Die Beichte - Roland Benito-Krimi 4. Inger Gammelgaard Madsen

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Die Beichte - Roland Benito-Krimi 4 - Inger Gammelgaard Madsen Rolando Benito

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und wie, wenn ich fragen darf?«

      »Warum interessierst du dich so für deinen Cousin?« Die blassen Augen ihrer Mutter trafen sie wie die Augen eines Hundes, der den Befehl »Platz« erhalten hat und jetzt versucht seinen Besitzer zu bezirzen, um wieder aufspringen zu dürfen. Anne seufzte und nahm sich nun auch eine Zigarette aus der Prince-Schachtel mit der riesigen Aufschrift Rauchen kann tödlich sein. Menschen können auch tödlich sein. Rose hätte sehr leicht solchen tödlichen Menschen zum Opfer fallen können. Es war nicht lange her, dass Anne nah dran gewesen war, ihre Mutter zu verlieren. Sie zündete die Zigarette an.

      »Ich hab doch gar nichts gegen Adomas. Er hat ja eine Weile hier gewohnt, sodass ich ihn ein bisschen besser kennengelernt habe.«

      »Jaaa, das hast du wohl.« Ihre Mutter nickte und in ihrem Tonfall lag eine Andeutung davon, dass sie alles wusste. Zu ihrem Ärger spürte Anne, dass ihre Wangen heiß wurden.

      »Denkst du eigentlich nie mehr an Esben? Er war doch ein netter Junge.«

      »Esben! Wieso in aller Welt erwähnst du ihn plötzlich? Ich hätte nicht gedacht, dass du dich überhaupt an ihn erinnerst.«

      »Deine Jugendliebe. Doch, natürlich erinnere ich mich an Esben. Wie lange seid ihr denn zusammen gewesen? Das waren doch mehrere Jahre.«

      »Nur zwei. Und ich war ja noch ziemlich jung damals. Glaubst du nicht auch, mein böser Stiefvater hat ihn für immer weit, weit von mir weggejagt, indem er ihn so übel zugerichtet hat, dass sie ihn im Krankenhaus wieder zusammenflicken mussten?«

      Ihre Mutter seufzte, während sie geräuschvoll den Rauch ausstieß. Sie folgte mit verträumten Augen der Richtung Decke steigenden Wolke und überhörte Annes Bemerkung. »Ach ja, die erste Liebe vergisst man nie«, meinte sie wehmütig.

      »War das bei dir nicht Papa?«

      »Ja, das war Jonas.«

      »Wie war es, mit einem Litauer verheiratet zu sein?«

      Rose musterte sie aufmerksam. »Wieso willst du das wissen?«

      »Neugier.« Anne stand auf und ging in die Küche. Die Cola hatte das Hungergefühl in ihrem Magen nur verstärkt. Sie fand ein bisschen Weißbrot sowie Aufschnitt und kochte Tee. Rose ging regelmäßig zu den AA-Treffen, wie ihre Sachbearbeiterin es ihr empfohlen hatte, und hatte ihren Lebenswandel entsprechend umgestellt, sodass die Küche glücklicherweise nicht von Bierkäs­ten und leeren Flaschen überquoll wie das letzte Mal, als sie hier gewohnt hatte. Anne war im Grunde froh, dass sie Torstens damaligen Übergriff auf Esben nicht weiter kommentierte. Hatte Esben überlebt? Sie hatte ihn danach nicht mehr sehen dürfen. Seine Eltern hatten es verhindert, und danach waren sie sicherlich umgezogen – oder war sie selbst zuerst geflüchtet? Das musste in der Zeit gewesen sein, bevor Torsten wegen Mordes an einem Dealer in Kopenhagen-Nørrebro verhaftet worden war.

      »Litauen ist schöner, als die meisten denken«, meinte Rose, als Anne den Tisch gedeckt und sie Platz genommen hatten. »In Wilna sind die alten Häuser an der Hauptstraße so schön, dass man sich in die Renaissance zurückversetzt fühlt, und es gibt so viele Störche.«

      Anne lächelte. Es war selten, dass ihre Mutter geradezu poetisch wurde. »Weißt du, ob Adomas in irgendetwas Kriminelles verwi­ckelt war? Seine Freunde sind es schließlich gewesen.«

      »Nicht Adomas. Das glaube ich nicht«, erwiderte ihre Mutter bestimmt. »Warum? Glaubst du das?«

      »Nee, es ist nur merkwürdig, dass wir nichts mehr von ihm hören. Hast du mit seiner Familie in Litauen gesprochen?«

      »Nein, ganz bestimmt nicht! Nachdem damals dein Vater bei dem Autounfall ums Leben gekommen ist, schienen sie irgendwie nichts mehr von mir wissen zu wollen. Sie haben sogar behauptet, du wärst gar nicht seine Tochter. Würden sie dich heute sehen, hätten sie sicher keine Zweifel. Das war, als es darum ging, sein Erbe aufzuteilen. Er hatte als Fahrer, der zwischen Litauen und Dänemark pendelte, ziemlich viel verdient und seit langem darauf gespart, für uns ein Haus in Dänemark zu kaufen.« Tränen stiegen ihr in die Augen. »Ich habe nichts bekommen, und nur die Jungs haben weiterhin den Kontakt gehalten.«

      »Mama, du musst ganz schön einsam gewesen sein«, rutsche es Anne heraus.

      »Nein, Quatsch. Ich hatte ja dich, und dann habe ich Torsten getroffen. Er hat sich um mich – um uns – gekümmert.«

      »Er war doch nur ein weiteres Unglück. All diese Dreckskinder aus seinen früheren Ehen, mit denen er dich belastet hat, und dann sein …«

      »Sprich nicht so über deine Geschwister – und deinen Vater.«

      »Stiefvater, und diese Bälger sind nie meine Geschwister gewesen. Haben sie sich etwa noch mal bei dir blicken lassen? Sie müssen ja mittlerweile auch erwachsen sein.«

      Das Schweigen ihrer Mutter war Antwort genug. Sie saßen lange da, ohne etwas zu sagen.

      »Wann soll ich dich zu dem Treffen fahren?«, fragte Anne endlich und freute sich schon darauf, allein zu sein.

      Ihre Mutter kaute auf einem Stück Weißbrot mit Salami und schaute auf die Uhr. »In einer halben Stunde, dann kann ich noch zu Ende essen.«

      Anne ließ den Abwasch stehen, als sie vom Gemeindezentrum am St.-Markus-Kirchplatz zurückkam, wo die Treffen der Anonymen Alkoholiker stattfanden. Obwohl sie immer noch todmüde war, fuhr sie den Laptop hoch und zündete sich eine Zigarette an. Kamillas Vater. Was war der wohl für einer? Sie gab seinen Namen im Google-Suchfeld ein. Der erste Treffer war das Foto einer Fußballmannschaft von 1965. Sein Name stand unter dem Bild. Von links: Mogens Arnskov Aagaard. Dann noch ein paar andere Namen. Sie studierte es näher. Es war ein schlecht gescanntes Schwarz-Weiß-Foto, daher war es nicht ganz scharf. So in etwa hatte Kamillas Vater also ausgesehen mit – ja, wie alt war er da wohl gewesen, neunzehn, zwanzig? Er hatte Fußball gespielt, aber nicht auf hohem Niveau, sicher nur aus Spaß am Sport oder der Kameradschaft wegen. Aber in dem dazugehörigen Artikel waren keine Einzelheiten über die verschiedenen Spieler vermerkt, und es war der Einzige, den sie finden konnte.

      Anne griff nach der Zigarette und nahm einen Zug. Diese Suche brachte nicht besonders viel. Nach kurzem Grübeln legte sie die Zigarette in den Aschenbecher, loggte sich bei Facebook ein und suchte da nach ihm. Doch er war nicht bei Facebook. Einer der wenigen Dänen, die bei diesem weltumspannenden Netzwerk noch nicht mitzogen. Was war mit seiner Frau? Alice hieß sie, hatte Kamilla gesagt. Alice Arnskov Aagaard. Sie war auch nicht bei Facebook. Dann probierte Anne ihren Namen bei Google, das klappte ein biss­chen besser; es gab zahlreiche Treffer, weil sie sozial sehr engagiert war. Es gab auch einen Artikel, den ein paar ihrer Freundinnen anlässlich ihres fünfzigsten Geburtstags verfasst hatten. Ihr Mädchenname war Alice Van Marwijk, ihre Familie war holländischer Herkunft. Sie war die Tochter eines Kaufmanns und besaß eine Modeboutique in Bønnerup Strand, der Einzelhandel lag ihr im Blut. Sie hatte auch eine Zwillingsschwester, Ditte. In dem Artikel wurde sie als »Alices andere Hälfte, die an dem großen Tag fehlen« würde, bezeichnet. Warum war sie beim fünfzigsten Geburtstag ihrer Schwester nicht dabei? Anne zündete sich eine neue Zigarette an und ließ sie zwischen den Lippen hängen, während sie den Namen der Schwester ins Suchfeld eintippte. Es gab mehrere Treffer, aber keine der Frauen war Alices Schwester. Nach einer halbstündigen Suche war sie schon kurz davor aufzugeben, aber dann tauchte ihr Name plötzlich in einem Familienstammbaum auf. Ditte Van Marwijk war 1972 bei einem Unfall ums Leben gekommen.

      Anne lehnte sich auf dem Stuhl zurück und streckte sich. Aber das erklärte immer noch nicht, warum Kamillas

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