der erweiterten Eigenwirtschaft der alten Hausgemeinschaften Erwachsenes. Sondern er ist teils staatssozialistischen Charakters: so vielleicht vorwiegend in Aegypten als Folge der gemeinwirtschaftlichen Wasserregulierung, teils ist er (so im Orient und Althellas) mitbedingt durch die Handelsgewinnste, welche der älteste Träger regelmäßiger Tauschbeziehungen: der Häuptling und Fürst, durch Geschenkaustausch, faktisches Monopol im Zwischenhandel, endlich auch durch Eigenhandel (und was davon nicht zu trennen: Seeraub) macht und die, in Gestalt seines Schatzes, seine Herrenstellung und die Ausdehnung seiner Wirtschaft stützen. Gleichwohl muß natürlich dem Schwerpunkt nach die Bedarfsdeckung in dieser frühantiken »Oikenwirtschaft« der Fürsten und des politischen Herrenstandes überall eine naturalwirtschaftliche gewesen sein. Zwangsabgaben, Fronden, Sklavenraub gaben den Fürsten Mittel zum Eintausch der fremden Ware, die Edelmetalle des Schatzes dienten nicht kontinuierlicher geldwirtschaftlicher Bedarfsdeckung (auch beim Perserkönig nicht), sondern persönlicher Belohnung und gelegenheitspolitischen Machtzwecken. Ebenso beherrschte die Naturalwirtschaft aber auch zunehmend die Grundherrschaften und die »oikenwirtschaftlich« betriebene Staatswirtschaft der antiken Spätzeit (seit dem 3. Jahrh.). – Dagegen ist das gleiche bei den großen Sklavenvermögen der klassischen Zeiten des Altertums durchaus nicht in dem Maße der Fall gewesen, wie Rodbertus glaubte, und wohl nicht einmal in dem Grade, wie auch ich meinerseits es früher anzunehmen geneigt war: in diesem Punkte muß (m.E.) Ed. Meyer und einigen seiner Schüler (Gummerus) recht gegeben werden. Und ebenso muß m.E. eingeräumt werden, daß das an sich berechtigte Bestreben, die spezifischen Eigenarten der Wirtschaft des Altertums, zu denen zweifellos auch die Sklavenarbeit gehörte, herauszuarbeiten, mehrfach (auch z.B. bei mir) zu einer zu niedrigen Einschätzung der quantitativen Bedeutung der freien Arbeit geführt hat, wie namentlich die Arbeiten von Wilcken für das (allerdings gerade darin eine etwas exzentrische Stellung einnehmende) Aegypten gezeigt haben. Das Altertum kennt neben dem unfreien und halbfreien den freien Bauern – als Eigentümer, Geldpächter, Teilpächter; es kennt neben dem Hausfleiß und der unfreien gewerblichen Arbeit den freien Handwerker – als »Preiswerker«, Lohnwerker (dies weit häufiger) und (ebenfalls sehr häufig) als gewerblichen Nebenproduzenten –, den Handwerksbetrieb als Familien- oder Alleinbetrieb (weit überwiegend) oder als Meisterbetrieb mit einem oder einigen Sklaven und freien oder (meist) unfreien Lehrlingen. Es kennt ferner das Artjel-artige Zusammenarbeiten von Kleinhandwerkern (σύνεργοι). Es kennt das Zusammendingen von gelernten Handwerkern durch Unternehmer (ἐργολαβών) für konkrete Zwecke (fast nur: staatliche Arbeiter). Aber es hat z.B. gar kein Wort für unseren Begriff: »Geselle« (der ja dem Kampf gegen die »Meister« – ebenfalls ein dem Altertum fremder Begriff – entsprang). Denn es kennt überhaupt, trotz eines nicht geringen Reichtums des Vereinslebens, das Handwerk nicht auf einer solchen Stufe der autonomen Organisation, und nicht mit der kunstreichen Gliederung und Arbeitsverfassung (Gesellentum!), wie schon die Höhe des Mittelalters sie besaß. Zünftige oder zunftartige Organisation, wo sie besteht, ist vielmehr fast immer dem Schwerpunkt nach zwangsweise staatliche Leiturgieorganisation. Die soziale Position des Handwerkers ist, mit ephemeren und nur teilweisen (auch mehr scheinbaren) Unterbrechungen in der hellenischen Demokratie, gedrückt und die Machtstellung der Gewerbetreibenden hat offenbar nirgends ausgereicht, eine rechtliche Konzentration des Gewerbes in den Städten wie im Mittelalter zu erzwingen. (Ueber die Gründe s.u. bei Athen.) Endlich kennt das Altertum den freien ungelernten Lohnarbeiter, der sich allmählich aus dem auf Zeit in die Sklaverei Verkauften (Kind, Schuldner) oder sich selbst temporär Verkaufenden herausentwickelt hat. Es kennt ihn als Erntearbeiter und bei öffentlichen Erd-oder Bauarbeiten oder anderen staatlichen Unternehmungen in größerer Masse, sonst im allgemeinen als verstreute und meist unstete Gelegenheitserschei nung. – Die Frage ist nun: kennt das Altertum (in einem kulturhistorisch relevanten Maß) kapitalistische Wirtschaft? – Zunächst: im allgemeinen ist die ursprüngliche Grundlage des Nahrungsspielraums der antiken Stadt (der orientalischen wie der mittelländischen Polis der Frühzeit) in einem so hohen Maße der Rentenbezug der stadtsässigen Fürsten und vornehmen Geschlechter aus Grundbesitz und eventuell Abgaben der Untertanen, wie dies heute nur noch in spezifischen Residenzstädten der Fall ist, oder – ein näherliegendes Beispiel – in dem Moskau der russischen Leibeigenschaftsperiode der Fall war. Die Bedeutung dieser Erwerbsquellen und damit die spezifisch politische Bedingtheit der ökonomischen »Blüte« der Städte, die sich in den schroffen Peripetien derselben äußert, ist auch weiterhin durch das ganze Altertum hin eine sehr große geblieben. Die antiken Städte waren stets in weit höherem Maße als die mittelalterlichen Konsum-, in weit geringerem dagegen Produktionszentren. Der Verlauf der antiken Städteentwicklung hat trotz zahlreicher ausgeprägt »stadtwirtschaftlicher« Erscheinungen (s.u.) nirgends zu einer »Stadtwirtschaft« von so stark dem begrifflichen »Idealtypus« angenähertem Gepräge geführt, wie in zahlreichen Städten des Mittelalters: eine Folge des Küstenkulturcharakters der Antike. Wenn nun im Altertum 1. die Entstehung von städtischen Exportgewer ben in gewissen Artikeln von hoher Intensität und Qualität der Arbeit, 2. dauernde Abhängigkeit von fernher kommenden Getreidezufuhren, 3. Kaufsklaverei, 4. starkes Vorwalten spezifischer Handelsinteressen in der Politik sich zeigt, so fragt es sich: sind diese stoßweise auf- und abschwellenden »chrematistischen« Epochen solche mit »kapitalistischer« Struktur?
Es kommt auf die Abgrenzung des Begriffs »kapitalistisch« an, – die naturgemäß sehr verschieden erfolgen kann. Nur das eine wird man jedenfalls festhalten dürfen, daß unter »Kapital« stets privatwirtschaftliches »Erwerbskapital« verstanden werden muß, wenn überhaupt die Terminologie irgendwelchen klassifikatorischen Wert behalten soll: Güter also, welche der Erzielung von »Gewinn« im Güterverkehr dienen. Jedenfalls ist also »verkehrswirtschaftliche« Basis des Betriebs zu fordern. Einerseits also: daß die Produkte (mindestens zum Teil) Verkehrsobjekte werden. Andererseits aber auch: daß die Produktionsmittel Verkehrsobjekte waren. Nicht unter den Begriff fällt mithin auf agrarischem Gebiet jede grundherrliche Verwertung der personenrechtlich Beherrschten als eines bloßen Renten-, Abgaben- und Gebührenfonds wie im früheren Mittelalter, wo die Bauern durch Besitz-, Erbschafts-, Verkehrs- und Personalabgaben in natura und in Geld genützt wurden: – da hier weder der besessene Boden noch die beherrschten Menschen »Kapital« sind, weil die Herrschaft über beide (im Prinzip) nicht auf Erwerb im freien Verkehr, sondern auf traditioneller Bindung, meist beider Teile, aneinander beruht. Auch das Altertum kennt diese Form der Grundherrschaft. Es kennt andererseits die verkehrswirtschaftliche Parzellen verpachtung des Grundbesitzes: dann ist der Grundbesitz Rentenfonds, und »kapitalistischer« Betrieb fehlt. Die Ausnutzung der Beherrschten als Arbeitskraft im eigenen Betrieb des Herrn kommt im Altertum sowohl als Fronhofsbetrieb mit Kolonen (Pharaonenreich, Domänen der Kaiserzeit) wie als Großbetrieb mit Kaufsklavenarbeit, wie in Kombinationen beider vor. Der erstere Fall (Fronhof) macht klassifikatorische Schwierigkeiten, weil hier die verschiedensten Abstufungen von formell »freiem« Bodenverkehr und »freier« Pacht der Kolonen (also verkehrswirtschaftlicher Basis) bis zu gänzlicher traditioneller sozialer Gebundenheit der arbeitspflichtigen Kolonen an den Herrn und des Herrn an sie möglich sind. Immerhin ist das letztere durchaus die Regel, wo immer Kolonenbetrieb besteht. Die Kolonen sind dann zwar für ihre Person nicht »Kapital«, sie sind dem selbständigen freien Verkehr entzogen, aber ihre Dienste können, zusammen mit dem Boden, Verkehrsobjekt sein und sind es (Orient und Spätkaiser zeit) auch. Der Betrieb ist in diesen Fällen ein Mittelding; er ist »kapitalistisch«, sofern für den Markt produziert wird und der Boden Verkehrsgegenstand ist, – nicht kapitalistisch, sofern die Arbeitskräfte als Produktionsmittel sowohl dem Kauf wie der Miete im freien Verkehr entzogen sind. In der Regel ist das Bestehen des Fronhofsbetriebs aber eine Uebergangserscheinung, sei es vom »Oikos« zum Kapitalismus, sei es umgekehrt: zur Naturalwirtschaft. Denn immer ist es ja ein Symptom von (relativer) Kapitalschwäche, speziell Betriebskapitalschwäche, welche ihren Ausdruck in der Abwälzung des Betriebsmittelbedarfs auf die abhängigen Wirtschaften und der Ersparnis 1. von Inventarkapital, 2. entweder von Sklavenkaufkapital oder von Lohnfonds durch die Ausnutzung der Zwangsarbeit, findet, die ihren Grund (regelmäßig) in (relativ) unentwickelter Intensität des Güterverkehrs hat. Der Kaufsklavenbetrieb