Ausgewählte Wildwestromane von James Fenimore Cooper. James Fenimore Cooper
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Inzwischen ging bei der Hütte ein Auftritt vor, der die wohlwollenden Absichten zugunsten Lederstrumpfs völlig vereitelte und mit einem Male die Harmonie zwischen dem Richter und dem Jüngling zerstörte.
Sobald Hiram Doolittle die Haussuchungsvollmacht in der Tasche hatte, war es sein erstes Geschäft, einen geeigneten Vollstrecker aufzusuchen. Der Sheriff war abwesend, um in Person das Amt des Gerichtsboten zu versehen; sein im Dorf wohnender Gehilfe besuchte in der gleichen Absicht die verschiedenen Teile der Niederlassung, und der regelmäßige Konstabler des Fleckens hatte seine Stellung nur dem Mitleid zu danken, da er an einem Bein gelähmt war. Hiram beabsichtigte, den Bevollmächtigten als Zuschauer zu begleiten, ohne sich jedoch sehr danach zu sehnen, förmlich an dem Treffen teilzunehmen. Außerdem war es Sonnabend, und die Sonne warf bereits die Schatten der Fichten gegen Osten. Die gewissenhafte Magistratsperson wollte ihre Seele nicht mit der Sünde belasten, ein solches Geschäft am Sonntag vorzunehmen, und am Montag waren das Wildbret und alle Spuren des erlegten Hirsches wahrscheinlich schon längst verborgen und vernichtet. Da traf glücklicherweise sein Auge auf die umherschlendernde Gestalt Billy Kirbys, und der um ähnliche Auskunftsmittel nie verlegene Hiram sah mit einem Male einen Ausweg.
Der in die Sache mitverflochtene Jotham, der auf Geheiß seines Beschützers das Gebirge verlassen hatte, aber unglücklicherweise Hirams Nervenschwäche teilte, wurde beauftragt, den Holzfäller nach der Wohnung des Friedensrichters zu bescheiden.
Als Billy erschien, wurde er – freilich, nachdem er sich bereits gesetzt hatte – höflich eingeladen, einen Stuhl zu nehmen, und mit soviel Achtung behandelt, als befände er sich seinesgleichen gegenüber.
»Richter Temple ist fest entschlossen, dem Jagdgesetz Kraft zu geben«, begann Hiram, nachdem die Höflichkeitspräliminarien vorüber waren, »und da wegen eines erlegten Hirsches eine Klage eingereicht worden ist, so hat er einen Haussuchungsbefehl ausgefertigt und mich rufen lassen, damit ich einen Vollstrecker desselben ausfindig mache.«
Kirby, der keinen Begriff davon hatte, daß er von der Beratung einer Sache, in welcher er verwendet werden sollte, ausgeschlossen bleiben könne, warf seinen buschigen Kopf nachdenkend in die Höhe und begann nach kurzem Besinnen einige Fragen zu stellen.
»Ist denn der Sheriff nicht zu haben?«
»Er läßt sich nicht auffinden »
»Und sein Gehilfe?«
»Beide befinden sich an der Grenze des Patents.«
»Aber ich sah erst vor einer Stunde noch den Konstabler durch den Flecken hinken.«
»Ja, ja«, entgegnete Hiram mit gewinnendem Lächeln und einem schlauen Kopfnicken. »Aber für dieses Geschäft braucht man einen Mann, keinen Krüppel.«
»Ei«, erwiderte Kirby lachend; »glaubt Ihr, der Bursche werde Widerstand leisten?«
»Er ist zuzeiten etwas händelsüchtig und hält sich für den besten Ringer im Bezirk.«
»Ich hörte ihn einmal dicktun«, fügte Jotham bei, »daß es zwischen den Mohawk-Ebenen und der pennsylvanischen Grenze keinen Mann gebe, der sich im Faustkampf mit ihm messen könne.«
»Meint er?« rief Kirby, indem er seinen riesigen Körper wie ein in seinem Lager sich streckender Löwe vom Sitz aufrichtete. »Ich schätze wohl, daß er nie die Knöchel einer Vermonter Faust auf seinem Rückgrat gefühlt hat Aber von wem ist die Rede?«
»Nun«, sagte Jotham, »es ist –«
»Es ist gegen das Gesetz, einen Namen zu nennen«, fiel Hiram ein, »solange Ihr Euch nicht zum Dienst verpflichtet habt Ihr seid ganz der Mann, es mit ihm aufzunehmen, Bill, und wenn Ihr ein Stück Geld verdienen wollt, so sollt Ihr in einer Minute speziell beauftragt sein.«
»Und wie ist’s mit dem Stück Geld?« versetzte Kirby, indem er seine breite Hand auf die Blätter eines Statutenbuchs legte, das Hiram aufgeschlagen hatte, um seinem Amt einen würdevolleren Anstrich zu verleihen. Der Holzfäller warf in seiner rauhen Weise die Blätter hin und her, als ob er sich über eine Sache besinne, in welcher er allerdings bereits einen Entschluß gefaßt hatte, und fügte bei: »Wird es einen auch für ein Loch im Kopfe schadlos halten?«
»Ihr werdet damit zufrieden sein«, erklärte Hiram.
»Ei, zum Henker mit dem Gelde«, entgegnete Kirby abermals lachend. »Der Kerl hält sich also für den besten Ringer im Gebirge. Wieviel Zoll mißt er?«
»Er ist höher als Ihr«, erwiderte Jotham, »und einer der größten –«
»Schwätzer«, wollte er beifügen, aber Kirbys Ungeduld ließ ihm keine Zeit. Der Holzfäller zeigte dabei nichts Rohes oder gar Wildes in seinem Äußeren, sondern einfach den Ausdruck einer gutmütigen Eitelkeit. Er tat sich augenscheinlich etwas auf seine physischen Kräfte zugute, wie es bei allen der Fall ist, die sich auf nichts Besseres etwas einbilden können, weshalb er seine breite Hand mit nach unten gekehrter Fläche ausreckte und, seine eigenen Knochen und Muskeln betrachtend, erwiderte:
»Nun, so lest mir die Eidesformel vor. Ich will schwören; und Ihr sollt sehen, daß ich der Mann dazu bin, meinen Eid zu halten.«
Hiram ließ dem Holzfäller keine Zeit, seine Gesinnung zu ändern, weshalb auch die Vereidigung unverzüglich vorgenommen wurde. Sobald diese Einleitung getroffen war, verließen die drei Ehrenmänner das Haus und begaben sich auf dem nächsten Weg nach der Hütte. Sie hatten bereits das Ufer des Sees erreicht und wollten eben von der Landstraße abbiegen, als es Kirby einfiel, daß er nun wohl zur Mitwisserschaft berechtigt sei, weshalb er seine Frage nach dem Namen des Gesetzesübertreters wiederholte.
»Wohin, wohin, Squire?« rief der zähe Holzfäller. »Ich meinte, Ihr brauchtet mich für ein Haus und nicht für die Wälder. Diese Seite des Sees ist auf sechs Meilen hin unbewohnt, wenn man nicht Lederstrumpf und den alten John als Ansiedler zählt. Nennt mir einmal den Namen des Burschen, und ich stehe Euch dafür, daß ich Euch auf einem weit geraderen Pfad, als dieser ist, nach seiner Lichtung führe; denn ich kenne jeden Schößling, der auf zwei Meilen im Umkreis von Templeton wächst.«
»Wir sind auf dem rechten Weg«, versetzte Hiram, indem er vor sich hindeutete und seine Schritte beschleunigte, als fürchte er, Kirby möchte ihn verlassen, »und Bomppo ist der Mann, den wir suchen.« Kirby blieb stehen und sah erstaunt seine Begleiter einen nach dem anderen an; dann brach er in lautes Lachen aus und rief:
»Was? Der Lederstrumpf? Er mag meinetwegen mit seinem Zielen und seiner Büchse dicktun, und zwar mit Recht; denn seit ich ihn die Taube schießen sah, muß ich zugeben, daß ich nicht an ihn heran kann; was aber das Ringen anbelangt – ei, zum Henker, da nehme ich den Kerl zwischen meine Finger und meinen Daumen und binde ihn mir als ein Barcelonahalstuch um. Der Mann zählt seine siebzig und ist wegen seiner Stärke nie in sonderlichem Ruf gewesen!«
»Er ist ein arglistiger Mensch wie alle Jäger und dabei stärker, als er aussieht«, sagte Hiram. »Zudem hat er eine Büchse.«
»Ich schere mich nicht so viel um seine Büchse«, rief Billy, »denn er wird mir ebensowenig damit tun, als er vor mir durchgehen wird. Er ist ein harmloser, alter Bursche, und ich gestehe offen, ich meine, er habe so gut das Recht, einen Hirsch zu schießen, als irgendein Mann im ganzen Patent. Er zieht davon seinen Unterhalt, und wir wohnen in einem freien Land, wo es jedem