Die neue Praxis Dr. Norden Box 2 – Arztserie. Carmen von Lindenau
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Читать онлайн книгу Die neue Praxis Dr. Norden Box 2 – Arztserie - Carmen von Lindenau страница 9
»Mein Mann meinte, ich sollte mit Ihnen über meine Stimmungsschwankungen sprechen«, erklärte ihm Mia, nachdem sie auf dem Stuhl vor seinem Schreibtisch Platz genommen hatte.
»Wollen Sie denn auch mit mir darüber sprechen?«, fragte Danny und sah die mollige Frau mit den traurigen dunklen Augen abwartend an.
»Ehrlich gesagt, glaube ich nicht mehr daran, dass sich mein Zustand verbessern lässt. Ich leide seit sechs Jahren an einer Unterfunktion meiner Schilddrüse, Gewichtszunahme und Haarausfall eingeschlossen«, erzählte sie und fasste sich an ihr glanzloses dunkelblondes Haar, das sie streichholzkurz trug, vermutlich, damit nicht gleich auffiel, wie dünn es war.
»Ich gehe davon aus, dass Sie Hormone nehmen.«
»Ja, Thyroxin 125, trotzdem bin ich immer müde, und oft schlecht gelaunt. Ich habe Heißhungerattacken, Angstzustände und möchte mich am liebsten im Bett verkriechen. Meine Ärztin meinte, es sei ein psychisches Problem, und ich müsste mein Leben verändern. Aber ich fühle mich zu schwach, um etwas zu verändern. Alles, was ich tue, ist eine Belastung für mich.«
»Sie sagen, Sie sind immer müde. Geben Sie dieser Müdigkeit denn immer nach?«
»Zuhause schon, während der Arbeit geht es ja nicht.«
»Fühlen Sie sich nach dem Schlaf erholt?«
»Nein, kein bisschen, das ist ja das Problem«, seufzte Mia. »Ich glaube, Paul wird bald die Geduld mit mir verlieren. Mit meinen ständigen Zuständen mache ich ihm das Leben unglaublich schwer. Ich wäre gern wieder fröhlich und ausgeglichen wie vor meiner Krankheit, aber das ist wohl ein Traum, der sich nicht erfüllen wird. Oder sehen Sie das anders?«, fragte sie und nestelte nervös an dem obersten Knopf der weiten Bluse, die sie zu ihrem hellblauen knöchellangen Baumwollrock trug.
»Ich denke, wir sollten einige Blutwerte untersuchen, die Werte der Nebennieren miteingeschlossen.«
»Die Nebennieren? Vermuten Sie, eine Nierenschwäche?«, fragte Mia erschrocken.
»Es wäre eine Möglichkeit, und eine gute dazu. Eine Schwäche der Nebennieren lässt sich durch die Gabe von Hydrocortison heilen. Unser Körper reagiert auf das Zusammenspiel verschiedener Hormone. Nicht nur die Schilddrüse produziert für uns lebenswichtige Hormone, auch die Nebennieren mit der Produktion des Cortisols sind daran beteiligt. Wird es in nicht ausreichendem Maß hergestellt, kann das massive Auswirkungen haben.«
»Würde das meine Beschwerden erklären?«
»Zum Teil. Wir müssten noch weitere Werte untersuchen.«
»Bedeutet das, Sie könnten die Ursache meiner Beschwerden finden?«
»Ich denke schon.« Danny wollte sich gegenüber Mia nicht anmerken lassen, wie entsetzt er über ihre bisherige Behandlung war. Offensichtlich war noch niemand auf die Idee gekommen, eine Untersuchung zu veranlassen, die über die gewöhnliche Blutuntersuchung hinausging.
»Was muss ich tun?«, fragte Mia und ihre Traurigkeit war einem entschlossenen Blick gewichen.
»Wir nehmen Ihnen erst einmal Blut ab, lassen es im Labor gründlich analysieren. Sobald das Ergebnis vorliegt, besprechen wir es.«
»Wie lange wird es dauern, bis wir das Ergebnis haben?«
»Heute haben wir Donnerstag, das Labor nimmt erst morgen früh wieder Proben an. Wir müssen uns also bis zum Montag gedulden.«
»Dann komme ich am Montagnachmittag vorbei.«
»Rufen Sie aber besser vorher an und fragen Sie nach, ob das Ergebnis vorliegt. Einen Moment, bitte«, bat er Mia und nahm den Hörer der Haussprechanlage in die Hand. »Sophia, Frau Wender kommt jetzt zu Ihnen. Wir brauchen ein Blutbild mit Bestimmung des Hormonstatus, inklusive Cortisol«, teilte er Sophia mit, die seinen Anruf entgegennahm.
»In Ordnung«, sagte Sophia und legte wieder auf.
»Sophia erwartet Sie. Wir sehen uns dann nächste Woche«, wandte er sich Mia wieder zu.
»Was passiert, falls das Labor nichts findet, was uns weiterhilft?«, fragte sie.
»Dann suchen wir weiter.«
»Ist das wahr?«, wunderte sich Mia.
»Aber ja, wir wollen doch beide, dass es Ihnen wieder besser geht.«
»Vielen Dank, Doktor Norden. Ich bin sehr froh, dass ich den Rat meines Mannes angenommen habe und Sie aufgesucht habe.«
»Wir werden der Ursache Ihrer Beschwerden auf die Spur kommen«, versicherte Danny ihr. »Grüßen Sie Paul von mir«, sagte er und hielt ihr die Tür des Sprechzimmers auf.
»Das mache ich gern«, sagte sie und verabschiedete sich von ihm.
Zehn Minuten später verließ er sein Sprechzimmer. Das Wartezimmer war leer, und die Türen der Untersuchungszimmer standen offen, so wie jeden Abend, nachdem Sophia und Lydia ihren Rundgang gemacht hatten, um nachzusehen, ob irgendwo Uhren, Schals oder ähnliches herumlag. Patienten ließen ständig etwas liegen. Sie verwahrten alles in einem Schrank in dem Umkleideraum neben der Küche auf, bis die Eigentümer es abholten. Sophia und Lydia waren in der Küche und räumten die Spülmaschine aus, die sie während der Nachmittagssprechstunde hatten laufen lassen.
»Ich bin wirklich froh, dass Mia hier war, Daniel«, sagte Lydia, als er zu ihnen in die Küche kam. »Bevor das mit der Schilddrüse bei ihr losging, war sie eine lebensfrohe junge Frau, und hübsch war sie auch. Sie ist inzwischen nur noch ein Schatten ihrer selbst«, erzählte sie ihm.
»Mit ein bisschen Glück wird Sie Ihre Lebensfreude wiedergewinnen«, entgegnete Danny. »Den übernehme ich«, sagte er und deutete auf den Korb mit dem Besteck.
»Alles klar, Chef«, antwortete Lydia lächelnd und nahm den Korb aus der Spülmaschine.
»Sie vermuten eine Cortisolunterversorgung?«, fragte Sophia, die die gespülten Gläser in einen der Hängeschränke räumte.
»Das wäre eine Möglichkeit. Es könnten aber auch noch andere Hormone nicht im Gleichgewicht sein.«
»Die meisten Ärzte denken nicht so weit. Sie untersuchen die Standardwerte, das war es dann. Die Patienten können zusehen, wie sie damit klarkommen. Wir standen auch vor einem Ärztemarathon, nachdem meine Mutter die Diagnose MS bekommen hatte. Seitdem sie Ihre Patientin ist, geht es ihr um einiges besser«, versicherte Sophia ihm.
»Danke, aber ich tue nur das, was man tun sollte, dafür muss ich nicht gelobt werden«, sagte Danny, während er das Besteck in die Schublade mit dem Besteckkasten räumte.
»Sie tun weitaus mehr, als sie tun müssten, Daniel. Sie dürfen sich ruhig hin und wieder loben lassen«, widersprach ihm Lydia.
»Auf jeden Fall«, stimmte Sophia ihr zu.
»Gut, dann nehme ich das mal so hin«, sagte Danny.
Ein paar Minuten später verabschiedeten sie sich voneinander. Sophia und Lydia verließen die Praxis, und er ging hinüber in seine Wohnung. Nachdem er sich umgezogen und etwas gegessen hatte, setzte er sich