Tod dem Management. Siegfried Kaltenecker

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Tod dem Management - Siegfried Kaltenecker

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ihn unweigerlich an die SafeIT, jenes auf digitale Sicherungssysteme spezialisierte Familienunternehmen, das letztes Jahr in einen spektakulären Mordfall verwickelt war. Während ihrer Ermittlungen in diesem Unternehmen hatten sie allerdings nicht nur dunkle Machenschaften, sondern auch erhellende Arbeitsweisen entdeckt. In der SafeIT wurde nämlich allerorten das sogenannte visuelle Arbeitsmanagement mit Kanban eingesetzt, das ursprünglich aus der Automobilproduktion stammte und im Laufe der letzten Jahre auf alle möglichen Bereiche komplexer Wissensarbeit übertragen wurde. Aufgrund dessen hatten sie bereits im Laufe ihrer Ermittlungen damals vom Tatort Kanban gesprochen.

      »Einige Jahre lang ist die Acros rasant gewachsen, aber in den letzten Jahren scheint die Expansion ins Stocken geraten zu sein. Angeblich kam es vermehrt zu Qualitätsproblemen, sodass das Unternehmen sogar einige Großkunden verlor und in die roten Zahlen abrutschte. Anfang des Jahres hat man offenbar die Notbremse gezogen und einen neuen CEO geholt. Einen Schweizer namens Reto Pflückinger.«

      »Aha«, wiederholte Nemecek, weil ihm nichts Besseres einfiel. Irgendwie hing er immer noch in seinen Erinnerungen an die SafeIT fest, ohne dass er darin einen besonderen Hinweis entdecken konnte. Wie sollte ihm der alte Fall schon in seiner aktuellen Situation weiterhelfen?

      »Und jetzt rate mal, womit der gleich Schlagzeilen gemacht hat.«

      Unwillkürlich presste Nemecek die Lippen aufeinander. Obermayr wusste ganz genau, dass er solche Rätselfragen nicht leiden konnte. Warum nervte sie ihn ständig damit?

      »Du wirst es mir hoffentlich gleich sagen«, knurrte er.

      »Pflückinger hat sich vor allem dadurch einen Namen gemacht, dass er im gesamten Unternehmen auf zukunftsweisende Arbeitsmethoden setzte.«

      »Zukunftsweisende Arbeitsmethoden?«

      »Ich sag nur: agil, lean, selbstorganisiert!«

      »Nicht schon wieder!«, entfuhr es Nemecek, der sich nun endgültig wie auf einer Zeitreise in die Vergangenheit fühlte. Auch bei der SafeIT wurde ja die gesamte Organisation völlig neu gestaltet, was zu neuen Formen der Zusammenarbeit und sogar zu einem aufsehenerregenden neuen Bürogebäude führte. Ein derartiges Unternehmen, das gänzlich auf die traditionellen hierarchischen Strukturen und Ebenen verzichtete und stattdessen auf das Arbeiten auf Augenhöhe und Selbstverantwortung setzte, war Nemecek zuvor noch niemals untergekommen. Obwohl der Mordfall damals einen gewissen Schatten auf das Unternehmen warf, schien ihnen der anhaltende Erfolg recht zu geben. Der strategischen Kombination von Kundennähe und interner Vernetzung schien die Zukunft zu gehören.

      »Unternehmerische Agilität stellt das Management vor völlig neue Herausforderungen.«

      Nemecek blickte irritiert zur Seite. »Sagt wer?«

      »Pflückinger himself. Und zwar in einem Interview mit dem Economy-Magazin.«

      »Und was sagt er noch so?«

      »Eine ganze Menge – zumindest, wenn man von den Artikeln ausgeht, die uns Lilly beigelegt hat. Ich leite dir das gleich weiter. Ist garantiert eine unterhaltsame Strandlektüre.«

      »Pflückinger sieht sich also als agiler Manager?«

      »Scheint so«, bestätigte Obermayr. »Zumindest wird er in dem Interview als mutiger Pionier in Sachen innovatives Organisationsdesign bezeichnet.«

      »Innovatives Organisationsdesign?« Nemecek blieb seiner skeptischen Linie treu. »Große Worte. Fragt sich, was da tatsächlich dahintersteckt.«

      »Offenbar geht es um die Gestaltung von Unternehmen, die einerseits nahe am Markt sind und andererseits attraktive Arbeitsbedingungen schaffen. Einfach gesagt: Kunden- und Mitarbeiterorientierung so miteinander verbinden, dass man möglichst rasch und flexibel agieren kann.«

      Nemecek schürzte die Lippen. »Das sollten wir uns wirklich noch genauer anschauen.«

      Obermayr steckte ihr Tablet in die Tasche zurück. »Doch bevor wir uns in diese ganzen Klugheiten vertiefen, dürfen wir hoffentlich mal in den See springen.«

      »Jawolle, Frau Holle«, bekräftigte Nemecek mit ungeahntem Schwung. Bis ihm gleich darauf einfiel, dass ihr Kollege Bialek keine 24 Stunden zuvor genau dieselben Worte gebraucht hatte.

       Donnerstag, 17:44

       Gepflegte Arschbomben

      »Achtung, Achtung!«, rief Lea, während sie im Vollsprint auf die Stegkante zuraste. »Arschbombeeee!« Ihr Schlachtruf endete mit einem lauten Klatschen und einer eindrucksvollen Wasserfontäne. Das darauf folgende Geschrei machte deutlich, dass Nemeceks ältere Tochter ihre Ankündigung perfekt umgesetzt hatte. Wie von der Tarantel gestochen sprangen ihre zwei Jahre jüngere Schwester Sophie sowie deren Freundinnen Lydia und Klara auf und rissen ihre Handtücher vom Steg. Die dunkle Färbung des Holzes dokumentierte eindrucksvoll, wie gut Leas Paradesprung gelungen war.

      »Leaaaa!«, empörten sich die drei Mädchen lauthals, während sie leicht panisch über ihre Smartphones wischten.

      »Na warte«, verkündete Sophie gleich darauf mit erhobener Faust. »Das wirst du büßen!«, sekundierte Lydia und auch Klara zeigte mit einer kurzen Handbewegung an, dass sie ihr am liebsten den Hals abschneiden würde.

      »Ihr kriegt mich eh nicht«, heizte die große Schwester noch weiter an. Das konnten sich die drei Arschbombenopfer selbstverständlich nicht gefallen lassen. Zuerst der heimtückische Angriff und jetzt auch noch Spott! Kaum, dass sie ihre Strandsachen in Sicherheit gebracht hatten, nahmen sie die Verfolgung auf.

      »Racheeee!«, versprach Sophie, bevor sie sich fast zeitgleich mit ihren Freundinnen in den See stürzte. Zu dritt jagten sie nun die Übeltäterin, die wohlweislich bereits ein Stück weiter hinaus geschwommen war.

      Schmunzelnd verfolgte Nemecek die turbulente, von spitzen Schreien und lautem Gelächter begleitete Jagd. Blitzlichtartig flammten Erinnerungen an die eigene Kindheit auf, in der er sich mit seinen Freunden ausgedehnte Wasserschlachten geliefert hatte. Das waren noch Zeiten gewesen, als Sebastian Neufeldner, Rudolf Pokorny und er fast den ganzen Sommer an der alten Donau verbrachten!

      »Eine wilde Bande, oder?«, holte Bettina ihn aus seiner sentimentalen Reise wieder in die Gegenwart zurück.

      »Ja. Die Kids wissen halt, wie man den Sommer genießt!«

      »Tust du das etwa nicht?«

      Irritiert blickte Nemecek zu seiner Frau. »Doch, natürlich«, beteuerte er rasch. Auf das alte Thema, dass er die Arbeit nicht aus dem Kopf bekam, hatte er jetzt wirklich keine Lust. »Ich bin froh, dass ich mal zum Lesen komme.«

      »Was liest du denn?«

      »Ach, ein bisschen dies, ein bisschen das.«

      »Soso.« Bettina war deutlich anzumerken, dass ihr die ausweichende Antwort ihres Mannes nicht schmeckte.

      Wenn Nemecek ehrlich gewesen wäre, hätte er zugeben müssen, dass seine Gedanken in der letzten Stunde ständig zu Marco Joschak gewandert waren. Wie war er ums Leben gekommen? Was genau war passiert? Warum ertrank jemand, der als ausgezeichneter Schwimmer galt? Nemecek versuchte den Gedanken an den Mordvorwurf von Marina Joschak abzuschütteln, der war jedoch klebrig

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