Der Kaperschiffer vor hundert Jahren. Фредерик Марриет

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Der Kaperschiffer vor hundert Jahren - Фредерик Марриет

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Ich stehe dafür, sie verdienen den Galgen nicht mehr, als die Hälfte der Leute, denen wir begegnen. Jetzt vorwärts — tummelt euch, dass wir in’s Nachtquartier kommen. Mr. Elrington,“ fügte Levee gegen mich bei, als wir zu gallopiren begannen, „im Grunde ist’s nicht weiter, als ein bischen Kapern auf dem Land, und wir dürfen sie nicht zu scharf beurtheilen.“

      Wenn ich an das zurückdachte, was ich an Bord der Rache mitangesehen hatte, so muss ich bekennen, Madame, dass ich Kapitän Levee vollkommen Recht geben musste, und dass diese Landstrassenhelden nicht schlimmer waren, als wir selber.

      Auf unserer Reise begegnete uns nichts weiter, und als wir in London anlangten, lenkten wir unsere Pferde nach einem fashionablen Wirthshaus in St. Pauls. Wir nahmen unsere Zimmer in Besitz, und da Kapitän Levee wohl bekannt war, so fanden wir herzliche Aufnahme und gute Bedienung. Das Wirthshaus stand im Ruf, und die Witzlinge und Lebemänner des Tages pflegten sich daselbst zu versammeln, so dass ich bald mit einer grossen Anzahl von Jünglingen vertraut war, die in lebensfroher Heiterkeit ihr Geld wie Fürsten verthaten. Aber in solchen Gesellschaften kannte man weder Maas noch Ziel, und der Kopf schmerzte mich jeden Morgen von der Ausschweifung der vorigen Nacht; auch stifteten wir bei unsern abendlichen Ausflügen in der Regel einen Tumult an, und es lief selten ohne Beulen, ja mitunter nicht ohne ernstliche Wunden ab, welche die Krakeler schlugen, oder mit nach Hause nehmen mussten. Nach vierzehn Tagen hatte ich dieses wüste Leben satt, und ich theilte dies eines Morgens dem Kapitän Levee mit, als ich ihm eben einen Säbelhieb verband, den er in einer Balgerei davon getragen hatte.

      „Ihr habt Recht,“ versetzte er. „Unser Treiben ist sehr thöricht und unehrenhaft, aber wenn man unter so lustigen Vögeln lebt, muss man mitmachen. Ausserdem, wie könnte ich meines Geldes los werden, das mich in der Tasche brennt, wenn ich an einem Tage nicht so viel ausgebe, als für drei Wochen reichen würde.“

      „Gleichwohl möchte ich Euch lieber eine Wunde verbinden, die Ihr in einem ehrenhaften Kampf mit dem Feinde davon getragen hättet, als eine, die Ihr in einer nächtlichen Schlägerei holtet; auch sähe ich Euch weit lieber an der Spitze Eurer Leute im Gefecht, als dass Ihr hier mit anderen trunkenen Gesellen umhertaumelt und in den Strassen Streit sucht.“

      „Ich fühle wohl, dass es unter meiner und unter Eurer Würde ist, Ihr unbärtiger Mentor,“ entgegnete Kapitän Levee. „Nun ja, es bedarf nicht eben eines Bartes, um ausfindig zu machen, dass ich mich wie ein Esel benommen habe. Na, was sagt Ihr dazu — wollen wir ein anderes Quartier nehmen, und ein anständiges Leben führen; denn so lange wir uns hier aufhalten, wird uns dies nun und nimmermehr gelingen.“

      „Aufrichtig gestanden, es wäre mir lieber so,“ erwiederte ich; „denn unser gegenwärtiges Leben will mir gar nicht gefallen.“

      „So sei es denn,“ sagte er. „Ich will den Vorwand brauchen, dass ich ausziehe, um in der Nähe einer schönen Dame zu sein. Dies ist ein guter zureichender Entschuldigungsgrund.“

      Am anderen Tag mietheten wir uns ein anständiges Quartier, zogen ein und liessen unsere Bedienten sammt den Pferden im Wirthshaus. Wir speisten mit der Familie, und weil auch noch andere das Gleiche thaten, so hatten wir recht angenehme Gesellschaft, namentlich da unter den Kostgängern sich auch viele des zweiten Geschlechtes befanden. Als wir uns am ersten Tage zu Tisch setzten, kam ich an die Seite eines jungen Mannes von angenehmen Manieren, obschon sein Aussehen ziemlich geckenhaft war. Er trug einen sehr kostspieligen Anzug, einen Degen, dessen Heft mit Diamanten besetzt war, und Diamantenschnallen — wenigstens kam es mir so vor, denn ich war nicht Kenner genug, um ächte Juwelen von falschen zu unterscheiden. Mein Nachbar war ein sehr zutraulicher, redseliger Mensch, und noch ehe das Mittagsmahl vorüber war, hatte er mir bereits die Geschichte der meisten Anwesenden mitgetheilt.

      „Wer ist die Dame in dem blauen Leibchen?“ fragte ich.

      „Ihr meint vermuthlich die hübschere,“ versetzte er — „die mit dem Schönpflästerchen unter dem Auge? Sie ist eine Wittwe und hat kürzlich erst einen sechszigjährigen Mann begraben, dem sie durch ihre Mutter geopfert wurde. Aber obgleich der alte Kerl so reich war, wie ein Jude, fand er doch so viele Mängel in dem Benehmen der Dame, dass er all sein Geld anderwärts hin vermachte. Dies ist freilich nicht allgemein bekannt, und sie trägt Sorge dafür, es geheim zu halten, weil sie gar gerne wieder heirathen möchte; auch wird es ihr wohl gelingen, wenn ihre nicht sehr bedeutenden Mittel sie in die Lage setzen, das Spiel noch ein wenig länger fortzuführen. Sie hätte beinahe sogar mich daran gekriegt; aber ein Vetter von ihr, der sie nicht leiden kann, unterrichtete mich von dem wahren Sachbestand. Sie hält noch immer ihre Equipage und scheint in Schätzen wühlen zu können; aber ihre Diamanten sind insgesammt verkauft, und sie trägt falsche Steine. Jene einfache junge Person an ihrer Seite hat Geld und kennt den Werth desselben. Sie verlangt Renten gegen Renten, und statt den Bewerber an ihren Vater oder an ihre Mutter zu verweisen, schickt ihn die kleine Hexe zu ihrem Advokaten und Geschäftsführer. So hässlich sie auch ist, würde ich mich doch zum Opfer gebracht haben; aber sie behandelte mich in dieser Weise, und meiner Seele, es that mir nicht sehr leid; denn sie ist für jeden Preis zu theuer, und ich freue mich, dass ich nicht durchgegriffen habe.“

      „Wer ist jener alte Gentleman mit dem schneeweissen Haar?“ fragte ich.

      „Dies weiss Niemand genau,“ antwortete mein Nachbar; „allein ich habe so meine Gedanken. Ich bin der Ansicht;“ fügte er bei, indem er seine Stimme zu einem Flüstern ermässigte, „dass er ein katholischer Priester — vielleicht ein Jesuit — und ein Parteigänger des Hauses Stuart ist. Meine Vermuthung ist nicht ohne Grund, denn jedenfalls ist so viel gewiss, dass er von den Sendlingen der Regierung auf’s Sorgfältigste beobachtet wird.“

      Ihr werdet Euch erinnern, Madame, wie etwa ein Jahr vor dieser Zeit das Land durch die Landung des Prätenden bennruhigt wurde, wie erfolgreich es ihm anfangs ging, und wie der Herzog von Cumberland, nachdem er von der Armee in den Niederlanden zurückgekehrt war, in Schottland einmarschirte.

      „Hat man von Schottland aus Kunde über die Bewegungen der Armeen?“ fragte ich.

      „Dem Vernehmen nach hat der Prätendent die Belagerung von Fort William aufgegeben; weiter wissen wir nicht, und es lässt sich nicht gut sagen, in wiefern das Gerücht wahr ist. Ihr Herren vom Militär müsst natürlich in der einen oder der andern Weise Krieg haben,“ warf mein Nachbar in gleichgültiger Weise hin.

      „Was die Frage des Fechtens betrifft,“ erwiederte ich, „so wäre es mir ziemlich gleichgültig, auf welcher Seite ich kämpfte, da der Anspruch beider Parteien blos Sache der Meinung ist.“

      „Wirklich?“ entgegnete er, „und für welche Seite entscheidet sich die Eurige?“

      „Für gar keine, denn ich glaube, das Recht liegt bei beiden Theilen ziemlich gleich in der Wagschale. Das Haus Stuart verlor den Thron Englands wegen seiner Religion, und das von Hannover ist aus demselben Grunde zur Herrschaft berufen worden. Beide haben zur Zeit zahlreiche Anhänger, und weil Hannover für den Augenblick stark ist, so folgt daraus nicht, dass das Haus Stuart seine Sache aufgebe, so lange es noch Aussicht auf Erfolg hat.“

      „Das ist wahr; aber wenn Ihr Euch für die eine oder für die andere Seite entscheiden müsstet, welcher würdet Ihr den Vorzug geben?“

      „Natürlich würde ich die protestantische Religion lieber unterstützen, als die katholische. Ich bin Protestant, und dies ist Grund genug.“

      „Ihr habt Recht,“ entgegnete mein Nachbar. „Ist Euer wackerer Freund derselben Ansicht?“

      „Ich habe ihn nie darüber gefragt, glaube aber recht wohl für ihn mit Ja antworten zu können.“

      Es war ein Glück, Madame, dass ich meine Erwiederung also

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