Black Heart - Spin-Off 2: Der Weg ins Licht. Tatjana Weichel
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Seine Worte verletzen mich, jedes einzelne. Aufhören, an ihn zu denken. Ich spüre den Schmerz hochsteigen, spüre Verzweiflung. Tot. Für immer. Verzweiflung, die auch John ergriffen hatte, und doch spüre ich die gleiche Hoffnung. Tot. Übertreibt doch total. Sehe Trevor vor mir, wie erschöpft er war, weil die Bank ihm nicht mehr helfen kann, sehe das leere Café.
Sehe meine Leere.
Unwillkürlich schüttle ich den Kopf und stehe von der Couch auf, suche Davids Blick. Er versteht sofort und hebt hilflos die Schultern. Ich habe keine Worte mehr für ihn, stattdessen suche ich meine zwei, drei Sachen zusammen und fahre in meine Wohnung. Schaue mich um, beginne zu packen. Öffne an meinem Laptop einen Ordner, den ich tief versteckt hatte, um nicht ständig darüber zu stolpern, und schaue mir die Bilder an, die damals am See entstanden sind. Ich bemerke erst, dass ich weine, als die Tränen auf die Tischplatte tropfen.
Dann rufe ich John an.
England
Oktober 2017
❤
Das wird bestimmt eine gute Erfahrung!« Mein Onkel sagt das bestimmt zum dreißigsten Mal, und genauso oft war ich versucht, zu widersprechen. Aber ich lasse mir meine Unsicherheit nicht anmerken, also nicke ich wie all die Male davor.
»Wir haben das doch besprochen. Es wird guttun, was Neues zu sehen«, antworte ich ihm. »Wir sparen Geld, ich verdiene was dazu, und im Frühjahr schauen wir weiter.«
»April.« Trevor legt mir die Hand auf die Schulter. »Dann kommst du wieder. Gab, das alles tut mir so leid. Ich hatte mir so gewünscht, dass es besser läuft.«
»Es ist, wie es ist. Wir haben gewusst, dass das Café immer ein Risiko ist. Und nun müssen wir schauen, dass wir es halten können. Wenn ich dafür eine Weile woanders Geld verdiene, ist das okay.« Dass dieser Ort eine magische Schule in Österreich sein würde, hätte ich mir allerdings nicht einmal in meinen kühnsten Träumen ausgemalt.
»Melde dich, wenn du angekommen bist, ja?« Er nimmt meinen Koffer und hebt ihn ins Auto.
Ich habe mich für wenig Gepäck entschieden, ich weiß nur noch nicht genau, warum. Ob ich neu anfangen will oder nicht lange bleiben, diese Entscheidung steht noch aus. Ausgemacht haben wir ein halbes Jahr. Bis dahin könnte ich einiges gespart haben, und mehr Zeit wollte ich John auch nicht zugestehen. Wenn ich in sechs Monaten nichts erfahren habe, was seine Vermutung bestätigt, wars das.
Ein halbes Jahr. Das ist überschaubar.
Meine Wohnung vermieten wir per Airbnb, meine wenigen wertvollen und persönlichen Sachen sind bei Trevor untergebracht.
Ich bin bereit, aufzubrechen.
Wir umarmen uns lange. Es geht ihm nicht gut damit, dass ich wegfahre.
Kurz schweifen meine Gedanken zu David. Er hat noch versucht, mit mir zu sprechen, aber wenn ich nicht reden will, will ich nicht reden, da bin ich stur wie ein Esel. Julie kann ein Lied davon singen.
Sie hat sich zwei Jahre die Zähne an mir ausgebissen.
Von Sam und Miles habe ich mich verabschiedet, sie sind wieder eng an mich herangerückt seit diesem Abend, an dem sie für mich da waren. Sie befürworten, was ich tue. Dass ich eine Weile weggehe, dass ich David verlasse, dass ich an den Palast reise.
Dass ich herausfinde, was mit unserem toten Freund passiert ist.
❤
Kurze Zeit später bin ich auf dem Weg nach Österreich. Mein erster Zwischenstopp ist die Fähre in Dover. Ich schaue aufs Meer, verabschiede mich von England und meinem bisherigen Leben.
Es erschien mir immer undenkbar, mein Zuhause zu verlassen. Zu groß war die Angst, dass es nicht mehr da ist, wenn ich zurückkomme.
Warum ich jetzt gehe, kann ich mir selbst nicht erklären. Ich habe Johns Bitte aus allen Perspektiven betrachtet. Mich dagegen gewehrt, sie als verrückt abgelehnt und in Betracht gezogen.
John hat mir alle Informationen gegeben, die ich brauchen werde. Ich habe jetzt schon mehr über den Palast der Träume und die magische Welt erfahren, als ich wissen wollte. Es hat leider nicht dazu beigetragen, dass ich sie mehr mag.
In der magischen Welt gibt es Hexen und Wächter.
Hexen sind Frauen, deren Fähigkeiten von alltäglichen Kleinigkeiten bis hin zu Dingen reichen, die John haben blass werden lassen, und da ist ein langsames Altern noch harmlos.
Wächter sind die Männer, die einmal eine Hexe beschützt und sich dadurch den Zugang in diese magische Welt verdient haben. Riskier dein Leben, und du darfst mitspielen. Wächter haben keine Magie, sie sterben also in einem meist normalen Lebenszyklus. Aber sie werden am Palast zu einer Art Agenten ausgebildet und schützen die magische Welt.
Warum allerdings sterbliche Männer mächtige Zauberinnen beschützen sollen, die Logik erschließt sich mir nicht so richtig.
In Calais werfe ich das Navi an. Knapp elf Stunden bis zum ersten Ziel. Ich werde in München übernachten. Ich möchte schlafen, und vor allem ausgeruht an meiner neuen Arbeitsstelle ankommen. Auch wenn ich nicht ganz glücklich bin mit diesem Plan, will ich doch einen guten Eindruck machen. Mein Einstellungsgespräch fand lediglich per Videokonferenz statt, trotzdem will ich Mr Mansour keinen Grund geben, seine Zusage zu bereuen, wenn er mich real kennenlernt.
Die erste Stunde bin ich mächtig überfordert davon, dass sich mein Lenkrad plötzlich auf der falschen Seite befindet, doch mit jeder Meile, die ich mehr auf dem europäischen Festland bin, England hinter mir lasse und meiner neuen Arbeitsstelle entgegenfahre, werde ich ruhiger, fühle ich mich freier und gelassener. Und mit jeder Stunde fühle ich mich meiner Aufgabe weniger gewachsen.
Die magische Welt hat mir von Anfang an Angst gemacht. Aber ich habe nie daran gezweifelt, was Yanis mir erzählt hatte, von sich, von Julie, von ihrer Schule.
Ich habe mit Trevor gesprochen, der sich als Wächter herausstellte.
Ich habe mit Yanis’ Eltern gesprochen, auch John ist ein Wächter.
Ich wollte diese Welt nicht kennenlernen, aber ich hatte keine Wahl, weil ich einen Mann geliebt habe, der ihr zum Opfer gefallen ist.
Ich war über so viele Monate verknallt, und dann ging ein Traum in Erfüllung, als wir endlich zusammengekommen sind. Eine Woche, die sich nach so viel mehr angefühlt hat, vor allem nach einer glücklichen Zukunft.
Yanis’ Tod hat mich verändert, und das nicht zum Guten. Früher war ich ein Spielball für viele Kerle, sie wollten sich daten, wollten Spaß. Mit Yanis war alles anders, von Anfang an ehrlich und direkt. Und als er gestorben ist, war ich wieder der unsichere Kerl von vorher, der niemandem weh tun will, der nimmt, was kommt, der nicht mehr für sich einstehen kann, weil er sich aus den Augen verloren hat.
Die Landschaft fliegt an mir vorbei, ich passiere die deutsch-französische