G.F. Barner Jubiläumsbox 9 – Western. G.F. Barner

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feige Stinktier hat sich nur nachts zu schießen getraut. Ist mein Pferd vielleicht bald hier?«

      Lionel McGruder verschwand im Hause, um sein Gewehr zu holen. Sie blickten ihm nach und rätselten alle, was ihm jetzt wieder eingefallen sein mochte. Als er herauskam und auf sein Pferd stieg, gab er auch keine Erklärung ab. Er ritt an, das Pony an der Longe, und entfernte sich in südlicher Richtung. Erst in diesem Moment kam Bill Shivers ein Gedanke, doch er hielt ihn für zu verrückt, als daß etwas daran sein konnte. Lionel McGruder hatte sich in seinem Leben weder jemals für etwas entschuldigt, noch hatte er auch nur einmal nachgegeben.

      *

      John Warrens Unbehagen wuchs, als er den hageren Mann im dunklen Anzug aus Rossmans Saloontür in die Sonne treten sah. Der Mann hatte die dunkle Jacke geöffnet, die goldene Uhrkette blinke über seiner Weste, und er setzte sich auf den Stuhl rechts neben der Tür.

      Anscheinend hatte er sein Mittagessen hinter sich, er schien die Sonne zu genießen und blickte schläfrig über die Straße.

      »Na, wie gefällt er dir?« fragte Archie Slater in Warrens Rücken. Der Sheriff stand am Fenster seines Offices, bereit, zu Nora McClure hinüber zu gehen und mit Archie zu Mittag zu essen.

      »Wie gesagt, er kam gestern am späten Nachmittag auf einem Bermudian-Falben, der ziemlich staubig war. Und er ritt an McClures Hotel vorbei, um bei Rossman abzusteigen.«

      Warren war erst vor einer Stunde aus Bowie zurückgekommen, wo es Streit zwischen einigen Leuten gegeben hatte. Der Mann drüben streckte die langen Beine aus und lehnte sich zurück. Er hatte seinen Hut tief in die Stirn gezogen, um nicht von der Sonne geblendet zu werden.

      »Ein Typ wie Don Walsh«, stellte Warren kurz fest. »Was will er hier? Auf wen wartet er?«

      »Ich wollte ihn nicht fragen«, antwortete Archie und zupfte an seinem neuen dunkelroten Halstuch, das ihm Judy Weiser morgens umgebunden hatte. »John, das ist ein Killer, und jeder scheint es zu wissen. Ich dachte, ich sollte warten, bis du zurück bist.«

      Archie Slater trug den Deputystern an der dunkelbraunen Lederweste über seinem gelben Hemd und schnippte einen Wollfaden von seiner gebügelten Hose. Der ehemalige Säufer hatte seit neun Tagen kein Glas mehr angerührt. Er ging aufrecht, der Sympathie der Bewohner von Sulphur Springs sicher, seine Runden, wenn er John Warren ablöste. Daß er Little Joey gerettet hatte, würde ihm niemand vergessen.

      »Geh schon voraus, ich komme nach«, sagte John Warren. Er nahm sein Gewehr, lud durch und wartete, bis Archie draußen war. Der Mann auf Rossmans Vorbau hob kaum den Kopf, und dennoch war Big John sicher, daß der Mann Archie beobachtete und alles sah, was sich auf der Mainstreet tat. Der Fremde blieb wie dösend sitzen, als John die Straße überquerte. Die Hände des Mannes lagen gefaltet auf dessen Gurtverschluß, und er verharrte stur in dieser Haltung, als der Sheriff neben ihm stehengeblieben war.

      »Hallo, mein Freund«, sagte John träge. Sein Gewehr zeigte mit der Mündung zur Erde. »Auf der Durchreise, Mister…«

      »Hallo, Sheriff«, antwortete der Mann freundlich. »Ja, auf der Durchreise. So könnte man es nennen.«

      Hinter der Freundlichkeit verbarg sich Kälte, das spürte John fast körperlich.

      »Einen Namen haben Sie auch, oder?« erkundigte sich John gemütlich. »Ich weiß immer ganz gern, wer sich in dieser Stadt aufhält. Also?«

      »Campbell«, murmelte der hagere Mann. Er hob den Kopf und lächelte, seine Augen jedoch blieben kalt, und das Lächeln wirkte wie einstudiert und gefroren. »Lacy Campbell, Sheriff. Ich sitze nur so herum und werde irgendwann wieder fortreiten. Genügt das, mein Freund?«

      »Wenn Sie fortreiten und keine Arbeit für den Totengräber hinterlassen, ist es in Ordnung«, antwortete John etwas schärfer. »Campbell – Lacy Campbell? Waren Sie mal in New Mexico?«

      »Ja«, lautete die gleichmütige Antwort. »Dort war ich auch schon, Sheriff.«

      »Ich erinnere mich, von Ihnen gehört zu haben«, sagte Warren. »Wenn ich mich nicht irre, stammen Sie aus Laredo/Texas Sie haben für einige Minenbosse in Colorado gearbeitet, dann sind Sie für dieselben Leute in New Mexico geritten. Campbell, wenn Sie in dieser Stadt jemanden töten, so könnte es das letzte sein, was Sie in Ihrem Leben tun. Haben wir uns verstanden?«

      »Ich bin nicht taub«, gab Lacy Campbell zurück. Sein schmallippiger Mund verzog sich zu einem spöttischen Lächeln. »Außerdem bin ich der friedlichste Mensch der Welt, Sheriff.«

      »Genauso sehen Sie aus, Mister. Und Ihren Fünfundvierziger da tragen Sie zum Spaß, wie?« entgegnete Warren verächtlich. »Campbell, falls dieser Narr Abe Harris Sie angeworben haben sollte, bleiben Sie friedlich und bestellen Sie ihm, daß er sein Geld verschwendet hat!«

      Big John machte auf dem Absatz kehrt, denn Campbell lächelte nur und zuckte die Achseln. Die ganze Art dieses Mannes veriet John, daß dieser Kerl nichts von einem Ordenträger hielt. Der hatte vor keinem Respekt.

      Das Unbehagen Warrens hatte sich zum leichten Zorn gesteigert, als er ins Hotel kam und sich zu Archie an den Tisch setzte.

      »Er heißt Campbell«, klärte er Slater auf, ehe der neugierig fragen konnte. »Lacy Campbell. Hast du von ihm gehört?«

      »Nein, John. Wer ist der Bursche?«

      »Jemand, der fast in jeder Stadt, in der er war, einen Toten oder Zusammengeschossenen zurückgelassen hat«, antwortete Big John grimmig. »Er vermietet gewöhnlich seinen Revolver. Die Campbells haben mit dem Brassada-Krieg in Texas zu tun gehabt – eine verdammt schießwütige Sippe aus Brüdern, Vettern und Anverwandten. Die Hälfte der Campbells starb im Brassada-Privatkrieg, er blieb mit zwei oder drei Brüdern und Vettern übrig. Der Kerl ist mir auf den Magen geschlagen, Archie, ich mag die Sorte nicht.«

      Nora McClure war hereingekommen, stellte die Teller hin und sah Warren besorgt an.

      »John, glaubst du, er ist von jemandem geholt worden?«

      »Ja«, sagte Big John, »ein Mann wie Campbell kommt nicht zufällig in eine so kleine Stadt. Mach dir keine Sorgen, Nora, ich werde mit ihm fertig.«

      »Ich bin auch noch da«, sagte Archie. »Mir kann der Bursche nicht den Appetit verderben. Ob Harris ihn…«

      »Kann sein«, unterbrach Big John. »Sieh dich vor, Archie! Der Bursche könnte dir den Hunger für alle Zeit nehmen. Blei liegt einem manchmal so schwer im Magen, daß man daran stirbt. Nichts ohne mich tun, verstanden?«

      John Warren stand noch einmal auf und blickte aus dem Fenster. Die Sonne schien auf Campbells lange, dürre Beine. Der Mann lag friedlich dösend in seinem zurückgekippten Stuhl. John ahnte, daß der Bursche dennoch Ärger machen würde. Campbell wartete auf irgendwen.

      *

      Don Walsh sah nicht mehr zur Hickorybohle, aus der Winters das Untergestell des Wagens machen wollte. Der Rovolvermann sah den Schatten, den Mann an der Schuppenecke stehen und die offene Jacke.

      »Walsh?« fragte der Fremde mit dem Fünfundvierziger im schwarzen Halfter. »Du bist Walsh – Don Walsh?«

      Winters ließ die schwere Holzbohle langsam sinken. Howie McGruder drehte sich ruckartig um. Irgend etwas an der Haltung von Walsh erinnerte Howie plötzlich an ein Raubtier, das einem anderen gegenübersteht und ihm die Zähne

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