Gesammelte Beiträge von Max Weber. Max Weber

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Gesammelte Beiträge von Max Weber - Max Weber

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oder direkten Beschränkungen der Freizügigkeit eingegriffen werden. Und es trat die Sklaverei gerade in den Zeiten und an den Orten der »klassischen« Hochblüte der »freien« Gemeinwesen besonders stark in den Vordergrund. Daß zweifellos die Quantität der Sklaven ebenso wie ihre soziale Bedeutung für erhebliche Teile und Zeiträume der Antike (speziell für den Hellenismus, namentlich Aegypten, aber auch für den früheren Orient und für Griechenland) ziemlich stark überschätzt worden sind, wie jetzt feststeht (s.u.), ändert an der prinzipiellen Bedeutung des Unterschiedes doch nicht allzu viel. – Jedenfalls aber ist nach alledem die Frage unumgänglich, ob nicht in der ökonomischen Konstitution der Antike überhaupt Züge erscheinen, welche die Benutzung der Kategorien, mit welchen wir in der Wirtschaftsgeschichte des Mittelalters und vollends der Neuzeit arbeiten, ausschließen. Um diese Frage ist in dem letzten Jahrhundert lebhaft, teilweise leidenschaftlich, gestritten worden.

      Ausgangspunkt der Diskussion war die Theorie von Rodbertus, wonach die Antike in ihrer Gesamtheit der von ihm konstruierten Periode der »Oiken«- Wirtschaft, d.h. der Eigenproduktion des durch unfreie Arbeit erweiterten Hauses, angehört habe, die antike Arbeitsteilung wesentlich nur Arbeitsspezialisierung innerhalb des großen Sklavenhaushaltes gewesen sei, der Verkehr nur eine Gelegenheits- und Zufallserscheinung, bestimmt, die gelegentlichen Ueberschüsse der, dem Prinzip nach, wirtschaftlich selbstgenügsamen Großhaushaltungen zu verwerten (»Autarkie des Oikos«). Auch Karl Bücher hat diese Rodbertussche Kategorie des »Oikos« als den dem Altertum charakteristischen Typus der Wirtschaftsorganisation aufgefaßt, jedoch, nach seiner authentischen Deklaration dieser Ansicht – wie ich sie glaube interpretieren zu dürfen – im Sinne einer »idealtypischen« Konstruktion einer Wirtschaftsverfassung, die im Altertum in spezifisch starker Annäherung an die »begriffliche« Reinheit mit ihren spezifischen Konsequenzen auftrat, ohne daß jedoch das ganze Altertum, räumlich oder zeitlich, von ihr beherrscht wurde und (so darf wohl unbedenklich hinzugefügt werden) ohne daß diese »Herrschaft« in den Zeiten, wo sie bestand, mehr bedeutet hätte als eine, allerdings sehr starke, in ihren Konsequenzen höchst wirksame, Einschränkung der Verkehrserscheinungen in ihrer Bedeutung für die Bedarfsdeckung und eine entsprechende ökonomische und soziale Deklassierung der Schichten, welche deren Träger hätten sein können. Immerhin lag es in der Sache, daß Büchers Behandlung des Altertums als einer Exemplifikation des Typus: »Oikenwirtschaft« – denn dies mußte alsdann der Sinn seiner Erörterungen sein – ihn veranlaßte, gerade die für diesen paradigmatischen Zweck in Betracht kommenden Bestandteile der antiken Wirtschaftsgeschichte in einem Grade zu betonen, der bei den Historikern den Anschein erweckte, es solle der antiken Wirtschaft schlechthin der Charakter der »Oikenwirtschaft«, daneben allenfalls, in den Städten, der Charakter der »Stadtwirtschaft« (im »idealtypischen« Sinn dieses Wortes) zugesprochen werden. Der gegen Büchers so (nach seiner Erklärung: unrichtig) gedeutete Ansicht sich wendende Widerspruch Ed. Meyers ging nun aber soweit, die Verwendung besonderer ökonomischer Kategorien für das Altertum überhaupt zu verwerfen, und den Versuch zu machen, wenigstens für die klassische Zeit der Blüte Athens mit ganz modernen Begriffen, wie namentlich dem der »Fabrik« und der »Fabrikarbeiter«, zu operieren2), überhaupt aber nachzuweisen, daß wir uns die Zustände des damaligen Wirtschaftslebens »gar nicht modern genug« vorstellen könnten, auch in bezug auf die Bedeutung des Handels und der Banken. Nun ist, um nur dies zu bemerken, die Existenz selbst der freien »Hausindustrie« in dem Sinne des Begriffes, wie sie schon im 13. nachchristlichen Jahrhundert bestand, d.h. mit den kontraktlichen Formen des »Verlagssystems« (also nicht als nur faktische Ausbeutung des Produzenten durch den marktkundigen Kaufmann, wie sie natürlich auch das Altertum kannte), bisher nicht nachgewiesen. Erst recht fehlt aber bisher jeder Nachweis der Existenz von »Fabriken« auch nur im rein betriebstechnischen Sinne des Wortes (der z.B. russische Leibeigenenfabriken, die auf Fronarbeit ruhten, ebenso Staatswerkstätten, die für den Eigenbedarf arbeiten, einschließt). Von gewerblichen Betrieben, welche ihrer Größe, Dauer und technischen Qualität nach (Konzentration des Arbeitsprozesses in Werkstätten mit Arbeitszerlegung und -vereinigung und mit »stehendem Kapital«) diesen Namen verdienten, wissen die Quellen als von einer irgendwie verbreiteten Erscheinung nichts. Sie finden sich als Normalform nicht einmal in der Produktion der Pharaonen, der Monopolproduktion der Ptolemäer und des Spätkaiserreichs, welche am ersten daran erinnern könnten (s.u.). Der hellenische ἐργαστήριον ist wesentlich die Gesindestube eines begüterten Mannes – meist eines Kaufmannes, speziell eines Importeurs von kostbaren Rohstoffen (Elfenbein z.B.) –, in welcher dieser eine beliebige Zahl zusammengekaufte oder zu antichretischem Pfandrecht genutzte gelernte Sklaven unter einem Aufseher (ἡγεμὼν τοῦ ἐργαστηρίου denjenigen Teil jener Rohstoffe, den er nicht an freie Handwerker verkauft (Demosth. XXVII 823, 19), verarbeiten läßt (s.u. bei Athen). Man kann dies ἐργαστήριον beliebig teilen (durch Verkauf eines Teils der Sklaven), wie einen Klumpen Blei, – weil es eben eine undifferenzierte Anhäufung von versklavten Arbeitern, keine differenzierte Organisation der Arbeit darstellt. Und die hier und da vorkommenden »Nebengewerbe« für den Absatz in den großen Landwirtschaftsbetrieben sind, ebenso wie die Verarbeitungswerkstätten der Monopolverwaltungen im Orient und in der Kaiserzeit, und wie die zweifellos damals wie auch im Mittelalter zuweilen größere Dimensionen annehmenden Textil-»Betriebe« der fürstlichen Hausfrauen, nur Anhängsel der Plantage, der Steuerverwaltung oder des »Oikos«, aber keine »Fabriken«. Wo wirklich Ansätze zu etwas einer »Fabrik« im technischen Sinne Aehnlichem etwa sich nachweisen lassen sollten – was selbstverständlich so gut im Altertum wie in der Leibeigenschaftsperiode Rußlands möglich bleibt –, würden sie aus den gleichen Gründen wie jene russischen »Fabriken« (s.u.) sicherlich nur »die Regel bestätigen«. Denn jedenfalls war dies keine Dauererscheinung des privaten Erwerbslebens. – Es ist ferner ein Betrieb von Bankgeschäften, der nach Umfang und Art auch nur das Maß dessen, was etwa im 13. Jahrh. im Mittelalter existierte, übertroffen hätte, quantitativ [nicht: qualitativ] für die Staatspächter ganz weniger politischer Machtzentren (im wesentlichen Rom, daneben Athen und einige andere) erweislich oder wahrscheinlich. Die Geschäftsformen des Handels – Seedarlehen, Commenda (der Diskontinuität des »frühkapitalistischen« Handels charakteristisch), Bankzahlungs- und Banküberweisungsgeschäfte – sind aber der Rechtsform nach frühmittelalterlich; der schon im frühen Mittelalter bekannte Wechsel ist erst in seinen Anfangsstadien vorhanden, der Zinsfuß nach Höhe, Zinsfrist, gesetzlicher Reglementierung ebenfalls in der Regel von frühmittelalterlichem Charakter; das Fehlen aller, schon im Mittelalter bekannten Formen eines Staatskredites, welche diesen zur regulären Kapitalrentenquelle hätte werden lassen, die charakteristischen Surrogate dafür, weiter auch die kolossalen »Horte« der orientalischen, noch der persischen Könige, ebenso wie die Tempelschätze der Hellenen in der Art ihrer Bedeutung und ihres Gebrauchs, – dies alles zeigt, wie wenig die vorhandenen Edelmetallvorräte als »Kapital« Verwendung fanden. Es wäre nichts gefährlicher, als sich die Verhältnisse der Antike »modern« vorzustellen: wer dies tut, der unterschätzt, wie dies oft genug geschieht, die Differenziertheit der Gebilde, welche auch bei uns schon das Mittelalter – aber eben in seiner Art – auf dem Gebiet des Kapitalrechts hervorgebracht hatte, und welche dennoch an dem Abstand seiner Wirtschaftsverfassung von der unsrigen nichts ändern. Und auch die staatlichen und halbstaatlichen Geldgeschäfte etwa der Ptolemäerbank mit ihrem riesigen Barschatz oder selbst der römischen Publikanen finden in den entsprechenden Erscheinungen mittelalterlicher Stadtstaaten (z.B. Genua) ihre frappante Parallele, werden jedoch von den letzteren schon im 13. Jahrh. in der verkehrswirtschaftlichen Technik übertroffen. Und es ist ferner auch nachdrücklich zu betonen, daß der »Oikos« im Rodbertusschen Sinn tatsächlich in der Wirtschaft des Altertums seine höchst bedeutungsvolle Rolle gespielt hat. Nur ist er einerseits – dies hatte ich s.Z. nachzuweisen gesucht – für das im Licht der Geschichte liegende hellenisch-römische Altertum erst spätes Entwicklungsprodukt (der Kaiserzeit) und zwar im Sinn der Ueberleitung zur feudalen Wirtschaft und Gesellschaft des frühen Mittelalters. Andererseits steht er (im Orient und teilweise auch in Hellas) an den Anfängen der für uns zugänglichen Geschichte, und zwar als Oikos der Könige, Fürsten und Priester,

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