TEXT + KRITIK 155 - Herta Müller. Группа авторов

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Besuch kopiert –, dass der Tod, der die Vergeblichkeit des Freundschaftsopfers besiegelt, die Verräterin selbst zum mehrfachen Opfer macht: zum Opfer der Krankheit, der falschen Hoffnungen, der Versprechungen und Drohungen der Securitate und der Enttäuschung der verratenen Freundin. Die Erzählstimme vollzieht diese Überblendung nach, indem sie den tödlichen Tumor als ›Nuss‹, in und mit der der Verrat wächst, konkretisiert: »Die Nuß wuchs gegen uns. Gegen alle Liebe. Sie war bereit zum Verrat, gefühllos für die Schuld. Sie fraß unsere Freundschaft, bevor Tereza an ihr starb.«21

      Die Trauer um die Tote wiederum wird kontaminiert von der Enttäuschung der Erzählerin, verraten worden zu sein; die Möglichkeit sich zu distanzieren oder (mit Verachtung) abzuwenden, wird durch die endgültige Abwendung der Freundin im Tod verunmöglicht, das moralische Urteil über sie durch das Mitgefühl mit ihrem Leiden und die Trauer über ihren Verlust durchsetzt. Insofern wirkt der Verrat zerstörerischer als der Tod, weil er nicht nur Verlust bedeutet, sondern nachträglich auch die Integrität der Freundin, die Freundschaft als Wert und die Urteilsfähigkeit der Verratenen infrage stellt oder auslöscht, und so sogar die Pietät der Trauer vergiftet.

      Die in der konkreten Situation der Diktatur geschulte Wahrnehmung ist ebenso Überlebensinstinkt wie poetische Gabe; die Mehrdeutigkeit der Bilder und der Sprache sind Gefahr und Geschenk – das führen die Romane auf engstem Raum vor, ohne es weitschweifig explizieren zu müssen.

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