Hölle am Himmel. Will Berthold

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Hölle am Himmel - Will Berthold

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Frau – und die Frauen von einem solchen Erfolg …«

      »Wir werden in einer Höhe von über 12000 Metern fliegen«, fuhr die Chefstewardeß Peggy fort. »Und den Nordatlantik in …«

      Aber dieser Erfolg ist teuer bezahlt, überflog Brenda den Text: Miß Fairday gibt ihr Lieblingsalter mit 29 an. Heute ist sie 30 und klug genug, zu wissen, daß sie alle zwölf Monate ein Jahr älter wird. Es muß ihr klar sein, daß sie alles ihrer Karriere opferte. Sie hatte keine Zeit für Dinge, die andere Frauen erfüllen mögen. Entweder sie versteht es, Affären und Romanzen gegenüber der Öffentlichkeit perfekt zu tarnen, oder – was wahrscheinlicher ist – es gibt sie nicht …

      Brenda lehnte sich zurück. Das Heft in ihrer Hand wurde schwer, ihr Lächeln starr. Sie war getroffen und konnte sich nicht dagegen wehren. Dinge, die sie kaum zu denken wagte, wurden hier in einer Zeitschrift mit Millionen-Auflage breitgetreten.

      Mit Männern hatte sie es schwer, weil sie es mit ihnen zu leicht hatte. Aus der großen Zahl ihrer Bekannten tauchten in der Erinnerung Figuren auf; Szenen – kürzere und längere – rollten noch einmal ab.

      Erleichtert stellte Brenda fest, daß ein Gesicht stehen blieb: Martin.

      Zuerst nur ein Kontrast von nachtblauen Augen und schwarzen Haaren; Martin – einer, der mehr dachte als sprach. Nie über Geld, nie über Frauen, nie über Gesundheit, nie über Krieg.

      Sie hatte ihn interviewt, und daraus wäre beinahe ein Zwiegespräch für immer geworden; damals, in New York, vor zwei Jahren. Sie erlebte eine Romanze in Asphalt und war versucht, ihren Erfolg an den Nagel zu hängen und die Frau eines Mannes zu werden, der schon eine Geliebte hatte: die Fliegerei.

      »Und so wünsche ich Ihnen einen angenehmen Flug im Namen unseres Flugkapitäns Nobis und seiner Crew«, schloß Peggy.

      Brenda war hart im Nehmen. Nichts regte sich in ihrem Gesicht, als sie hörte, daß Martin den Jumbo flog. Die Begegnung mit ihm hatte sie immer erwartet, befürchtet und gewünscht.

      Die TIME glitt zu Boden. Time heißt Zeit, und es war Zeit, daran zu denken, was sich aus dem Geschenk des Zufalls machen ließe.

      Brenda merkte nicht, daß der Riesenvogel über die Piste raste, schwerfällig abhob und dann seine Schnauze zielstrebig in den Himmel bohrte. Sie blieb noch angeschnallt, als sich die anderen längst aus den Gurten befreit hatten. Der Jet-Air-Flug 99 ging auf Kurs, während Brenda den ihren noch suchte.

      Der Düsenriese flog mit voller Pulle, als könne er die Sonne überrunden. Das größte Flugzeug der zivilen Luftfahrt erreichte beinahe Schallgeschwindigkeit. Trotzdem störte der berüchtigte Turbinenlärm an Bord nicht; es hörte sich an, als brumme ›Jumbo‹ vor Zufriedenheit, daß er stündlich 15000 Liter Treibstoff durch seine Düsentriebwerke gurgeln durfte.

      Es war 8 Uhr 41. Genau in dieser Minute explodierte die Bombe.

      Nicht an Bord der ›Happy Day‹.

      In New York.

      3

      Die Explosion zerriß die Stille der Nacht. Der Schall brach sich an den verlebten Fassaden der Häuser in Brooklyn. Aber die aus dem Schlaf gerissenen Bewohner drehten sich nur auf die andere Seite. In einer Stadt, in der zum Beispiel der Durchschnittsbürger Morris S. Kanbar innerhalb von 14 Monaten elfmal von Banditen auf offener Straße überfallen oder von Einbrechern heimgesucht worden war, machte eine Detonation nur wenig Furore.

      Erst nahmen Augenzeugen an, daß der Anschlag dem Kennedy-Airport in Idlewild gegolten hätte. Dann wies jedoch eine hohe Feuersäule wie ein blutiger Riesenfinger dem Katastrophen-Kommando den Weg zu der dahinterliegenden Basis der Jet-Air.

      In Rekordzeit tauchte der Präsident der Fluglinie am Unglücksort auf. Mr. Norman S. Lovestone glich nicht einem Mann, der aus dem Schlaf gerissen worden war, sondern eher dem Titelbild eines Herren-Magazins: ein junges Gesicht umrahmt von schlohweißen Haaren, der Typ des ordentlichen US-Geschäftsmannes, der an Gott, Golf, Gesundheit und Gerechtigkeit glaubt. Und in seinem Fall noch an Groß-Flugzeuge.

      Die Rettungstrupps schufteten wie besessen. Hangar B war so wenig zu retten wie die Boeing 707, die hier vor ihrem Verkauf an eine Charter-Fluggesellschaft überholt werden sollte. Der Schaden belief sich auf etwa zehn Millionen Dollar und ließ sich weitgehend auf die Versicherung abwälzen.

      Die Rufschädigung mußte die Fluggesellschaft jedoch selbst verkraften.

      »Du stehst im Weg, du Trottel«, brüllte einer der Feuerwehrleute. Er erkannte seinen Chef erst, als er ihn brutal beiseite gedrängt hatte. »Oh, Verzeihung«, stotterte er und stürzte sich wild in die Löscharbeit.

      »Schon gut, mein Junge«, rief ihm Mr. Lovestone nach.

      Seine Leute waren tüchtige Burschen. Keine Panik. Jeder Handgriff saß. Sie riegelten beinahe mühelos den Brandherd ab.

      Erst als der Spitzenmann der Jet-Air daran dachte, daß einer von ihnen die Bombe gelegt haben mußte, bekam er trotz der Hitze kalte Füße.

      Er stampfte in sein Büro zurück.

      Dieser Anschlag hatte nichts mit Kuba zu tun, nichts mit Palästina, nichts mit Israel, der PLO oder Ägypten. Verschwommen spürte der erste Mann der Jet-Air, daß etwas Ungeheuerliches auf ihn zukam.

      Er betrat sein Hauptquartier. Während ihn der Lift in das oberste Stockwerk katapultierte, überlegte er, daß er wegen der Presse wohl besser in den Keller gefahren wäre; aber er wollte vom Nimbus der Jet-Air retten, was noch zu retten war.

      Keine Entführung bisher. Kein Unglücksfall. Täglich über hundert Langstrecken-Flugzeuge im Einsatz, insgesamt mindestens 40000 Passagiere an Bord. Sie waren bei der Landung genauso zufrieden wie eine halbe Million Kleinaktionäre, vorwiegend in Amerika und in Deutschland, bei der Abrechnung. Die Bilanz der Firma schwebte über den Wolken, wo ewig schönes Wetter herrscht.

      Auch der Konkurrenz ging es gut, selbst wenn ihr die Jet-Air gelegentlich eine ›Jumbo‹-Nasenlänge voraus war. Jeder Gedanke, sie könnte hinter dem Attentat im Hangar B stecken, war absurd. Der Luftverkehr nahm so rasch zu, daß ihn sämtliche Fluglinien zusammen kaum schaffen konnten.

      Der Spitzenmanager betrat sein Vorzimmer.

      »Wo stecken Sie denn bloß?« fuhr er seine Sekretärin an und begriff umgehend, daß ihr Dienst nicht um drei Uhr Ortszeit begann: »Entschuldigen Sie, Myrna«, sagte er, »ich bin ein bißchen …« Er sah, wie sie Kaffeewasser aufsetzte. »Gut«, sagte er, »aber rufen Sie zuerst die Bundespolizei in Washington an. Versuchen Sie, irgendwie Larry Merx an die Strippe zu bekommen.«

      Der Hausherr der Jet-Air wollte in sein Büro zurückgehen.

      »Überflüssig, Norman«, sagte eine bekannte Stimme hinter ihm.

      Mr. Lovestone fuhr herum, begrüßte den FBI-Sonderbeauftragten zur Bekämpfung von Flugzeug-Entführungen und stellte erleichtert fest: »Eigentlich hätte ich mir denken können, daß Sie schneller sind als ich.«

      »Vertrauen ehrt«, versetzte der große, schlaksige Mann trokken. Er sah aus, als sei er unentwegt damit beschäftigt, seine zu lang geratenen Arme und Beine unterzubringen. Sein Gesicht wirkte hungrig. Wenn er lächelte, glich

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