Ausgewählte Wildwestromane von James Fenimore Cooper. James Fenimore Cooper

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Ausgewählte Wildwestromane von James Fenimore Cooper - James Fenimore Cooper

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      »So einer, wie der, fragt vielleicht wenig nach Haus und Obdach, und der Nachtthau thut Dem Nichts, der den Tag in dem Wasser zubringt,« entgegnete der Kundschafter, Heyward mit so krampfhafter Heftigkeit an der Schulter ergreifend, daß dieser mit Schmerzen inne ward, wie sehr abergläubische Furcht in einem sonst so unerschrockenen Manne die Oberhand gewinnen konnte.

      »Bei Gott! es ist eine Menschengestalt und kommt auf uns zu! Die Waffen bereit, meine Freunde! Wir wissen nicht, mit wem wir’s zu thun haben.«

      »Qui vive?« fragte eine strenge, rasche Stimme, die wie ein Ruf aus einer andern Welt von jener einsamen und unheimlichen Stelle herüberklang.

      »Was will er?« flüsterte der Kundschafter; »er spricht weder indianisch noch englisch.«

      »Qui vive?« wiederholte dieselbe Stimme, und dem Rufe folgte ein Rasseln der Waffen und eine drohende Stellung des Trägers.

      »France,« rief Heyward, aus dem Schatten der Bäume auf das Ufer des Teiches und in die Nähe der Schildwache hervortretend.

      »Woher kommt Ihr? wohin wollt Ihr so früh?« fragte der Grenadier in der Sprache und mit dem Accent eines Mannes aus Altfrankreich.

      »Ich komme vom Rekognosciren und will mich wieder niederlegen«

      »Seyd Ihr ein Offizier des Königs?« –

      »Natürlich, Kamerad; hältst du mich für einen Provincialen? Ich bin Hauptmann bei den Jägern.« (Heyward wußte wohl, daß der Andre von einem Linienregimente war.) »Ich habe die Töchter des Kommandanten der Festung bei mir. Sicher hast du davon gehört – ich nahm sie in der Nähe des andern Forts gefangen, und bringe sie zum General.«

      »Meiner Treu! meine Damen, das ist mir leid für Sie!« rief der junge Soldat, seine Mütze mit Anstand berührend: »Aber so geht’s im Krieg. Sie werden finden, welch braver Mann unser General ist und wie artig gegen Frauen. »Das ist das Auszeichnende eines ächten Kriegsmannes,« versetzte Cora mit bewundernswürdiger Geistesgegenwart und ebenfalls französisch – »lebe wohl, Freund, ich wünschte dir wohl einen angenehmern Beruf zu erfüllen!« Der Soldat salutirte sie höflich für ihre Artigkeit. Nach einem »Gute Nacht, Freund!« von Heyward zogen die Reisenden bedächtig weiter. Die Schildwache, welche wieder am Ufer des Teichs auf und niederging und sich nicht einfallen ließ, daß ein Feind so frech herbeikommen könnte, trillerte beim Anblick der Frauen, der vielleicht Erinnerungen aus seinem fernen und schönen Frankreich in ihm erweckte, die Strophen eines Liedes, das mit den Worten anfängt:

      Vive le vin, vive l’amour, ete.

      »Das war gut, daß Ihr den Schelm verstandet!« flüsterte der Kundschafter, als sie sich ein wenig entfernt hatten, und ließ seine Büchse in die Biegung seines Armes sinken; »ich sah gleich, daß es einer von den unruhigen Franzmännern war; und er that wohl daran, daß er so freundlich sprach, sonst hätte er unter die Gebeine seiner Landsleute gebettet werden können.«

      Hier wurde er von einem langen und heftigen Stöhnen unterbrochen, das aus dem kleinen Wasserbecken kam, als ob die Geister der Hingeschiedenen um ihr Wassergrab spukten.

      »Gewiß hatte Der Fleisch und Bein,« fuhr der Kundschafter fort; »kein Geist hätte sein Gewehr so fest handhaben können.«

      »Hatte Fleisch und Bein; ob aber der arme Schelm noch dieser Welt angehört, muß ich wohl bezweifeln,« erwiederte Heyward, als er, um sich blickend, Chingachgook in ihrem kleinen Zuge vermißte. Ein zweites Stöhnen, schwächer als das erste, folgte auf einen lauten, unheimlichen Sturz in das Wasser, und Alles ward wieder still, als ob die Ufern dieses düstern Teiches seit der Schöpfung nie in ihrer Ruhe gestört worden wären. Während sie noch in Ungewißheit waren, sahen sie die Gestalt des Indianers aus dem Dickichte gleiten. Als der Häuptling wieder zu ihnen herankam, befestigte er den noch rauchenden Skalp des unglücklichen jungen Franzosen an seinem Gürtel und steckte auf der andern Seite das Messer und den Tomahawk, mit seinem Blut gefärbt, an ihre Stelle. Chingachgook nahm seinen gewöhnlichen Platz mit der Miene eines Mannes wieder ein, der ein verdienstliches Werk verrichtet zu haben glaubte. Der Kundschafter ließ das eine Ende seiner Büchse auf die Erde sinken, und mit den Händen auf das andere gestützt, stand er eine Weile in tiefem Nachdenken. Dann schüttelte er traurig den Kopf und murmelte vor sich hin: »Von einer Weißhaut wär’ das ‘ne grausame, unmenschliche Handlung gewesen; aber für den Indianer lag sie in der Natur: das läßt sich, glaube ich, nicht wohl läugnen. Lieber wollt’ ich, ‘s wär’ einem verfluchten Mingo begegnet, als dem lustigen Jungen aus den alten Landen!«

      »Genug,« sprach Heyward, besorgt, die arglosen Schwestern möchten diesen Grund des Aufenthalts errathen, während er seinen Abscheu durch ähnliche Betrachtungen, wie der Jäger, niederkämpfte; »es ist einmal geschehen und läßt sich nicht mehr ändern, obgleich es besser unterblieben wäre. Wir sind, wie Ihr sehet, offenbar in die Vorpostenlinie der Feinde gerathen. Welchen Weg gedenkt Ihr nun einzuschlagen?«

      »Ja,« versetzte Hawkeye, sich wieder erhebend, »ja, so ist es, wir dürfen ‘s uns nicht verfehlen. Die Franzosen haben das Fort wirklich in allem Ernste eingeschlossen, und eine kitzliche Sache ist es, da durchzukommen.«

      »Und nur wenig Zeit bleibt uns dazu!« fügte Heyward bei, indem er seine Augen auf die Dunstmasse heftete, die den niedergehenden Mond verbarg.

      »Und nur wenig Zeit dazu!« wiederholte der Kundschafter. »Die Sache läßt sich mit Hülfe der Vorsehung auf zweierlei Weise angreifen, einen dritten Ausweg weiß ich nicht.«

      »Nennt sie schnell! Die Zeit drängt.«

      »Die Eine wäre, wir ließen die Frauenzimmer absteigen, ihre Thiere auf der Ebene weiden, schickten die Mohikaner voraus, brächen eine Bahn durch die Schildwachen und zögen über deren Leichen in das Fort ein.«

      »Das geht nicht – das geht nicht!« unterbrach der edelmüthige Heyward: »ein Soldat könnte sich vielleicht so durchschlagen, aber nicht in solcher Begleitung.«

      »Es wäre allerdings ein blutiger Pfad, auf dem die zarten Füße geben müßten,« erwiederte mit ähnlichem Widerstreben der Kundschafter: »aber ich glaubte, ihn als Mann nennen zu sollen. Im andern Falle müßen wir wieder zurück, und fast ans dem Bereiche Ihrer Späheörter. Wir wenden uns nach Westen und gehen auf die Berge, wo ich euch Monate lang so verbergen will, daß alle Teufelshunde in Montcalms Sold die Fährte dazu nicht finden sollen.«

      »Thun wir das und zwar augenblicklich!«

      Weitere Worte waren nicht von Nöthen: denn Hawkeye kehrte mit dem einzigen Rufe: »Mir nach!« auf demselben Wege zurück, auf dem sie in diese mißliche und selbst gefährliche Lage gerathen waren. Stillschweigend und vorsichtig gingen sie vorwärts, ohne das geringste Geräusch: denn mit jedem Augenblicke mußten sie befürchten, einer Rundwache oder einem Piquet von Feinden zu begegnen. Während sie still an dem Rande des Teiches vorübergingen, warfen Heyward und der Kundschafter verstohlene Blicke in das unheimliche Dunkel. Vergeblich suchten sie die Gestalt, die so eben noch an seinen stillen Ufern einhergewandelt war, während ein leises und regelmäßiges Anschlagen der kleinen Wellen zeigte, daß die Wasser sich noch nicht wieder beruhigt hatten: ein schreckhaftes Zeugniß für die blutige That, die so kurz zuvor in ihrem Bereiche verübt worden war. Gleich der ganzen flüchtigen und düstern Scene schwand auch das niedrige Wasserbecken schnell in die Finsterniß dahin und vermischte sich mit der Masse schwarzer Gegenstände im Rücken der Reisenden.

      Hawkeye wich bald von der Richtung, der sie bisher auf ihrem Rückwege gefolgt waren, ab, sich aufwärts gegen die Berge wendend,

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