Ausgewählte Wildwestromane von James Fenimore Cooper. James Fenimore Cooper
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Читать онлайн книгу Ausgewählte Wildwestromane von James Fenimore Cooper - James Fenimore Cooper страница 166
Zwei kräftige Krieger warfen sich über Heyward her, während ein Dritter sich des minder gefährlichen Singmeisters bemächtigte. Keiner der Gefangenen unterlag jedoch ohne einen verzweiflungsvollen Kampf. Selbst David warf seinen Angreifer zur Erde, und Heyward wurde erst bewältigt, als der Sieg über seinen Begleiter die Indianer in den Stand setzte, ihn mit vereinten Kräften anzugreifen. Er wurde gefesselt und an den Stamm des jungen Baumes gebunden, an dessen Aesten Magua den verhängnisvollen Tod des Huronen pantomimisch dargestellt hatte. Als der junge Kriegsmann wieder zur Besinnung kam, hatte er die peinvolle Gewißheit vor Augen daß sie alle ein gemeinsames Schicksal erwarte. Zu seiner Rechten war Cora, gleich ihm an einen Baum gebunden, blaß und aufgeregt, aber mit festem Blicke alle Bewegungen ihrer Feinde verfolgend. Zu seiner Linken leisteten Alice die Weiden, womit man sie an eine Fichte gebunden hatte, einen Dienst, den ihre zitternden Glieder versagten, und schützten ihre zarte Gestalt allein vor einem schnellen Zusammensinken. Ihre Hände hatte sie vor sich, wie zum Gebete gefaltet; statt sich aber aufwärts zu jener Macht emporzurichten, die allein noch retten konnte, wanderten ihre Augen unbewußt und mit kindlicher Abhängigkeit nach Duncan’s Antlitz. David hatte gekämpft, und die Neuheit dieses Umstandes hielt ihn schweigend und in stiller Ueberlegung, ob er daran Recht oder Unrecht gethan habe. Die Rache der Huronen hatte jetzt eine neue Richtung genommen, und sie schickten sich an, dieselbe mit jener raffinirten Grausamkeit zu befriedigen, die seit Jahrhunderten bei ihnen an der Tagesordnung ist. Einige suchten Aeste, um den Holzstoß zu errichten; einer schnitzte die Splitter einer Fichte, um sie brennend den Gefangenen ins Fleisch zu stoßen, während Andere die Wipfel zweier junger Bäume zur Erde bogen, um Heyward mit den Armen daran zu binden und dann zurückschnellen zu lassen. Aber Magua’s Rache suchte einen höhern und noch boshaftern Genuß.
Während die minder raffinirten Ungeheuer der Bande, vor den Augen der Opfer ihrer Rache, diese wohlbekannten und gewöhnlichen Mittel der Marter vorbereiteten, trat er zu Cora, und machte sie mit dem Ausdruck teuflischer Bosheit auf das Schicksal aufmerksam das sie im nächsten Augenblick erwartete:
»Nun!« rief er, »was sagt die Tochter Munro’s? Ihr Haupt ist zu gut, um ein Kissen in dem Wigwam Le Renard’s zu finden; wird sie’s besser haben, wenn es, ein Spielball der Wölfe, um diesen Hügel rollt? Ihr Busen kann nicht die Kinder eines Huronen nähren, sie soll ihn von Indianern angespieen sehen!«
»Was will dieses Ungeheuer?« fragte der erstaunte Heyward.
»Nichts!« war ihre feste Antwort, »Er ist ein Wilder, ein grausamer, unwissender Wilder und weiß nicht, was er thut. Laßt uns mit unsrem letzten Athem Buße und Verzeihung für ihn erflehen!«
»Verzeihung!« echote der wilde Hurone, indem er in seiner Wuth den Sinn der Worte mißverstand: »das Gedächtniß eines Indianers ist länger, als der Arm der Blaßgesichter; sein Erbarmen kürzer, als ihre Gerechtigkeit! Sprich, soll ich die gelben Locken ihrem Vater senden, oder willst du Magua zu den großen Seen folgen, um sein Wasser zu tragen und ihn mit Korn zu nähren?«
Cora winkte ihm mit einer Bewegung des Abscheu’s, den sie nicht zu unterdrücken vermochte, sich zu entfernen. »Verlaß mich!« sprach sie mit einer Feierlichkeit, die für einen Augenblick sogar die Wildheit des Indianers zurückdrängte; »du mischest Bitterkeit in meine Gebete; du stehst zwischen mir und meinem Gott!«
Der leichte Eindruck, den sie auf den Wilden machte, war jedoch bald vorüber und er fuhr mit bitterem Hohn, auf Alice deutend, fort:
»Sieh!« sprach er, »das Kind weint! Sie ist noch zu jung zum Sterben! Schicke sie zu Munro, ihm die grauen Haare zu kämmen und Leben in dem Herzen des alten Mannes zu erhalten.«
Cora konnte dem Verlangen nicht widerstehen, auf die jugendliche Schwester zu schauen, in deren Auge sie einem flehenden Blicke begegnete, der Liebe zum Leben verrieth.
»Was sagt er, liebste Cora? fragte Alice mit zitternder Stimme. »Sprach er davon, mich zu unsern Vater zurückzusenden?«
Einige Augenblicke ruhten die Augen der ältern Schwester auf der jüngern, während in ihren Zügen mächtige und mit einander streitende Gefühle kämpften. Endlich sprach sie, obgleich ihre Töne jene reiche, ruhige Fülle verloren hatten, mit einem Ausdruck fast mütterlicher Zärtlichkeit:
»Alice, der Hurone bietet uns beiden das Leben an – ja, mehr noch als dies; er will sogar Duncan – unsern unschätzbaren Duncan sowohl, als dich, unsern Freunden – unsrem Vater – unserem kinderlosen, unglücklichen Vater zurückgeben, wenn ich diesen rebellischen, eigensinnigen Stolz beuge und mich dazu verstehe –«
Ihre Stimme stockte und ihre Hände faltend blickte sie gen Himmel, als suchte sie in ihrer Todesangst Erleuchtung von der Weisheit des Unendlichen.
»Sprich!« rief Alice; »zu was, theuerste Cora? O daß das Anerbieten mir gemacht würde! euch zu retten, den betagten Vater zu trösten! Duncan zu befreien, wie freudig könnte ich sterben!«
»Sterben!« wiederholte Cora mit einer ruhigem und festeren Stimme, »das wäre leicht! vielleicht ist es die Wahl nicht weniger, die er mir läßt. Er wollte von mir haben,« fuhr sie fort, während ihre Stimme unter dem Bewußtseyn des Entehrenden eines solchen Vorschlages sank, »daß ich ihm in die Wildniß folge, mit ihm zu den Behausungen der Huronen gehe und dort bleibe; kurz, daß ich sein Weib werde! Sprich denn, Alice, theures Kind, Schwester meiner Liebe! Und auch Sie, Major Heyward, helfen Sie meiner schwachen Vernunft mit Ihrem Rathe auf. Darf man das Leben mit einem solchen Opfer erkaufen? Willst du es, Alice, aus meiner Hand um solchen Preis empfangen? Und Sie, Duncan, leiten Sie mich! Verfügt über mich! Euch gehöre ich ganz!«
»Wie?« rief der Jüngling voll Unwillen und Erstaunen. »Cora! Cora! Sie spielen mit unsrem Jammer! Sprechen Sie nicht mehr von dieser entsetzlichen Wahl. Der Gedanke schon ist schrecklicher als tausendfacher Tod!«
»Daß Sie so antworten würden, wußte ich!« rief Cora, während ihre Wange erröthete und ihre dunkeln Augen noch einmal von einer Aufwallung erglänzten, wie sie dem Weibe natürlich war. »Was sagt meine Alice? Ihrer Entscheidung will ich mich ohne Murren unterwerfen.«
Beide, Heyward und Cora, horchten mit peinlicher Erwartung und mit der gespanntesten Aufmerksamkeit, aber keine Antwort erfolgte. Es schien, als sey die zarte und gefühlvolle Alice, nachdem sie diesen Vorschlag gehört, vernichtet in sich selbst zurückgesunken. Ihre Arme hingen herab, die Finger bewegten sich in leichten Zuckungen; ihr Haupt war auf ihren Busen gesunken, und ihre ganze Gestalt schien, ohne eigene Kraft, nur durch ihre Bande am Baume aufrecht erhalten zu werden, gleich einem schönen Sinnbilde verwundeten Zartgefühls ihres Geschlechtes, scheinbar ohne Leben und doch noch des Lebens sich bewußt. In wenigen Augenblicken begann jedoch ihr Haupt sich langsam zu bewegen mit dem Zeichen der innersten, unbezwinglichsten Mißbilligung. »Nein! nein! nein! besser, wir sterben, wie wir zusammen gelebt!«
»So stirb’« schrie Magua, seinen Tomahawk mit Ungestüm gegen die wehrlose Sprecherin werfend, zähneknirschend und mit einer Wuth, die er nicht länger bezwingen konnte, über diesen unerwarteten Beweis von Festigkeit in einem Wesen, welches er für das schwächste unter allen gehalten hatte. Die Axt schwirrte an Heyward’s Stirn vorbei, durchschnitt eine von den flatternden Locken Alicen’s und fuhr über ihren