Die Jugend des Königs Henri Quatre. Heinrich Mann

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Die Jugend des Königs Henri Quatre - Heinrich Mann

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Endsilben: „Sie sind so schön, Madame, heute müßte mein Bruder Sie sehen. Werden Sie ihm auch wohlgesinnt sein?“

      „Ja, ja“, erwiderte Margot, dachte aber dabei mit ansteigender Empörung: ,Das darf nicht sein. Ich muß ihnen die Wahrheit sagen.‘

      „Wo haben Sie Ihren kleinen Hund, Madame? Es ist der hübscheste kleine Hund, den ich kenne.“

      „Ich schenke ihn dir.“ Margot ließ das Mädchen los. ,Ich muß sie warnen!‘

      „Ich will Ihnen einen Rat geben.“ Margot neigte sich vor, um Jeanne dringend ins Auge zu fassen. Zum erstenmal verließen sie, bei ihrem außerordentlichen Vorhaben, die Gewandtheit und Ruhe. Sie setzte vergebens an, ihr Atem wurde hörbar, die Nase sogar erschien länger. „Aber Sie dürfen keinem sagen, daß ich es war!“

      Geheim und unheildrohend unter Zierat — fühlte Jeanne. Sie sprach: „Ich weiß schon, daß ich hingehalten werde und daß man mich betrügen möchte.“

      „Wenn es das nur wäre! Reisen Sie ab, Madame!“ rief Margot, schon kreischte sie, das war nicht Seelengröße mehr, wie sie gewollt hatte, nur noch nacktes Entsetzen. Plötzlich tonlos: „Hört uns auch niemand? Nehmen Sie dies süße Geschöpf, fliehen Sie nach Süden, wenn Sie es noch können! Um irgend etwas für sich zu erreichen, dürfen Sie nicht hier sein — und erst recht Ihr Sohn nicht!“

      Eigensinn und Unglauben waren alles, was Margot in ihrem ehrlichsten Augenblick bei Jeanne fand. Jeanne hatte beschlossen, den Drohungen nicht zu glauben. Dies alte Gesicht konnte Margot nicht bewegen, daher tastete sie mit unsicheren Händen nach der andern Jungen, damit diese ihr helfe. Ihr Blick verließ Jeanne, er ging zu Catherine, blieb aber für Jeanne bestimmt. Die sollte sehen, wie Margot mit der Schwere ihrer schwarzen Augen in den hellen des Mädchens etwas hervorbrachte: es war Erkennen. Jetzt war es auch Erschrecken!

      Indessen blieb Jeanne bei ihrer Ablehnung, und sie geriet vollends in Zorn, weil ihre Tochter erblaßt und auf den Füßen unsicher geworden war. „Genug!“ befahl sie. „Kehr in dein Bett zurück, mein Kind!“ Nachher erst, als die Tür sich hinter Catherine geschlossen hatte und der Florentiner Teppich nicht mehr schwankte, antwortete Jeanne auf den Rat und die Warnung der Prinzessin von Valois.

      „Madame, ich habe alles verstanden. Sie sollen mich wankend und ängstlich machen, der Auftrag kommt von der Königin, Ihrer Mutter. Berichten Sie ihr, ob Sie mich niedergeschmettert gefunden haben! Meinerseits will ich Ihnen melden, daß der Herr Admiral beim König alles erreicht hat, was wir Protestanten wollten. Sie selbst brauchen hinsichtlich Ihres Glaubensbekenntnisses keine endgültigen Beschlüsse zu fassen, bevor Sie gesehen haben, daß dieser Hof den Krieg an Spanien erklärt. Sie werden sehen! Mein Sohn jedenfalls, Ihr Verlobter, wird hier erst eintreffen, wenn unsere Partei ganz groß dasteht.“

      „Gewiß, Madame“, sagte Margot. Die arme Brust der Königin von Navarra bebte und rang bei ihren stolzen Worten; aber die Schwester Karls des Neunten, so kühl wie je, fand keinen Grund mehr, weder zu Gewissensregungen noch zum Edelsinn. Sie dachte, wie am Anfang dieser Unterredung: ,Gefährlich! Sie sind eine große Gefahr; meine Mutter hat recht, etwas Entscheidendes muß gegen sie unternommen werden. Aber sie verderben sich selbst: hier ist Schicksal im antiken Sinn!‘ dachte die Gelehrte.

      „Gewiß, Madame“, sagte Margot. „Ich werde Ihre Worte bei mir erwägen.“ Tiefer Knicks. „Und habe ich mich erst überzeugt, daß Sie die Klügere waren, dann wird wohl auch Ihre Religion die meine werden müssen. Hoffentlich bringt der Herr Admiral den Prinzen, meinen Verlobten, mit, damit hier alle vereint sind.“ Tiefer Knicks — und der wehende Duft von Moschus, da war Madame Marguerite schon fort.

      Jeanne ging zu ihrer Tochter, die ihr entgegensah mit aufgerissenen blauen Augen. Als Jeanne nahe genug beim Bett war, warf das Mädchen ihr beide Arme um den Nacken.

      „Angst, Mama! Ich hab Angst!“

      Die Briefe

      Später schrieb jede der beiden nach Pau, an Henri. Die Briefe wurden gewöhnlich in verschiedenen Zimmern des Schlosses von Blois geschrieben, und Catherine steckte dem Boten, den Jeanne abschickte, den ihren heimlich zu. Jeanne schrieb einmal: „Gehe oft in die Predigt und täglich zum Gebet! Bürste Deine Haare nach oben, aber nicht wie man sie früher trug! Der Eindruck, den Du hier sofort machen mußt, ist: Anmut mit Keckheit. Aber rühr Dich nicht fort aus Béam, bis ich Dir wieder schreibe!“

      Catherine meldete indessen ihrem Bruder: „Madame hat mir einen schönen kleinen Hund geschenkt, ich habe auch prächtig bei ihr gegessen. Sie hat mich gern. Wenn ich Dir jetzt sage, mein lieber Bruder, daß ich mich fürchte, dann weiß ich wohl, daß Du mich nicht verstehn kannst. Du hast mir aufgetragen: beim ersten Anzeichen von Gefahr einen Eilboten! Ich sehe kein Anzeichen, und schicke Dir dennoch den Eilboten. Gib acht! so hast Du mir bei meiner Abreise mit den Augen zugewinkt, gib acht auf unsere liebe Mutter! Unsere liebe Mutter reist jetzt bald mit dem ganzen Hof nach Paris, wo wir viele Feinde haben. Ich werde die Augen öffnen, aber wenn Du doch schon wieder bei uns,wärest!“ Jeanne d’Albret schrieb folgendes an ihren Sohn Henri im Mai aus Paris, wo sie im Hause des Prinzen von Condé wohnte. Sie schrieb es am Abend beim geöffneten Fenster, ihre Lampe flackerte in der warmen Luft.

      „Das Bild Madames habe ich Dir hier besorgt und schicke es Dir. Möge es Dich erfreuen! Mir gefällt hier, außer der Erscheinung Madames, die wirklich schön ist, nur weniges. Die Königin von Frankreich traktiert mich mit der Mistgabel, und Deine Margot bleibt eine Papistin, alle meine Anstrengungen waren umsonst. Nur die eine Genugtuung hatte ich, daß ich an Elisabeth nach England berichten konnte, Deine Heirat sei jetzt unwiderruflich beschlossen. Mein Sohn, ich weiß nicht, ob ich immer da sein werde, um Dich zu behüten vor den Versuchungen dieses Hofes. Laß Dich nicht verführen, nicht im Leben, nicht im Glauben!“

      In einem anderen Zimmer des Hauses kritzelte heimlich die Schwester: „Schnell ein Wort über etwas, das uns heute geschehen ist! Wir gehen hier in die Läden, wo Mama die Einkäufe macht für Deine Hochzeit. Heute waren wir bei dem Handwerker, der Bilder von Madame anfertigt, und wollten das hübscheste aussuchen, da sammelten sich draußen viele Leute an und murrten gegen uns. Sie wurden immer lauter und drohender, bis unsere Wache sie vertrieb. Mama sagte, es seien nur aufgeregte Gaffer, wie unvermeidlich in Paris: ich aber bin gewiß, daß sie Deine Heirat meinten. Dieses Volk will sie nicht, und überall sucht es Händel mit den Protestanten. Mehrere unserer Herren haben es mir gestanden, weil ich sie nötigte. Denn ich bin kein solches Kind, wie man meint. Die Ehrenfräulein der bösen alten Königin sind ein ganzes Regiment, sie haben viele Freunde überall und hetzen sie gegen uns, besonders aber gegen den Herrn Admiral. Er traf hier ein mit fünfzig Reitern. Madame Catherine ist wütend auf den Herrn Admiral, weil er mit Kraft unsere Sache vertritt. Ich darf nicht sagen: mit Unüberlegtheit, denn ich bin nur ein Mädchen. Dies alles mußte ich Dir ganz schnell aufschreiben, denn unter meinem Fenster im Hof wartet der reitende Bote, daß ich den Brief hinabwerfe, auch geht mein Licht aus, ich muß doch noch siegeln.“

      Während Catherine das Wachs auf das Papier auftrug, flackerte aus dem Schnabel der Lampe das Licht noch einmal hervor, und dann erlosch es. Die Lampe Jeannes leuchtete weiter, sie schrieb: „Coligny ist entschlossener als je, das tröstet mich. Er fordert den Krieg in Flandern, und die Königin kann ihm nicht widerstehen, wenn sie auch fälschlich einwendet, daß niemand mit uns gehen werde, weder England noch die protestantischen deutschen Fürsten. Sie ist schließlich nichts als ein altes Weib; ihr Sohn, der König, aber fürchtet den Herrn Admiral und liebt ihn darum, er nennt ihn seinen Vater. Bei ihrem ersten Wiedersehen ist; Coligny hingekniet, aber in seinen Gedanken und Vorhaben demütigte er sich vor. Gott — und keineswegs vor Karl dem Neunten, der im Gegenteil ihm ganz zu Willen ist, ihn mit Ehren überhäuft und ohne ihn nichts mehr beschließt. Der König hat dem Herrn

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