Die Abenteuer des Huckleberry Finn. Mark Twain

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Die Abenteuer des Huckleberry Finn - Mark Twain Reclam Taschenbuch

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verstreut, auch alte Whiskyflaschen und zwei Masken aus schwarzem Stoff; und über die ganzen Wände waren die allerdümmsten Wörter und Bilder mit Holzkohle aufgemalt. Zwei alte, schmutzige Kattunkleider, ein Sonnenhut und ein paar Unterröcke hingen an der Wand, und auch ein paar Männerkleider. Wir packten das ganze Zeug ins Kanu; vielleicht konnten wir ja mal was damit anfangen. Ein alter, buntscheckiger Jungenstrohhut lag auf dem Boden; den hab ich auch mitgenommen. Und ne Flasche lag da, in der mal Milch drin war; ein Saugpfropfen zum Saugen für ein Baby steckte noch oben drauf. Wir hätten auch die Flasche mitgenommen, aber die war zerbrochen. Dann war da noch ne schäbige, alte Seemannskiste und ein alter Fellkoffer mit zerbrochnen Scharnieren. Die standen offen, aber irgendwas von Wert war nicht mehr drin. Aus der Art, wie alles rumlag, haben wir geschlossen, dass die Leute schleunigst wegwollten und nicht vorhatten, viel von ihrem Zeug mitzuschleppen.

      Wir haben gekriegt: eine alte Blechlaterne und ein Metzgermesser ohne Griff und ein brandneues Barlowmesser, das in jedem Laden seine fünfundzwanzig Cent wert war, und ne Menge Talgkerzen und nen blechernen Kerzenständer und ne Kürbisflasche und ne Blechtasse und ne schäbige alte Bettdecke und ein Retikül mit Nähnadeln, Stecknadeln, Bienenwachs und Knöpfen und Garn und lauter so Zeug, und ein Beil und ein paar Nägel und eine Angelschnur, so dick wie mein kleiner Finger, mit ein paar riesigen Haken dran, und ne Rolle Wildleder und ein ledernes Hundehalsband und ein Hufeisen und ein paar Phiolen mit Medizin ohne Etikett drauf; und als wir schon am Gehn waren, fand ich noch nen halbwegs brauchbaren Pferdestriegel, und Jim, der fand nen schäbigen alten Fiedelbogen und ein Holzbein. Die Riemen waren abgerissen, aber mal davon abgesehn, war’s ein ganz brauchbares Bein, obwohl’s für mich zu lang und für Jim nicht lang genug war und wir das andre nicht finden konnten, obwohl wir überall gesucht haben.

      Alles in allem hatten wir also einen guten Fang getan. Als wir fertig zum Abstoßen waren, lagen wir eine Viertelmeile unterhalb der Insel, und es war schon helllichter Tag; deswegen wollt ich von Jim, dass er sich flach ins Kanu legt und mit der Bettdecke zudeckt, weil man ihn im Sitzen schon von weitem als Nigger erkennen würde. Ich bin ans Illinois-Ufer rübergepaddelt und dabei bald ne halbe Meile abgetrieben worden. Ich bin im ruhigen Wasser am Ufer raufgekrochen, es gab keinen Zwischenfall, und ich sah auch niemand. Sicher und heil kamen wir zu Haus an.

      Kapitel 10

      Was dabei rauskommt, wenn man ne Schlangenhaut anfasst

      Nach dem Frühstück hatte ich Lust, über den Toten zu reden und rumzurätseln, wieso er umgebracht wurde, aber Jim wollte nicht. So was bringt Unglück, sagte er; und außerdem könnt der uns vielleicht als Geist erscheinen; wenn einer nämlich nicht beerdigt war, würd der viel eher rumspuken als jemand, der zufrieden in die Erde gebettet ist. Das klang ziemlich einleuchtend, deswegen hab ich nichts mehr gesagt; trotzdem musst ich immer wieder drüber nachdenken und hätt doch zu gern gewusst, wer den Mann erschossen hatte und wieso die’s getan hatten.

      Wir durchsuchten die Kleider, die wir mitgenommen hatten, und fanden acht Dollar in Silber, die im Futter von nem alten Stoffmantel eingenäht waren. Jim sagte, bestimmt haben die Leute in dem Haus den Mantel gestohlen; wenn die nämlich gewusst hätten, dass da Geld drin war, hätten sie ihn sicher nicht dagelassen. Ich sagte, bestimmt haben die auch den Mann umgebracht; aber Jim wollte nicht drüber reden. Ich sag:

      »Jetzt denkst du wohl, das bringt Unglück; aber was haste gesagt, als ich die Schlangenhaut reingeholt hab, die ich auf dem Hügel oben gefunden habe, vorgestern? Das schlimmste Unglück von der Welt war das, mit der Hand ne Schlangenhaut anzufassen! Hier – da haste dein Unglück! Nehmen den ganzen Krempel da ein und auch noch acht Dollar! Hätten wir doch bloß jeden Tag so ein Unglück, Jim!«

      »Schon gut, schon gut, Kleiner! Werd net zu keck, ’s kommt noch. Denk an mich, ’s kommt noch.«

      Und es kam auch. Es war ein Dienstag, als wir uns so unterhielten. Und am Freitag, nach dem Mittagessen, lagen wir ganz oben am Hügel im Gras, und der Tabak ist uns ausgegangen. Ich bin zur Höhle, um welchen zu holen, und fand eine Klapperschlange da drin. Ich hab sie totgeschlagen und wie lebendig am Fußende von Jims Decke zusammengerollt und denk mir, das gibt nen Spaß, wenn Jim die da findet. Am Abend hatte ich die Schlange ganz vergessen, und als Jim sich auf seine Decke warf und ich ein Licht machte, war das Schlangenmännchen da und hat ihn gebissen.

      Mit einem Schrei ist er hochgesprungen, und als erstes haben wir im Licht das zusammengeringelte Biest gesehn, wie’s grad zu nem neuen Sprung ansetzt. Mit einem Stock hab ich es im Handumdrehn erschlagen, und Jim packte Paps Whiskykrug und hat ihn in sich reingegossen.

      Er war barfuß, und die Schlange hatte ihn genau in die Ferse gebissen. Das kommt davon, sag ich mir, wenn man so ein Trottel ist wie du und nicht dran denkt, dass immer, wenn man eine Schlange irgendwo rumliegen lässt, ihr Gefährte kommt und sich um sie rumringelt. Jim sagte, ich soll der Schlange den Kopf abschlagen und ihn fortwerfen, ihr dann die Haut abziehn und ein Stück von ihr rösten. Was ich auch tat, und er aß es und meinte, das würd ihn kurieren helfen. Er wollte auch, dass ich die Klappern abmache und ihm ums Handgelenk binde. Das würd auch helfen. Dann bin ich leise rausgeschlichen und hab alle beide Schlangen fort ins Gebüsch geworfen; weil, ich wollte nicht, dass Jim rausbekam, dass ich an allem schuld war – nicht jedenfalls, wenn ich’s verhindern konnte.

      Jim nuckelte und nuckelte an dem Krug, und ab und zu hat er den Verstand verloren und ist durch die Gegend getaumelt und hat gebrüllt; aber jedesmal, wenn er wieder zu sich kam, hat er gleich wieder weitergenuckelt. Sein Fuß schwoll ziemlich dick an, und auch sein Bein; aber allmählich fing der Fusel an zu wirken, und so denk ich mir, jetzt ist er überm Berg; trotzdem wär ich lieber von einer Schlange gebissen worden als von Paps Whisky.

      Jim musste vier Tage und vier Nächte liegen. Dann war die Schwellung ganz weg, und er kam wieder auf die Beine. Ich nahm mir vor, nie wieder ne Schlangenhaut mit den Händen anzufassen, jetzt wo ich gesehn hatte, was dabei rauskam. Das nächste Mal würd ich ihm bestimmt glauben, sagte Jim; ne Schlangenhaut berühren war nämlich so ein fürchterliches Unglück, dass es mit dem vielleicht noch gar nicht zu Ende war. Er jedenfalls würd lieber wenigstens tausendmal über die linke Schulter in den Neumond gucken als ne Schlangenhaut in die Hand nehmen. Also, mit der Zeit hab ich das auch geglaubt, obwohl ich gedacht habe, dass über die linke Schulter in den Neumond gucken das Leichtsinnigste und Dümmste ist, was einer tun kann. Der alte Hank Bunker hat’s mal gemacht und damit geprahlt; und kaum zwei Jahre darauf hat er sich besoffen, fiel vom Schrotsilo und hat sich unten plattgelegt wie ein Brett; und sie haben ihn, statt in einen Sarg, hochkant zwischen zwei Scheunentore geschoben und so begraben, sagt man, aber gesehn hab ich’s nicht. Pap hat’s mir erzählt. Jedenfalls aber ist alles davon gekommen, weil er so in den Mond geguckt hat, wie ein Idiot.

      Die Tage gingen rum, und der Fluss fiel wieder in sein altes Bett; und so ziemlich als erstes haben wir an einen von den großen Haken ein abgehäutetes Kaninchen als Köder gehängt und ausgelegt; und damit haben wir einen großen Katzenwels gefangen, der so groß war wie ein Mann, sechs Fuß und zwei Zoll lang und über zweihundert Pfund schwer. Natürlich sind wir mit dem nicht fertig geworden; der hätt uns glatt nach Illinois rübergeschleudert. Wir saßen einfach da und haben zugesehn, wie er rumschoss und -zerrte, bis er ersoffen ist. Wir fanden in seinem Magen einen Messingknopf, einen runden Klumpen und sonst noch ne Menge Plunder. Den Klumpen haben wir mit dem Beil aufgespalten, und da war eine Spule drin. Der Fisch müsst sie lange drin gehabt haben, meinte Jim, sonst hätt er sie nicht so ummanteln und zu einem Klumpen machen können. Ich glaub nicht, dass je schon mal ein größerer Fisch im Mississippi gefangen worden ist. Jim sagte, er hätt auch noch nie einen größern gesehn. Und im Dorf drüben wär er auch ne ganze Menge wert gewesen. Einen Fisch wie den schlagen die in der Markthalle dort pfundweise los; alle kaufen was; sein Fleisch ist schneeweiß und gibt einen prima Braten.

      Am nächsten Morgen sagte ich, es würd mir allmählich stinklangweilig, und ich hätt mal Lust auf was

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