durch Zulassung von Zahlungen in quo potuerit vollends entspricht ähnlichen Vereinbarungen in Privatkontrakten und überhaupt der Funktion, welche das »Geld« als solches im Verkehr der altorientalischen Welt einnahm. Der phönizische Handel kannte ja während der ganzen Zeit seiner eigentlichen Blüte (auch in Karthago bis ins 4. Jahrh.) die Münze im modernen Rechtssinn nicht. In Babylon finden wir eine anfangs nicht nur der Münzen, sondern auch des regelmäßigen effektiven Geldgebrauchs im Binnenverkehr entbehrende, trotzdem aber hoch entwickelte Naturaltausch-Technik. Das Geld, im altbabylonischen Reich noch Silber in Gebrauchsgutsform (Ringe) und nach Gewicht, funktioniert zwar auch als Preisgut, aber hauptsächlich als Wertmesser der in natura gegeneinander getauschten Güter, als effektives Tauschmittel dagegen im inneren Verkehr (wie in Aegypten) meist nur für die in natura nicht auszugleichenden Wertunterschiede. Erst spät nimmt es eine Art von Münzform an, – zuerst, wie es scheint, mittels Privatbeglaubigung des Gewichts durch renommierte Firmen: es kommen »Fünftelsekelstücke mit dem Stempel des X« urkundlich vor –, und beginnt erst damit allmählich die effektive Preisgutfunktion zu monopolisieren. Im altbabylonischen Reich werden noch oft Datteln gegen Korn, Häuser gegen Felder getauscht, hier und da mit Ausgleichung des Preisüberschusses durch Silber. Daneben treten dann höchst komplexe Tauschakte auf, bei denen nur die Abschätzung der beiderseitigen Waren in Silber den Tausch ermöglicht: so ein Tausch von Land gegen 816 Sekel Silber, von denen 100 durch einen Wagen, 300 durch 6 Pferdezeuge, 130 durch einen Esel, 50 durch ein Eselgerät, 30 durch ein Rind, der Rest in kleinen Posten durch Oel, Kleider usw. belegt werden. Für diesen Verkehr nun waren gerade wegen seines Charakters als Naturalienverkehr, bankartige Unternehmungen früh als Vermittelungs- und Ausgleichstellen unentbehrlich. Der »Geldmann« ist eine dem Codex Hammurabi geläufige Kategorie. Wir finden die Verwertung der Naturalieneinkünfte durch Berufshändler, welche Korn-, Datteln- usw. Konti neben den Silberkonti führen. Ferner einen höchst eigenartigen Verkehr mit Anweisungen auf diese Naturalienguthaben, selbst mit einer Art von Lagerscheinen au porteur, welcher der näheren Analyse bedarf und wert ist: wahrscheinlich entlehnte er seine Formen ursprünglich der Verwaltung der königlichen Magazin- und der Tempeleinkünfte. – Die Tempel sind in Babylon Korn- und Geldverleiher größten Maßstabes, – ursprünglich wohl neben den königlichen Magazinen, den Angehörigen des königlichen Hauses (die urkundlich als solche vorkommen) und manchen »Großen« des Staates die einzigen, die daraus eine kontinuierliche Einnahmequelle machen. Da mit jeder Kolonieanlage das »Aufschütten« der Korntribute der betreffenden Gegend in einem (meist einem Tempel angegliederten) Magazin verbunden ist, überwog überall ihre Stellung die der Privaten. Aber auch die später neben ihnen stehenden privaten »Bank«-Geschäfte gelangten zu offenbar beträchtlichem Umfang. – Fast alle Hauptgeschäftsformen der Geldwirtschaft sind – wennschon zumeist noch archaistisch – vorgebildet. Jene oben erwähnten Naturaldarlehen – in Korn, Datteln, Ziegelsteinen usw. – stehen neben Darlehen in Sekeln (wobei vermutlich oft diese Sekel nur den Vertragswert der gegebenen Naturalien darstellten) mit Zinsen, die beim Korndarlehen in Höhe von 1/3 des Schuldbetrags vorkommen, beim Gelddarlehen häufig den recht niedrigen Satz von 1/5 betragen. Es findet sich das Pfand, bei Sklaven und im Grundstücksverkehr als Antichrese (z.B. zinsloses Gelddarlehen gegen mietlose Hausbenutzung) und auch als Bodenhypothek, zunächst noch ohne klare rechtliche Entwicklung von Nachhypotheken; später zeigt der gelegentliche ausdrückliche Vorbehalt des Rechts des Gläubigers vor anderen Befriedigung zu suchen, oder die Feststellung, daß ein verpfändetes Grundstück schon anderweit belastet sei, daß dies Hypothekenrecht ungefähr dem hellenischen entspricht (so jedenfalls in der Perserzeit). Es taucht ferner die diskontinuierliche kapitalistische Unternehmung und zwar insbesondere in ihrer auch unser frühes Mittelalter beherrschenden charakteristischen primitiven Form – der Kommenda – auf. Ihre Wurzeln gehen auseinander. Ein Teil entstammt vielleicht der Landwirtschaft (obwohl es wahrscheinlicher ist, daß die Sozietätsverhältnisse, z.B. in der Meliorationspacht, umgekehrt dem Handel nachgebildet sind). Es finden sich neben den schon erwähnten Parzellenverpachtungen an Rückenbesitzer gegen Anteil (meist 1/3) oder festem Natural- oder Geldzins: 1. die Großverpachtung von fundi instructi seitens der Tempel, 2. neben der langfristigen Anpflanzungspacht (der Vorläuferin der hellenistischen Emphyteuse) die Neubruchskommenda: Der Kommendanehmer baut – so scheint das Verhältnis – auf dem Land seine Hütte, lebt von den Früchten, gibt in den ersten Jahren »Vorgewinn« von dem, was über seinen Bedarf hinaus geerntet wird und teilt später den Ertrag mit dem Kommendanten in natura, z.B. nach dem Codex Hammurabi das zur Aufschonung übernommene Land nach 5 Jahren. Schon im altbabylonischen Recht findet sich als Parallelerscheinung die Waren- und Geldkommenda als Form der Kapitalanlage im auswärtigen Handel, mit noch vielfach in der Deutung unsicheren, im Prinzip aber den mittelalterlichen islamitischen und genuesischen gleichartigen Bestimmungen (nur meist 1/2-Anteil des Kommendatars am Gewinn statt der typischen genueser quarta proficui). Später begegnet auch die Kramladenkommenda als Form der kapitalistischen Binnenunternehmung. – Wie weit sich in Alt-Mesopotamien in der Zeit vor dem Eindringen des Hellenismus Steuerpacht entwickelt hat, bedürfte der genauen Untersuchung. Mir ist ihr Vorkommen bisher nicht sicher bekannt geworden. Noch unter Artaxerxes findet sich in größtem Maßstabe die vorschußweise Leistung von Naturalabgaben der Grundbesitzer durch eine Firma, welche dagegen durch Hypothek von den Steuerschuldnern gesichert wird. Insbesondere scheint diese Intervention des Kapitals da zu erfolgen, wo Getreide- (bzw. Mehl-) Lieferungen dem König geschuldet werden, der Schuldner aber das pflichtige Land z.B. als Dattelplantage angelegt hat. Der Gläubiger kauft das Mehl und liefert es dem König, erhält dafür vom Schuldner Datteln und verkauft diese. – Es findet sich ferner (nachweislich in persischer Zeit) Mietswucher im großen, wobei der Vermieter oft vielleicht nur antichretischer Pfandgläubiger war. –
Im Gewerbe steht neben dem im Codex Hammurabi der Lohntarifierung unterworfenen »Lohnwerker« der Bücherschen Terminologie: – Weber, Schneider, Schmiede, auch Goldschmiede z.B. erhalten vom Kunden den Rohstoff zugewogen – der »Preiswerker«: – Buntweber z. B. scheinen dahin zu gehören, bei Tischlern u.a. ist dies an sich höchst wahrscheinlich, – und später die Ausnutzung von Sklaven in Form der gewerblichen Absatzproduktion, aber regelmäßig nicht im Sklavengroßbetriebe, sondern als unfreie Kommenda eines Pekuliums seitens des Herrn an den Sklaven. Insbesondere findet sich auch, als einzige Form der »unternehmungsweisen« Organisation industrieller Arbeit, die »unfreie Heimarbeit«, speziell bei den Tempelsklaven, welche den Rohstoff und oft auch die Geräte zugeteilt erhalten und das Produkt abliefern. Der königlichen Robotthandwerker der ältesten Zeit wurde bereits oben gedacht. Auch in Urkunden aus späterer (auch persischer) Zeit finden sich der König und die Prinzen im Besitz gelernter Handwerker als Sklaven (bei denen z.B. Privatleute andere Sklaven in die Lehre geben). Wie im einzelnen das »freie« Gewerbe und die Arbeit für Private und den »Markt« sich im Verhältnis zu den Leiturgien entwickelt hat, ist aus den Quellen nicht zu entnehmen; die Uebergänge waren naturgemäß flüssig und von dem Leiturgienbedarf des Königs, der Zahl der Handwerker, dem Vorhandensein von kriegsgefangenen gelernten Handwerkern abhängig. Jedenfalls sind unfreie Handwerker als Lehrherren fremder Sklaven in den Urkunden häufig. Die Ausnutzung der Handwerkssklaven als Rentenfonds (mandaku = »Obrok«) war namentlich in der späteren Zeit die Regel. Die Sklavenpreise sind auch in der Spätzeit, wenn der Sklave nicht gelernt ist (was, je nach dem Handwerk, oft Jahre, beim Weber 5 Jahre, dauerte) mäßig, die Sklavinnen stehen dann höher im Preis.
Neben den primitiven Erscheinungsformen der Pachtrente, des Unternehmer- und Leihkapitalzinses, findet sich, – als eine Art Remplaçant moderner Kapitalanlagen in zinsbaren öffentlichen Anleihen – die, als Gegenstand des Tauschverkehrs, der Pfand- und Mitgiftbestellung schon im altbabylonischen Reich auftretende, Beamten- (spez. Tempelbeamten-) Pfründe. In Babylon entwickelt sich in diesen Pfründen ein regelmäßiger Verkehr. Die Pfründen haben die Gestalt von Naturaliendeputaten, welche die Stelle teils ursprünglicher Rechte der Beamten auf Freitisch, d.h. auf Teilnahme an den gemeinsamen Mahlzeiten der Priesterschaft und auf »freie Station« aus den Einnahmen der Tempel, teils wohl auch von ursprünglichen Belehnungen der Beamten mit Land eingenommen hatten, und welche sich nun weiter