COLD BLACK. Alex Shaw
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу COLD BLACK - Alex Shaw страница 15
Jetzt bückte er sich mit einem Grinsen im Gesicht, um seinen Hund zu streicheln. Er musste daran denken, wie Slotnik auf einer Betriebsfeier wütend geworden war, als ihm Dudka mitgeteilt hatte, was er von ihm hielt. Der Chef hatte sein Wodkaglas auf den Tisch geknallt und war hinausgestürmt. Somit galt Dudka praktisch als Feind im Inneren. Er kam ständig mit seinem Boss ins Gehege, doch seine Leistungen sprachen, verglichen mit jenen von dessen Schergen, für sich. Er war, wie ihm Slotnik ins Gesicht gesagt hatte, ein Widerspruch in sich, »eine lästige Annehmlichkeit«.
Dudka wandte sich ab und machte sich auf den Weg nach Hause, zurück die Karl-Marx- oder besser gesagt Horodezkoho-Straße hinauf – sie war ja umbenannt worden – zu seiner Wohnung, die zwei Minuten von der Zankovezka entfernt war. Auf beiden – die eine mit dem Namen eines politischen Aktivisten, die andere mit jenem einer unpolitischen Schauspielerin – wimmelte es vor Einheimischen und Touristen, die in den überteuerten Boutiquen einkauften. Keine Frage, sein Kollege Pavel Utkin, der dem Antiterrorzentrum des SBU vorstand, würde sich beim Anblick der vielen Sonnenanbeter Sorgen machen, da er in allem Gefahr witterte.
Die zwei stritten sich ständig darum, wer wofür zuständig sei, seine Stelle zur Bekämpfung von Terrorismus oder die des Kollegen für Einsätze gegen Korruption und organisierte Verbrechen. Heutzutage gestaltete sich die Trennung schwierig, denn letztere wurden in zunehmendem Maße begangen, um Anschläge zu finanzieren. Dudka für seinen Teil wünschte sich harmonische Verhältnisse. Es war Utkin, zwanzig Jahre jünger und heiß auf den Spitzenposten, der seine Macht vermehren wollte. Ein Problem bestand auch darin, dass er zu den Männern des Präsidenten zählte.
Dudka musste feststellen, dass er mit, wie die Presse sie nannte, den »Banditen aus Donezk« arbeitete. Die Allgemeinheit war davon ausgegangen, diese Banditen müssten sich bei den Präsidentenwahlen im Januar verdrängen lassen. Die Allgemeinheit hatte sich getäuscht. Im Zuge der Wahl gewannen sie die stärkste Position überhaupt, eben jene des Staatsoberhauptes der Ukraine.
Als Dudka das Appartementgebäude erreichte, nahm er den Aufzug in den dritten Stock. Seine offizielle Mittagspause war vorbei, also brachte er seinen Hund unter und brach zum Büro auf. Er würde den Fußweg nehmen, statt sich in den Wagen zu setzen – ein Vorteil, wenn man mitten in der Stadt wohnte. Bis dorthin waren es siebzehn Minuten, wenn er die Massen auf dem großen Hauptplatz umging. Nachdem er seine Krawatte geknotet und das Jackett wieder angezogen hatte – beide stammten aus dem staatseigenen Zentralkaufhaus ZUM – verließ er das Gebäude und schloss die Eingangstür.
Seit ihrer Abspaltung von der Sowjetunion hatte sich die Ukraine erheblich und doch überhaupt nicht gewandelt, wie er dachte, während er entlang der Zankovezka-Straße zurückkehrte. Die Geschäfte in der Hauptstadt strotzten vor teuren Importwaren, und der Verkehr im Kern hatte um ein Zehnfaches zugenommen, doch hinter der Fassade zogen noch viele aus dem alten Kader die Fäden. Man mochte dem Kommunismus entsagt haben, war aber im Geiste nach wie vor sowjetisch. Die Gesichter hatten sich auch nicht verändert. Erst die nächste Generation konnte das Land im Wesentlichen umkrempeln, und Dudka befürchtete, dass er mit seinen zweiundsiebzig Jahren nicht mehr lange genug leben würde, um zu sehen, wie seine teure Heimat zu voller Blüte reifte.
Seine Zeit war vorbei, und jetzt blieb ihm nichts anderes mehr übrig, als sicherzustellen, dass die Ukraine nicht von innen zersetzt wurde, bevor er sie weiterreichen konnte. Sein eigener Schützling Blaschewitsch gehörte zu den Personen, die die Zukunft des SBU gestalten würden. Er war noch keine fünfunddreißig, also jung und nicht von der sowjetischen Vergangenheit geprägt. Zwei Jahre zuvor hatte er sich zum ersten Mal als würdiger Angestellter bewiesen, als er gemeinsam mit Dudka gegen einen internationalen Ring von Waffenschiebern vorgegangen war. Müsste der Bereichsleiter einen guten Mann in der Schlangengrube nennen, die der Geheimdienst geworden war, dann Witalij Blaschewitsch.
Dudka nahm eine Unterführung auf die andere Seite der Kiewer Hauptader Chreschtschatyk und geriet ins Schnaufen, als er die Prorizna-Straße hinaufging. Die Steigungen hielten ihn fit. Er schätzte sich selbst als robust gebaut, aber ganz bestimmt nicht fett ein. Seine verstorbene Frau allerdings, die Ballerina, hatte ihm ständig eine Diät auferlegen wollen! Auf dem Weg bergab kamen ihm zwei amerikanische Geschäftsleute entgegen. Einer gestikulierte gegenüber dem anderen, der nickte und ein ernstes Gesicht machte. Dudka dachte sich nichts dabei. Vor fünfzehn Jahren hätte jeder Ausländer misstrauische Blicke auf sich gelenkt, doch heute kamen immer mehr Handelsreisende in die Ukraine, wenngleich der internationale Tourismus sie erst noch für sich entdecken musste.
Auch das kriminelle Element hatte »internationale Geschäftsdiversifikation« offenbar zu schätzen gelernt. In den Anfangsjahren hatten sich seine Fälle größtenteils auf versuchte oder tatsächliche Erpressung ausländischer Firmenvertreter belaufen, wohingegen es jetzt selten vorkam, da auch Verbrecher versuchten, über die Grenzen hinweg zu expandieren. Dies bereitete Dudka indes mehr Kopfzerbrechen, weil er sich ins Zeug legen musste, um Verbindungen mit den weltweiten Behörden und Interpol zu festigen. Im Augenblick hatte er jedoch überraschend wenige Fälle zu betreuen. Während der vergangenen zwei Monate war nicht viel passiert. Womöglich lagen die Banditen auf der Lauer und warteten darauf, dass sich die Wogen auf der Politbühne glätteten, bevor sie sich auf das lukrativste »Geschäftsmodell« festlegten … oder, so sann Dudka einmal mehr, sie machten vielleicht einfach nur Ferien.
Hauptquartier des SIS, Vauxhall Cross, London, Großbritannien
Snow ging die Treppe hinauf, um seine verspannten Muskeln zu lockern. Da er zu lange im Stau gestanden hatte, war sein linkes Bein steif geworden. Als er die Etage von Patchems Abteilung erreichte und seine Schenkel leicht aufgewärmt waren, durchquerte er das Großraumbüro und öffnete die Tür zum Empfang des »Sowjetressorts«, wie es die älteren Semester unter den Angestellten immer noch liebevoll nannten. Patchems staubtrockene Sekretärin erlaubte ihm mit einem Nicken, das Büro zu betreten. Drinnen bedeutete ihm sein Vorgesetzter, Platz zu nehmen. Durchs breite Fenster aus dickem Glas fiel das Licht der Vormittagssonne, das die Themse von unten spiegelte.
»Paddy Fox.« Patchem redete nicht lange um den heißen Brei.
Snow nickte. Die dramatischen Aufnahmen der Rettungsaktion, die von manchem überdrehten Journalisten als größte Sensationsvideos seit jenen von der Belagerung der iranischen Botschaft angesehen wurden, hatten Fox zu so etwas wie einem Medienphänomen gemacht – umso mehr durch die hoheitliche Gunst von Umar Al Kabir. Durchgesickert war auch, dass Fox SAS-Veteran sei und in beiden Golfkriegen gedient habe. Die Meinungsmacher, die nichts so sehr liebten wie »Actionhelden« zum Anfassen, bellten lauthals wie ein Rudel Wildhunde nach weiteren Informationen und Fotos. Selbst Großbritanniens bekanntester Ex-Soldat des Secret Air Service, der zum Schreiber geworden war, hatte sich in seiner Zeitungskolumne zu Fox' Taten geäußert.
»Ich weiß, Sie gehörten unterschiedlichen Staffeln an und liegen vom Alter her weit auseinander, doch sind sie sich nicht irgendwann im Lauf der Jahre über den Weg gelaufen?«
»Sind wir tatsächlich, ja.«
Snow ging nicht weiter auf die klirrend kalte Nacht in einem Gebüsch im »Räuberland« von South Armagh ein, als sie beide »The Det« angehört hatten, dem geheimdienstlichen Zweig der Royal Ulster Constabulary. Sie waren dort postiert worden, um Informationen zu einer mutmaßlichen neuen IRA-Zelle einzuholen.
»Was halten Sie von ihm?« Patchem schaute Snow eindringlich mit seinen leuchtend blauen Augen an.
»Ich schätze, die meisten mochten ihn, und jeder brachte ihm Respekt …« Der Ressortleiter fuhr mit einem leicht sarkastischen »Ja, ja« dazwischen. Worauf wollte er hinaus?
»Andererseits brannten ihm schnell die Sicherungen durch. Heute würde er den psychologischen Test bei der Musterung zum Regiment nicht bestehen. Der SIS wollte ihn auch nicht