Ausgewählte Wildwestromane von James Fenimore Cooper. James Fenimore Cooper
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Читать онлайн книгу Ausgewählte Wildwestromane von James Fenimore Cooper - James Fenimore Cooper страница 179
Töne anderer Stimmen zogen jedoch seine Aufmerksamkeit auf sich und ließen ihn einen Augenblick seinen Vorsatz vergessen. In einem innern Winkel des Erdwalls traf er auf die beiden Schwestern, welche längs der Brustwehr umherwandelten, um, wie er, die frische Abendluft zu genießen. Er hatte sie seit dem peinlichen Augenblick, wo er sie nur verließ, um für ihre Sicherheit zu sorgen, nicht wieder gesehen. Von Sorge gebeugt und durch Anstrengungen erschöpft hatte er sie verlassen und fand sie jetzt frisch und blühend, obgleich sie immer noch einige Schüchternheit und Unruhe verriethen. Unter solchen Umständen dürfen wir uns nicht wundern, wenn der junge Mann eine Zeit lang alles Andere vergaß, um sie anzureden. Die arglose, jugendliche Alice kam ihm jedoch zuvor.
»Ha, des läßigen, pflichtvergessenen Ritters, der seine Damen mitten in den Schranken verläßt!« rief sie, »Tage, Jahrhunderte warteten wir darauf, daß Sie zu unsern Füßen um Gnade und Verzeihung bitten würden für Ihr feiges Entweichen, Ihre Flucht – denn wirklich flohen Sie mit einer Eile, daß sein angeschossenes Wild, wie unser würdiger Freund, der Kundschafter, sich ausdrücken würde, Ihnen hätte gleichkommen können!«
»Alice spricht, wie Sie wissen werden, von unserm Danke und unsern Segnungen,« setzte die ernstere, besonnenere Cora hinzu. »Wirklich haben wir uns ein wenig gewundert, daß Sie sich so streng von einem Orte entfernt hielten, wo die Dankbarkeit der Töchter in der des Vaters Unterstützung gefunden hätte.«
»Ihr Vater selbst konnte Ihnen sagen, daß ich, obgleich von Ihnen entfernt, um Ihre Sicherheit stets bekümmert war,« erwiederte der junge Mann. »Um den Besitz des Dorfs von Hütten dort,« – er wies auf das benachbarte verschanzte Lager, »ist indessen lebhaft gestritten worden. Wer dieses besitzt, ist bald auch im Besitze des Forts und alles dessen, was sich darin befindet. Meine Tage und Nächte sind seit unsrer Trennung dort vergangen, weil ich glaubte, daß meine Pflicht mich dahin riefe. Aber,« fuhr er mit einer Miene des Unmuths fort, den er vergeblich zu verbergen suchte, »aber hätte ich geglaubt, daß Soldatenpflicht so ausgelegt werden könnte, so wäre Scham noch zu der Zahl meiner Gründe gekommen!«
»Heyward! – Duncan!« rief Alice, sich vorwärts beugend, um in sein halb angewandtes Antlitz zu sehen, bis eine Locke ihres goldenen Haars auf ihrer Wange ruhen blieb und die Thräne verbarg, die ihrem Auge entquoll: »könnte ich glauben, daß diese geschwätzige Zunge Ihnen wehe gethan, so wollte ich sie zu ewigem Stillschweigen verdammen. Cora mag sagen, wenn sie will, wie hoch wir Ihre Dienste geschätzt haben, und wie innig, wie inbrünstig unsere Dankbarkeit ist.«
»Und wird Cora die Wahrheit davon bezeugen?« rief Duncan, indeß ein Lächeln innigen Vergnügens die Wolken des Mißmuths von seiner Stirne trieb. »Was sagt unsre ernste Schwester? Wird sie für die Vernachläßigung des Ritters eine Entschuldigung in der Pflicht des Soldaten finden?«
Cora antwortete nicht sogleich, sondern wandte ihr Gesicht auf das Wasser, als ob sie beobachtete, was auf dem Horican vorgehe. Als sie ihr dunkles Auge auf den jungen Mann richtete, lag ein solcher Ausdruck von Bangigkeit darin, daß er jeden andern Gedanken, als den herzlicher Besorgniß, aus seinem Gemüthe verdrängte.
»Sie sind nicht wohl, theuerste Miß Munro?« rief er; »wir konnten scherzen, während Sie leiden!«
»Es ist Nichts,« antwortete sie, indem sie seinen angebotenen Arm mit weiblicher Zurückhaltung ablehnte. »Daß ich das Leben nicht von seiner Sonnenseite betrachten kann, wie diese harmlose, glühende Schwärmerin,« fuhr sie fort, indem sie ihre Hand leicht, aber zärtlich auf den Arm ihrer Schwester legte, »ist die Schuld der Erfahrung und vielleicht ein unglücklicher Zug meines Wesens. Sehen Sie,« fügte sie hinzu, als wollte sie aus Pflichtgefühl sich aller Schwäche entschlagen, »blicken Sie um sich, Major Heyward, und sagen Sie mir, welche Aussicht dies ist für die Tochter eines Soldaten, dessen größtes Glück seine Ehre und sein Kriegsruf ist.«
»Beide sollen und können nicht befleckt werden durch Umstände, denen er nicht gebieten kann,« erwiederte Duncan mit Wärme. »Aber Ihre Worte rufen mich zu meiner eigenen Pflicht zurück, Ich gehe jetzt zu Ihrem ritterlichen Vater, um seinen Entschluß in Dingen von höchster Wichtigkeit, unsere Vertheidigung betreffend, zu vernehmen, Gott segne Sie in jeglichem Geschick, edle Cora, – denn so kann und muß ich Sie nennen.« Sie reichte ihm frei die Hand, obgleich ihre Lippe bebte, und ihre Wangen allmälig eine Todtenblässe überschlich. »In jeglichem Geschick werden Sie, ich bin’s gewiß, eine ehrenreiche Zierde Ihres Geschlechtes seyn. – Alice, adieu!« – sein Ton ging von Bewunderung in Zärtlichkeit über – »Adieu, Alice: wir werden uns bald wiedersehen, als Sieger hoffe ich, und unter Freudenbezeugungen!« Ohne die Antwort einer der Schwestern zu erwarten, eilte der junge Mann die Rasenstufen der Bastion hinab, mit raschen Schritten über den Paradeplatz und stand nach kurzer Weile vor ihrem Vater. Munro ging, als Duncan eintrat, mit unruhiger Miene und Riesenschritten in dem engen Zimmer auf und nieder.
»Sie sind meinen Wünschen zuvorgekommen, Major Heyward,« sagte er, »ich wollte Sie eben um die Ehre Ihres Besuches bitten lassen.«
»Mit Bedauern sah ich den Boten, den ich so warm empfohlen, unter dem Gewahrsam der Franzosen zurückkehren! Ich hoffe, Sie haben keinen Grund, in seine Treue Zweifel zu setzen,«
»Die Treue der ›langen Büchse‹ ist mir Wohl bekannt,« versetzte Munro, »und über allen Zweifel erhaben: aber sein gutes Glück scheint ihn endlich verlassen zu haben, Montcalm hat ihn gefaßt und mit der verdammten Artigkeit seines Volkes ihn mir wieder zugesandt unter der demüthigenden Erklärung: da er wisse, wie große Stücke ich auf den Burschen halte, so wolle er mir ihn nicht vorenthalten, Eine jesuitische Manier, Major Heyward, einem Manne zu sagen, daß er im Unglück ist!«
»Aber der General und seine Hilfe?«
»Sahen Sie nach dem Süden, als Sie hereinkamen, und konnten Sie noch Nichts von ihnen erblicken?« fragte der alte Soldat, bitter lachend: »gehen Sie! gehen Sie, Sie sind ein ungeduldiger Knabe, Sir, und wollen den Herren keine Zeit zum Marschiren lassen!«
»So kommen sie denn! Hat der Kundschafter davon gesagt?«
»Wann? und auf welchem Wege? Das hat der Dummkopf mir nicht gesagt. Es war ein Brief vorhanden, und das ist das einzige Erfreuliche bei der Sache. Was die gewohnten Aufmerksamkeiten Ihres Marquis von Montcalm betrifft – ich stehe dafür, Duncan, Der von Lothian konnte ein Dutzend solcher Marquisate kaufen – wenn die Nachrichten in dem Briefe schlimm lauteten, so würde diesem französischen Herrn die Artigkeit gewiß nicht erlauben, sie uns zu verschweigen.«
»Er behält also den Brief und läßt den Boten frei?«
»Ja, und das Alles aus sogenannter Bonhommie. Ich wollte wetten, wenn man die Wahrheit wüßte, so würde sich finden, laß des Burschen Großvater in der edeln Kunst des Tanzens unterrichtet hat.«
»Aber was sagt denn der Kundschafter? Er hat Augen und Ohren und eine Zunge: wie lautet sein mündlicher Bericht?«
»Oh! Sir, an den natürlichen Organen fehlt’s ihm nicht, und er bedenkt sich auch nicht, zu sagen, was er gehört und gesehen hat. Alles aber lauft darauf hinaus: an den Ufern des Hudson befindet sich ein Fort Sr. Majestät, zu Ehren Sr. königlichen Hoheit des Prinzen von York, Edward genannt, wie Sie wissen, und ist wohl gefüllt mit Bewaffneten, wie es einem solchen Werke ziemt.«
»Bemerkte er keine Bewegung, keine Zeichen, daß man uns zu Hülfe kommen wolle?« –
»‘s gab Morgen-und Abendparaden,