Gesammelte Beiträge von Max Weber. Max Weber

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Gesammelte Beiträge von Max Weber - Max Weber

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Analogie. Allein es erscheint nicht nötig und nicht richtig, den Begriff des »Feudalismus« auf diese spezielle Ausprägung zu beschränken. Sowohl die ostasiatischen wie die altamerikanischen Kulturvölker kannten Einrichtungen, die wir ihrer Funktion nach als ganz zweifellos »feudalen« Charakters betrachten, und es ist nicht einzusehen, warum nicht alle jene sozialen Institutionen, welchen die Herausdifferenzierung einer für den Krieg oder den Königsdienst lebenden Herrenschicht und ihre Sustentation durch privilegierten Landbesitz, Renten oder Fronden der abhängigen waffenlosen Bevölkerung zugrunde liegt, in den Begriff einbezogen werden sollten, die Amtslehen in Aegypten und Babylon ebensogut wie die spartanische Verfassung. Der Unterschied liegt in der verschiedenen Art, wie die Kriegerklasse gegliedert und ökonomisch gesichert ist. Unter den verschiedenen Möglichkeiten ist die Dislokation des Herrenstandes als Grundherren über das Land hin diejenige »individualistische« Form des Feudalismus, welche uns im okzidentalen Mittelalter (und in Ansätzen schon im Ausgang des Altertums) scharf analysierbar entgegentritt. Das mittelländische, und zwar speziell das hellenische, Altertum hat dagegen in der Frühzeit seiner Kulturentwicklung den »Stadtfeudalismus« in befestigten Orten zusammengesiedelter Berufskrieger gekannt. Nicht daß der »Stadtfeudalismus« die ausschließliche Form des Feudalismus im Altertum gewesen wäre, – aber er hat die späteren Zentren der »klassischen« politischen Kultur in den Anfängen ihrer spezifischen politischen Entwicklung direkt beherrscht. Er bedeutete daher für sie doch noch etwas mehr als etwa die zwangsweise Einsiedlung des Landadels in manche Städte des italienischen Mittelalters.

      Der Import einer fremden und überlegenen militärischen Technik vollzog sich im Altertum in Südeuropa auf dem Seewege und unter gleichzeitiger Verflechtung der zuerst ergriffenen Küstenorte in einen immerhin, wenigstens seiner geographischen Ausdehnung nach, umfassenden Verkehr. Die feudale herrschende Klasse war zuerst regelmäßig zugleich diejenige, welche von jenem Verkehr Gewinn zog. Es führte deshalb die spezifisch antike feudale Entwicklung zur Bildung feudaler Stadtstaaten. Zentraleuropa wurde dagegen im frühen Mittelalter auf dem Landwege von einer der Sache nach gleichartigen militär-technischen Entwicklung ergriffen. Als es zum Feudalismus reif wurde, fehlte ihm ein so stark wie im Altertum entwickelter Verkehr, es baute sich hier der Feudalismus weit stärker auf ländlicher Unterlage auf und erzeugte die Grundherrschaft. Das Band, welches die herrschende militärische Schicht zusammenhielt, war deshalb hier das wesentlich persönliche der Lehnstreue, im Altertum das sehr viel festere des Stadtbürgerrechts.

      Das Verhältnis jenes antiken Stadtfeudalismus zur Verkehrswirtschaft erinnert nun an das Emporwachsen des freien Gewerbes in unseren mittelalterlichen Städten, den Niedergang der Geschlechterherrschaft, den latenten Kampf zwischen »Stadtwirtschaft« und »Grundherrschaft« und die Zersetzung des feudalen Staates durch die Geldwirtschaft im späten Mittelalter und der Neuzeit. Aber diese Analogien mit mittelalterlichen und modernen Erscheinungen, scheinbar auf Schritt und Tritt vorhanden, sind zum nicht geringen Teile höchst unverläßlich und oft direkt schädlich für die unbefangene Erkenntnis. Denn jene Aehnlichkeiten können leicht trügerische sein und sind es tatsächlich nicht selten. Die antike Kultur hat spezifische Eigentümlichkeiten, welche sie von der mittelalterlichen wie von der neuzeitlichen scharf unterscheiden. Sie ist ihrem ökonomischen Schwerpunkt nach, bis an den Beginn der Kaiserzeit, im Okzident Küstenkultur, im Orient und Aegypten Stromuferkultur, mit einem geographisch extensiven und hohen Gewinn abwerfenden, interlokalen und internationalen Handel, der aber in der relativen Bedeutung der umgesetzten Güterquanta, von einigen bedeutsamen Intermezzi abgesehen, hinter dem späten Mittelalter zurückbleibt. Zweifellos: die Objekte des Handels sind sehr mannigfaltig und umfassen auch die unedlen Metalle und zahlreichere Rohstoffe, als man a priori voraussetzen würde. Aber einerseits ist der Landhandel mit dem spätmittelalterlichen nur an einzelnen Punkten und auch dort nur in einzelnen Perioden vergleichbar, und die Mehrzahl der Massenbedarfsartikel spielen auch im Seehandel nur in gewissen Höhepunkten politischer oder ökonomischer Machtentfaltung, vor allem in Fällen der Stapelmonopolisierung, eine wirklich beherrschende Rolle: in Athen, später in Rhodos, Aegypten und Rom. Die Summe des Jahresverkehrs, welche Beloch aus der Pacht der Peiraieuszölle in den Jahren 401/0 berechnet (Zoll 1/50 Pacht 30 bzw. 36 Talente, also Umsatz von ca. 2000 Talenten = gegen 13 Mill. Fr.) würde allerdings für den Peiraieus allein, und dazu so bald nach dem peloponnesischen Kriege – auch bei Nichtberücksichtigung des Unterschiedes der Kaufkraft des Geldes – immerhin etwa 1/10 des Außenhandels des heutigen Königreichs Griechenland (ca. 130 bis 140 Mill.) ergeben, was gewiß respektabel ist und geglaubt werden müßte, falls es endgültig dabei zu bleiben hätte, daß diese Zölle damals nur 2% betrugen, und daß nur sie, nicht etwaige andere Gebühren mitverpachtet wurden. Hier ist aber schlechthin alles streitig. Noch respektabler würde die Summe von 1 Mill. (rhodischer) Drachmen (= ca. 140 attischen Talenten) sich ausnehmen, auf welche, nach der Behauptung der Rhodier (NB!) sich die Zolleinnahme ihrer (allerdings in fast allen hellenistischen Reichen exzessiv privilegierten) Insel vor der Begründung des Freihafens von Delos belaufen haben sollte (nachher: nur 150 000 Drachmen!) – wenn sie nicht ungeachtet ihres »offiziellen« Charakters ziemlich zweifelwürdig wäre. Daß vollends die 5%ige Seeverkehrsabgabe von den bundesgenössischen Städten allein, – ohne Athen und die größten Inseln –, welche die Athener im 5. Jahrh. als Ersatz gewisser Bundesgenossenabgaben beschlossen, auch nur nach ihrem subjektiven Kalkül 1000 Talente hätte bringen können, wie Beloch rechnet, erscheint mir ausgeschlossen. Die Thukydidesstelle ist doch in ihrer Ueberknappheit keine zureichende Grundlage für das richtige Verständnis der Maßregel, und jene Zahl ist mit den 30-36 Talenten Peiraieusabgabenpacht unvereinbar. Und ein durch 5%ige Preiserhöhung der Seeimportwaren ablösbarer Tribut wäre ja ein Kinderspiel gewesen. Die 55 Mill. Sesterzen (16 Mill. Frcs.) der ägyptischen Jahreseinfuhr zur See aus Indien unter Vespasian sind, da scheinbar die Lesung sicher ist, ein immerhin sehr bedeutender Posten, wahrscheinlich aber auch der bedeutendste, der im freien Privathandel, ohne Staatskontrolle und Staatssubvention, in der antiken Welt umgesetzt wurde. Man muß bei allen antiken Zahlen überdies immer bedenken, daß nicht nur Sachgüter, sondern auch Menschen (Sklaven) ein, seiner Transportfähigkeit wegen, in Zeiten der Handelsblüte sehr stark ins Geweht fallendes und, in Friedenszeiten, bei guter Qualität oft hoch im Preise stehendes Handelsobjekt darstellten. Abhängigkeit von fremder Getreidezufuhr ist, wo sie im Altertum als dauernde Erscheinung besteht, stets ein Tatbestand, der die öffentliche Gewalt in Bewegung setzt und institutionelle und politische Konsequenzen der weittragendsten Art nach sich zieht, weil der Privathandel nicht als zulänglich gilt, die Versorgung zu sichern (Leiturgien wie in Athen, Staatsankauf aus hypothekarisch gesicherten Geldern und Verteilung an die Bürger wie in Samos, – usw. bis zu den großartigen Maßregeln Roms). Nun kennt bekanntlich nicht nur das Mittelalter, sondern auch der Merkantilismus und heute noch Rußland eine Getreidehandelspolitik mit verwandten Zielen. Aber mit der politischen Bedeutung etwa des babylonischen und ägyptischen Magazinsystems oder gar des römischen Annonarsystems kann sich die Magazinpolitik der absoluten Staaten, selbst diejenige Rußlands (wo sie am entwickeltsten ist), nur sehr von fern vergleichen. Zudem sind (selbst in Rußland) Ziele und Mittel andere. Die Eigenart der antiken Getreidepolitik gegenüber der modernen ist wesentlich begründet durch den, gegenüber dem heutigen Proletariat gänzlich anderen Charakter des antiken sogenannten »Proletariats«. Denn dieses war ein Konsumenten-Proletariat, ein Haufen deklassierter Kleinbürger, nicht aber, wie heute, eine Arbeiterklasse, welche die Produktion auf ihren Schultern trägt. Das moderne Proletariat, als Klasse, fehlte. – Denn die antike Kultur ruhte, teils infolge der geringen Unterhaltskosten des Menschen auf den Schauplätzen ihrer Blüte, teils aber aus historisch-politischen Gründen, entweder geradezu dem Schwerpunkt nach auf Sklaverei – so in Rom in spätrepublikanischer Zeit –, oder sie war wenigstens, wo privatrechtlich »freie« Arbeit vorwog: im Hellenismus und in der Kaiserzeit, doch in einem solchen Grade von Sklavenarbeit durchsetzt, wie es im europäischen Mittelalter nicht vorkam. Gewiß zeigen die Ostraka und Papyri der Ptolemäerzeit und des Kaiserreichs, ebenso wie z.B. der Talmud, auch außerhalb des gelernten Handwerks die Bedeutung freier Arbeit im hellenistischen Orient, und auch in den Inschriften tritt sie sehr klar hervor. Der spezifisch kapitalistische

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