon willst du doch nicht ernsthaft schon wieder anfangen«, fiel er ihr ins Wort, während er mit dem Pinsel auf seine Palette tupfte und einen Hauch leuchtendes

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