Black Heart - Spin-Off 2: Der Weg ins Licht. Tatjana Weichel

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Black Heart - Spin-Off 2: Der Weg ins Licht - Tatjana Weichel Black Heart - Spin-Off

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taumle zurück und halte mich am Geländer des Stegs fest. Die Bedeutung seiner Worte tröpfelt langsam in mich.

      Finde heraus, ob mein Sohn noch lebt.

      »John!« Ich kann gar nichts sagen, ich kann nicht mal denken. Fuck. Meint er das ernst?

      Es hat so weh getan, Yanis zu verlieren, und jetzt besteht die Möglichkeit, dass er-

      »Ich weiß.« John legt mir die Hand auf die Schulter, als hätte ich nicht genug Last auf ihnen. »Ich weiß nicht, wen ich sonst fragen soll.«

      »Jeden, aber doch nicht mich. Was … was denkst du dir?« Ich schüttle den Kopf, viel zu entsetzt bin ich von seiner absurden Idee. Viel zu wenig verstehe ich, was er mir da eigentlich gerade sagt. »Das ist doch komplett verrückt!«

      »Ich kann niemanden sonst fragen. Julie vertraue ich nicht. Sie könnte mit Philippe darüber sprechen. Ich hab ihn zwar angerufen, aber er sagte, er könnte sich das nicht erklären und dass Steven Mist erzählt hätte, aber ich spüre, dass er mir etwas verheimlicht hat. Dass er nicht ehrlich war. Jemand … jemand muss an den Palast der Träume. Ich glaube, nur dort kann man herausfinden, was wirklich passiert ist.« Mein Blick ist offenbar so ungläubig, dass er sich zu mehr Erklärungen gezwungen sieht. »Die Schule, an der Hexen und Wächter ausgebildet werden. Sie ist in Österreich. Wenn es einen Ort mit geballtem Wissen gibt, dann ist es der Palast der Träume. Aus Philippe werden wir nicht herausbekommen. Und …« Er schaut mich zerknirscht an. »Du weißt, ich hab in meiner Stellung Kontakte. Sie suchen gerade einen neuen Küchenchef. Dir traue ich das zu. Und willst du nicht wissen, was geschehen ist?«

      Nein! Verdammt, nein! Ich bin dankbar, dass sich jedes Jahr im Herbst die Wunde wieder schließt. Jetzt an den Ort zu gehen, der Ausdruck der Welt ist, die ich verabscheue, erscheint mir wie ein schlechter Film. Aber John sieht so entschlossen aus, ich frage mich, wie genau er das schon durchdacht hat, wie lange er sich damit befasst, und warum zur Hölle er mich für einen guten Teil seines Plans hält.

      Ich schüttle vehement den Kopf. »John, du verlangst zu viel von mir.«

      Er sieht mich bittend an. »Du hast ihn geliebt.«

      »Es war eine Woche.« Eine Woche. Die zwei Jahre her ist, die ich hinter mir gelassen habe.

      John schürzt die Lippen. »Er hat dich geliebt.« Er sieht mich fest an.

      »EINE WOCHE!« Ich kann das nicht fassen. Das kann er doch nicht ernst meinen. Doch er meint es ernst. Seine Augen füllen sich mit Tränen, nur mühsam kann er sie zurückhalten.

      »Ich kann nur dich fragen. Denk wenigstens drüber nach. Bitte.«

      ❤

      Die Straßen leeren sich bereits, es ist später Abend, als ich den Aston Martin durch Canterburys Straßen lenke. Langsam wird es wieder früher dunkel. Der Herbst wird nicht mehr lange auf sich warten lassen, und mit ihm kommt die besinnliche Jahreszeit.

      Ich freue mich auf Weihnachten, allerdings nicht auf den Urlaub. David möchte gerne in den Skiurlaub, ich wäre lieber in die Sonne gefahren. Aber ich bin froh, dass er einem gemeinsamen Urlaub überhaupt zugestimmt hat. Vielleicht bringt das Klarheit in unsere Beziehung. David ist mein erster Freund nach Yanis, leider ist es nicht so zwischen uns, wie ich es mir wünschen würde.

      Es ist kompliziert.

      Yanis … sein Dad denkt wirklich, dass Yanis lebt und ich an den Palast der Träume gehen sollte, um herauszufinden, ob das stimmt.

      Was für eine Schnapsidee.

      Diese verdammte magische Welt. Ich will damit nichts mehr zu tun haben. Ich habe mich nicht einfach so von allen aus Yanis’ damaligem Umfeld zurückgezogen. Was für eine beschissene Nummer, mich zu fragen. Mir wird schlecht.

      Ich fahre an den Straßenrand, halte an und drücke auf die Kurzwahltaste für David. Wir sind seit ein paar Monaten zusammen, na ja, was man so zusammen nennt. Wir sehen uns oft, aber in der Öffentlichkeit sind wir Freunde. Ein Paar sind wir nur im geschützten Raum.

      Es klingelt eine Weile, und ich will schon auflegen, da geht er doch noch dran.

      »Hey, Gabriel, was gibts?«

      Ich verdrehe die Augen. Er ist nicht allein, ich erkenne es sofort an seiner Begrüßung.

      »Hi. Stör ich? Ich würde dich gern sehen, kann ich-«, erkläre ich ihm, aber er unterbricht mich.

      »Sorry, können wir morgen quatschen?« Es ist laut bei ihm, offensichtlich ist er ausgegangen.

      »Wo bist du? Kann ich vorbeikommen?«, frage ich ihn, und er schweigt einen Moment, bis er dann ungeduldig antwortet.

      »Das ist schlecht heute. Ich melde mich morgen bei dir, okay?« Dann legt er auf.

      Fassungslos schaue ich auf das Display, und als es dunkel wird und mir mein eigenes Gesicht entgegenschaut, werfe ich das Handy auf den Beifahrersitz.

      Ich habe mir geschworen, die Sache zu beenden, wenn er das noch einmal tut. Habe mir versprochen, mich nicht mehr so behandeln zu lassen. Ich will keine Beziehung führen, in der man mich verleugnet, und doch macht er es immer wieder. Und ich lasse es mit mir machen.

      In Wellen spüre ich die Enttäuschung hochsteigen, ich versuche durchzuatmen, bevor sie hochschwappt und mich überschwemmen kann.

      Einatmen, ausatmen.

      Er ist ausgegangen. Er verleugnet mich, weil jemand bei ihm ist, der nicht wissen soll, dass ich nicht nur quatschen wollte, sondern sein Freund bin, mit dem er schläft und den er liebt.

      Ich lache auf. Sein Freund. Den er liebt. Ich muss schlucken, die Wut kommt gleichzeitig mit dem Lachen, ich sehe meine Hände zittern.

      Es ist nicht neu für mich, dass David keine Zeit für mich hat und mich abwimmelt, wenn er mit seinen Freunden unterwegs ist. Freunde, die ich nicht kenne, weil er mich nicht zu ihnen mitnimmt. Zu offensichtlich könnte sein, dass wir mehr sind, und das passt ihm nicht. Er braucht noch Zeit, sagt er. Immer wieder sagt er das.

      Und was ist mit mir?

      Ich greife nach meinem Handy, öffne den Messenger.

      Ich: Sorry für die späte Störung, seid ihr noch wach?

      Die Antwort kommt sofort.

      Sam Walsh: Sind wir.

      Ich: Habt ihr Zeit für mich? Kann ich vorbeikommen?

      Für einen Moment schließe ich die Augen, um die Angst zurückzudrängen, dass auch Sam mich abwimmeln könnte.

      Sam Walsh: Was für eine blöde Frage. Ich mach dir ein Bier auf.

      Ich hätte Überraschung erwartet, Ablehnung oder Ungläubigkeit, während ich Sam und Miles von dem Gespräch mit John erzähle. Irgendjemandem muss ich es erzählen, sonst platze ich. Doch Sam ist einfach nur still geworden.

      Wir sitzen auf dem Sofa in ihrer gemeinsamen Wohnung. Sein Blick liegt auf einem Bild von ihm und Yanis. Es steht neben einem Reagenzglas mit einer einzelnen weißen Rose auf einem Sideboard.

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