Ausgewählte Wildwestromane von James Fenimore Cooper. James Fenimore Cooper
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Ausgewählte Wildwestromane von James Fenimore Cooper - James Fenimore Cooper страница 92
»Ein Teil davon beruht auf eigener Wahrnehmung; denn ich sah den Schlitten, obwohl er in paar Tage nachher zusammengeschlagen und verbrannt wurde. Ich habe dir auch ferner gesagt, daß ich den alten Mann mit seinen Spaten und Karsten bemerkte. In der Nacht, als Natty mit seinem Schlitten ankam, begegnete ihm Hiram bei Gelegenheit eines Ganges ins Gebirge, und da Hiram ein gutmütiger Bursche ist, so erbot er sich ganz dienstfertig, dem alten Mann bei seiner Last zu helfen; denn er hatte schwer den Berg hinan zu ziehen. Natty wollte aber durchaus nichts davon wissen und wies das Anerbieten in einer Weise zurück, daß der Squire erklärte, er habe im Sinn gehabt, ihm den Frieden aufzukündigen. Seit der Schnee weg und hauptsächlich seit der Grund aufgetaut ist, haben wir stets ein wachsames Auge auf den Alten gehabt wobei uns Jotham gute Dienste leistete.«
Marmaduke wollten Richards Verbündete in dieser Angelegenheit nicht sonderlich zusagen; er kannte sie aber als schlaue und gewandte Leute, und da wirklich irgend etwas Geheimnisvolles nicht nur in der Verbindung des jungen Edwards mit den beiden Jägern, sondern auch in dem lag, was sein Vetter eben berichtet hatte, so begann er, die Umstände sorgfältiger zu erwägen. Bei weiterem Nachdenken erinnerte er sich verschiedener Vorfälle, die den Argwohn bekräftigen halfen, und da Richards Folgerungen mit einer seiner Schwächen zusammentrafen, so gab er sich desto bereitwilliger ihrem Eindruck hin. Die besondere Stellung des Richters Temple hatte es mit sich gebracht, daß sein umfassender Geist bei allen Plänen für Verbesserungen von Grund und Boden sich stets schon die ferne Zukunft vergegenwärtigte. Wo andere Leute nichts als eine Wildnis gewahr werden konnten, sah sein Auge bereits Städte, Fabriken, Brücken, Kanäle, Minen und alle anderen Hilfsquellen eines alten Landes, obgleich sein gesunder Verstand ihn einigermaßen daran hinderte, solchen Erwartungen Worte zu leihen.
Da der Sheriff seinem Vetter hinreichend Zeit ließ, über das Gehörte nachzudenken, so wurde es diesem mit jedem Augenblick wahrscheinlicher, daß nur irgendein Geld verheißendes Abenteuer das bindende Glied in der Kette sei, die Oliver Edwards in Lederstrumpfs Hütte geführt hatte. Marmaduke war aber zu sehr gewöhnt, einen Gegenstand aus verschiedenen Gesichtspunkten zu betrachten, als daß ihm die möglichen Einwürfe hätten entgehen sollen, weshalb er vor sich hinmurmelte:
»Es kann unmöglich so sein; denn der junge Mensch wäre sonst wohl nicht an den äußersten Rand der Armut getrieben worden.«
»Gibt es wohl einen augenfälligeren Grund, nach Geld zu graben, als die Armut?« rief der Sheriff.
»Außerdem verdankt Oliver seiner Erziehung eine gewisse Würde des Charakters, die sich nicht mit einem so heimlichen Treiben verträgt.«
»Könnte ein unwissender Tropf wohl Metall schmelzen?« fuhr Richard fort.
»Beß sagte mir, er habe den letzten Schilling ausgegeben, als ich ihn in unsere Wohnung nahm.«
»Für das andere hat er Werkzeuge gekauft. Und würde er überhaupt seinen letzten Heller für einen Schuß auf einen Truthahn ausgegeben haben, wenn er nicht gewußt hätte, wo er mehr holen könne?«
»Sollte es möglich sein, daß ich so lange zum besten gehalten worden wäre? Sein Benehmen ist zuweilen roh gegen mich gewesen; aber ich schrieb es dem Umstand zu, daß er wähnt, durch mich beeinträchtigt zu sein, und daß er sich in die Veränderungen, welche die Zeit mit sich führt, nicht recht zu finden weiß.«
»Hat man dich nicht dein ganzes Leben über zum besten gehalten, Duke? Und kann er sich nicht schlauerweise anstellen, als wisse er nichts von den Verhältnissen der Zeit, nur um seinen wahren Charakter zu verbergen?«
»Wenn er es auf Täuschung abgesehen hätte, so würde er wohl seine Kenntnisse verborgen haben und in der Maske eines untergeordneten Menschen aufgetreten sein.«
»So etwas geht nicht so leicht. Ich könnte ebensogut einen Versuch mit dem Fliegen machen als einen Pinsel spielen. Kenntnisse lassen sich nicht verbergen wie ein Licht unter einem Scheffel.«
»Richard«, sagte der Richter, zu seinem Vetter gewendet, »es gibt viele Gründe gegen die Wahrscheinlichkeit deiner Vermutungen, aber du hast einen Verdacht in mir geweckt, den ich zur Gewißheit bringen muß. Doch wohin geht jetzt unsere Wanderung?«
»Jotham, der in meinem und Hirams Auftrage sich viel im Gebirge aufhielt, hat eine Entdeckung gemacht, die er zur Zeit noch nicht mitteilen will, da er, wie er sagt, durch einen Eid gebunden ist. Nur so viel ist gewiß, daß er weiß, wo das Erz liegt, und daß er zu graben angefangen hat. Ich wollte ohne dein Vorwissen nicht darauf eingehen, Duke, weil das Land dein Eigentum ist. Und nun kennst du den Zweck unseres Rittes. Ich nenne dies eine Gegenmine. – Ha! ha!«
»Und wo wäre die ersehnte Stelle?« fragte der Richter mit halb scherzender, halb ernster Miene.
»Nicht mehr weit, und wenn wir sie besucht haben, so will ich dir einen von den Plätzen zeigen, den wir vor einer Woche aufgefunden, und wo seit sechs Monaten unsere Jäger ihr Wesen getrieben haben.«
Die beiden Reiter fuhren fort, den Gegenstand zu besprechen, während ihre Pferde unter den Baumzweigen und über den unebenen Boden des Gebirges weitertrabten. Sie erreichten bald das Ziel ihrer Reise und fanden dort Jotham bis an den Hals in einem Loch stecken, das er ausgegraben hatte.
Marmaduke fragte den Schatzgräber umständlich über die Gründe aus, die ihn veranlaßt hatten, gerade in dieser Gegend das kostbare Metall zu suchen; aber der Kerl entfaltete eine beharrliche Geheimnistuerei in seinen Antworten. Er behauptete, aus gewichtigen Gründen zu handeln, und fragte den Richter mit einem Ernst, der bewies, wie fest sein Glaube war, wieviel ihm von dem Gewinn zuteil werden sollte, wenn seine Bemühungen zu einem Erfolg führten. Nachdem der Richter eine Stunde an der Stelle verweilt, das Gestein untersucht und nach den gewöhnlichen Anzeichen, welche die Nähe von Erz verkünden, gespäht hatte, ließ er sich von seinem Vetter nach der Stelle führen, wo das geheimnisvolle Triumvirat seine Grabungen angestellt hatte.
Der von Jotham ausgewählte Ort befand sich an der Rückseite des Berges, der über Lederstrumpfs Hütte herabhing, und der von Natty und seinen Gefährten gewählte Platz befand sich auf der andern Seite desselben Berges, aber oberhalb des Fahrwegs und natürlich in einer Richtung, derjenigen ganz entgegengesetzt, welche die Damen für ihren Spaziergang eingeschlagen hatten.
»Wir können uns jetzt ohne Störung der Stelle nähern«, sagte Richard, während sie abstiegen und ihre Pferde anbanden, »denn ich habe, ehe wir von Hause weggingen, John und Lederstrumpf in ihrem Kahne fischen sehen, und Oliver ist in derselben Absicht ausgezogen. Vielleicht tun sie’s aber bloß zum Schein, um unsere Augen irrezuführen; wir wollen uns daher beeilen; denn es wäre doch gerade nichts Angenehmes, wenn sie uns hier überraschten.«
»Wie? Auf meinem eigenen Grund und Boden?« versetzte Marmaduke ernst. »Wenn es so ist, wie du vermutest, so sollen sie mir den Grund angeben, warum sie hier gegraben haben.«
»St«, entgegnete Richard, indem er einen Finger an seine Lippen legte und einen sehr mühsamen Abhang hinab zu einer Art natürlicher Höhle im Felsen, die einem Feuerplatze nicht unähnlich war, voranging. An der Vorderseite dieser Höhle lag ein Haufen Erde, die augenscheinlich aus dem Innern herausgeschafft worden und zum Teil noch frisch war. Eine Untersuchung des Äußeren brachte den Richter nicht ins klare, ob er es hier mit einem Spiel der Natur oder einem Werk von Menschenhand aus irgendeiner früheren Periode zu tun habe. Das Innere aber ließ keinen Zweifel, daß es seine Gestaltung menschlicher Bemühung verdankte; denn an dem weichen bleifarbigen Fels, der sich den Fortschritten der Häuer in den Weg gelegt hatte, waren noch die Spuren der Eisenwerkzeuge zu entdecken. Das Ganze bildete eine ungefähr zwanzig Fuß weite und fast noch einmal so tiefe Höhle.