Dolmetschen im Medizintourismus. Katia Iacono

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Dolmetschen im Medizintourismus - Katia Iacono Translationswissenschaft

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fungieren, sind verschiedenen Risiken – u.a. Problemen während des Transports, Unfällen jeglicher Art oder unerwarteten Erkrankungen vor dem Antritt der Reise oder am Behandlungsort – ausgesetzt, die zu einer Behinderung oder Stornierung der Behandlung führen können. So ein Fall kann für alle Beteiligten schwerwiegende Folgen haben, die in vertraglichen Vereinbarungen jedoch geregelt sein können. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen, dass eine plötzliche Erkrankung oder der Tod von PatientInnen ebenso für die DolmetscherInnen erhebliche Schwierigkeiten finanzieller, organisatorischer und psychologischer Natur mit sich bringen. Daher sollten DolmetscherInnen genauso Vorkehrungsmaßnahmen treffen, um in solchen Situationen über eine finanzielle Vorsorge oder einen psychologischen Selbstschutz (Self-Care-Maßnahmen) zu verfügen.

      In manchen Fällen können sogar Krankenhäuser, ÄrztInnen oder PatientInnen die Aufgaben der PatientInnenvermittlung oder die Koordination übernehmen. Krankenhäuser spielen im Medizintourismus in Deutschland (vgl. Berg 2008: 173) und Österreich (vgl. Gottsauner-Wolf 2012: 2) eine umstrittene Rolle, da ihnen häufig vorgeworfen wird, mit der Beteiligung am Medizintourismus auf zusätzlichen Profit abzuzielen und ihren eigentlichen Zweck – die nationale Gesundheitsversorgung – aus den Augen zu verlieren. In Deutschland und Österreich haben zwar zahlreiche Krankenhäuser den Medizintourismus als attraktive zusätzliche Einnahmequelle (vgl. Berg 2008: 173) erkannt, allerdings nehmen sie kaum Risiken auf sich, da neue Märkte wie der Medizintourismus nur schwer vorhersehbar sind (vgl. Gottsauner-Wolf 2012: 3). In Deutschland finden sich – insbesondere in großen Städten – zahlreiche Krankenhäuser (vgl. Elsholz 2013: 36f., Klinikum der Universität München 2020, UKE 2020), die internationale PatientInnen anwerben und über international offices verfügen, die den PatientInnen den organisatorischen Aufwand, der mit einer medizinischen Behandlung im Ausland verbunden ist, abnehmen. Auch in Österreich steigt – wie bereits erwähnt – die Zahl privater Krankenhäuser, die ausländische PatientInnen aktiv umwerben und die hochqualitative österreichische Medizin sowie Kulturkompetenz des dort tätigen Personals als Werbefaktor nutzen. So übernimmt PremiQaMed, ein österreichischer Betreiber privater Gesundheitsunternehmen (z.B. Privatklinik Döbling), auf Wunsch internationaler PatientInnen die Planung und Koordination der medizinischen Reise inklusive der Beschaffung des Einreisevisums, der Hotelreservierung und der Beauftragung von DolmetscherInnen (vgl. Gottsauner-Wolf 2012: 2). Allerdings stellt Klobassa (2016: 49) ein generelles mangelndes Engagement in Österreich fest: „Private Krankenhäuser und Ärzte werben lediglich für sich selber. Dies führt aber nicht zu volkswirtschaftlichen Vorteilen“ (Klobassa 2016: 49). Laut Klobassa ist der Medizintourismus in Österreich generell durch einen fehlenden gemeinsamen Auftritt der Krankenhäuser und ÄrztInnen geprägt. Krankenhäuser fallen darüber hinaus unter die Zuständigkeit der Bundesländer, was ein Gesamtkonzept zusätzlich erschwert.

      1.5.4 Das Internet und die Suche nach dem passenden Angebot

      Das Internet nimmt mittlerweile eine besonders wichtige Funktion im Rahmen der Informationsbeschaffung ein. Auch im Bereich des Medizintourismus ist eine verstärkte Präsenz von Internetseiten, die entweder als Vermittlungsportale oder als Dokumentationsquellen fungieren, festzustellen (vgl. u.a. Medical Tourism 2020). Mittlerweile nutzen viele medizintouristische PatientInnen das Internet als wichtige Informationsquelle für die Auswahl des ausländischen Behandlungsorts (vgl. Reisewitz 2015: 32, Klobassa 2016: 9). Auch Klinikverzeichnisse stellen eine hilfreiche Informationsquelle dar und ermöglichen zum Teil einen direkten Kontakt zwischen PatientInnen und der ausgewählten medizinischen Einrichtung. Die Internetauftritte der verschiedenen Einrichtungen unterscheiden sich allerdings sehr stark hinsichtlich des Inhalts, der Qualität und der technischen Aufbereitung (vgl. Juszczak 2017: 56). Rein deutschsprachige Websites erfahren weniger Resonanz als jene, die zumindest auch auf Englisch verfügbar sind. Bei der Gestaltung des Inhalts von Websites für den medizintouristischen Auftritt weist Juszczak (2017: 58) auf die Notwendigkeit hin, nicht nur die Fremdsprache, sondern auch die jeweiligen kulturellen Aspekte zu berücksichtigen. Aus translatorischer Sicht ist der Medizintourismus daher unbedingt als zusätzliches Einsatzgebiet für ÜbersetzerInnen zu sehen.

      Im Internet kann des Weiteren das Aufkommen zahlreicher Foren (vgl. AINPU 2020) beobachtet werden, die vonseiten der PatientInnen oder von nationalen Verbänden ins Leben gerufen werden und dem informellen Informations- und Erfahrungsaustausch jener Menschen dienen, die von einer bestimmten Pathologie betroffen sind. Neben detaillierten Berichten über ihr persönliches Leiden und ihre Therapie werden ForennutzerInnen auch Informationen zu und Kontaktdaten von ÄrztInnen sowie anderen DienstleisterInnen wie DolmetscherInnen zur Verfügung gestellt. Diese Foren können als eine Form von Empfehlungsmarketing eingestuft werden und für DienstleisterInnen in diesem Bereich von großem Nutzen sein. Auch Länder oder Städte setzen auf eine verstärkte Internetpräsenz, um ausländische PatientInnen anzuwerben. Als Beispiel dienen die Stadt Wien (Wien Tourismus 2020) und Köln (Köln Tourismus 2020), die auf den jeweiligen Tourismusportalen die hervorragende Medizin der städtischen Krankenhäuser bewirbt. Um die Zielgruppe adäquat anzusprechen, werden auf den erwähnten Seiten die Vorteile der privaten Krankenhäuser wie kurze Wartezeiten, hohe Qualität und attraktive Nebenleistungen – unter anderem nach Bedarf auch die Bereitstellung von DolmetscherInnen – besonders hervorgehoben. Diese vermehrte Internetpräsenz bringt allerdings einige Gefahren mit sich, denn manche Angebote können unseriös sein (vgl. Gottsauner-Wolf 2012: 3).

      1.6 PatientInnentypen

      Je nach Beweggrund für die medizinische Reise ist es möglich, verschiedene Klassifizierungen der PatientInnen vorzunehmen. Berg (2008: 87ff.) bietet in seinem Modell einen Überblick über unterschiedliche PatientInnentypen. Ausgangsbasis der Klassifizierung ist die für Marketinganalysen klassische Segmentierung der Nachfrage. Berg hebt dabei das unterschiedliche Potenzial der PatientInnen hinsichtlich ihrer Bereitschaft, die Kosten für Gesundheits- oder medizinische Leistungen selbst zu tragen oder auf die Krankenversicherung zurückzugreifen, hervor (siehe Tab. 2).

PatientInnen als präventive NachfragerInnen Proaktives Verhalten: präventive Gesundheitsmaßnahmen Zahlwillig, aber oft nicht zahlfähig
PatientInnen als kurative NachfragerInnen Gesundheitsleistungen, um eine bereits aufgetretene oder eintretende Krankheit ambulant oder stationär zu behandeln Wunsch nach alternativen Heilungsmethoden
PatientInnen als rehabilitative NachfragerInnen Postkurative Behandlung (normalweise von TherapeutInnen, PsychologInnen, SozialarbeiterInnen, ÄrztInnen oder in speziellen Rehabilitationseinrichtungen) Mehrheit der Leistungen im Angebot der Krankenversicherung enthalten
PatientInnen als NachfragerInnen nach Pflege Menschen in dauerhaft pflegebedürftigem Zustand; ständige Betreuung (auch Körperpflege, Ernährung und Haushaltsversorgung)

      Tab. 2:

      PatientInnentypen nach Berg (2008: 8)

      Juszczak und Ebel (2009: 103f.) unterscheiden zwischen den Typen von PatientInnen ausgehend vom medizintouristischen Angebot und ergänzen die von Berg ermittelten Bedürfnisse und Behandlungen um neue PatientInnentypen (siehe Tab. 3).

Medizin- touristInnen Medizinischer Eingriff im Ausland Die gewählte Klinik kann zwar die Zielgruppe aus medizinischer Sicht optimal betreuen, deren Angehörigen kann sie aber kein Zusatzprogramm (Hotelbuchung, Freizeitgestaltung usw.) anbieten.
Low-Care-PatientInnen Schnelle Behandlung im Ausland und sofortige Entlassung Die Nachversorgung kann im Hotel (oft in einem PatientInnenhotel

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