Der Kaperschiffer vor hundert Jahren. Фредерик Марриет

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Der Kaperschiffer vor hundert Jahren - Фредерик Марриет

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wir hinliefen, indem wir unsere gedruckten Kattune und Eisenwaaren gegen Elfenbein, Goldstaub und Wachs eintauschten. Nachdem wir uns sechs Wochen an der Küste aufgehalten, fuhren wir in den Senegal ein, um daselbst den Rest unserer Ladung zu veräussern, die uns von dem Gouverneur des Forts abgenommen wurde. Er liess uns immerhin einen schönen Nutzen, obschon der Tausch lange nicht so einträglich war, wie unser Küstenverkehr; doch dies liess sich auch nicht wohl erwarten, da wir eigentlich nur noch mit ausgelesener Waare versehen waren. Der Kapitän war sehr erfreut in dem Bewusstsein, dass der Eigenthümer mit ihm zufrieden sein würde, und seine Zufriedenheit wurde durch den Umstand nicht wenig erhöht, dass er für eigene Rechnung bei dem Kargo mitspekulirt hatte. Der Rest des Elfenbeins aus den Vorräthen des Gouverneurs war eben eingelaufen, und wir hatten nur noch hinreichenden Mundvorrath und Wasser für die Heimreise einzunehmen, als ein Vorfall stattfand, den ich hier berichten muss. Unsere Mannschaft bestand aus dem Kapitän, mir, der die Stelle des ersten Maten begleitete, dem zweiten Maten und zwölf Matrosen, von denen vier früher mit mir in der Gefangenschaft der Neger gewesen, und in derselben Weise, wie ich bei Gelegenheit unserer frühern Reise berichtete, befreit worden waren. Diese vier Männer liebten mich sehr, vielleicht hauptsächlich wegen meines Wohlwollens gegen sie in der Zeit, als ich Sklave der Königin Whyna war; denn ich sorgte für sie in aller nur möglichen Weise, und wusste die Verwendung meiner Gebieterin dahin zu benützen, dass sie stets von der Tafel des Königs mit reichlichem Mundvorrath versehen wurden. Den zweiten Maten und die übrigen acht Matrosen hatten wir zu Liverpool eingenommen; es waren schöne kräftige Leute, aber von sehr lockerem Charakter, obschon wir dies erst nach unserer Ausfahrt entdeckten. Im Senegal lag neben uns eine niedrige schwarze Brigg vor Anker, die im Sklavenhandel Geschäfte machte und gleichzeitig mit uns in der Bai eingelaufen war — letzteres sehr zur Ueberraschung der Mannschaft, denn obschon sie als eine sehr schnelle Seglerin galt, war sie doch in allen Punkten durch unser Schiff ausgestochen worden, welches man für das schnellste Liverpooler Fahrzeug hielt. Die Mannschaft des Sklavenhändlers war sehr zahlreich und eine so blutdürstige Bande, wie mir nur je eine vorgekommen ist. Ihr Boot lag stets neben unserem Fahrzeug, und ich bemerkte, dass ihre Besuche vorzugsweise den acht Matrosen galten, welche wir zu Liverpool eingenommen hatten; mit der übrigen Mannschaft schienen sie sich auf keine Bekanntschaft einlassen zu wollen. Dies machte meinen Argwohn rege, und obschon ich vor der Hand schwieg, waren meine Augen und Ohren doch nicht träge. Als ich eines Vormittags am Fusse der Hüttentreppe stand und unter der Tempellucke vom Deck aus nicht bemerkt werden konnte, vernahm ich, wie unsere Leute über Bord hinunter sprachen, und da ich mich fortwährend verborgen hielt, um von dem Gespräch etwas auffangen zu können, so hörte ich endlich einen der Sklavenschiffmatrosen vom Boot aus sagen: „heute Abend um acht Uhr wollen wir kommen und die ganze Sache in’s Reine bringen.“ Das Boot schob sodann ab und ruderte nach der Brigg zurück.

      Nun pflegte der Kapitän jeden Abend ans Ufer zu gehen, um mit dem Gouverneur Sangaré zu trinken und zu rauchen. Ich begleitete ihn sehr oft, und das Schiff blieb in solchen Fällen unter der Obhut des zweiten Maten. Auch heute war es meine Absicht gewesen, an’s Land zu gehen, und ich hatte dies dem zweiten Maten mitgetheilt, denn wir gedachten uns nur noch zwei Abende bei dem Fort aufzuhalten; nach dem aber, was ich vernommen, beschloss ich, an Bord zu bleiben. Etwa eine Stunde vor Sonnenuntergang beklagte ich mich über Kopfweh und Uebelkeit, und setzte mich unter die Zeltdecke über den Hintertheil des Halbdecks. Als der Kapitän heraufkam, um an’s Ufer zu gehen, fragte er mich, ob ich bereit sei; ich gab jedoch keine Antwort, sondern drückte blos die Hand an den Kopf.

      Der Kapitän, welcher meinte, ich werde wohl das in der Gegend herrschende Fieber kriegen, war sehr besorgt, und forderte den zweiten Maten auf, er solle ihm helfen, mich nach meiner Kajüte hinunterzubringen; dann begab er sich an’s Land. Die vier Männer, welche mit mir in der Gefangenschaft gewesen, ruderten wie gewöhnlich das Boot, denn der Kapitän wusste, dass er am Land ihnen besser trauen konnte, als den Uebrigen, welche sich in Branntwein betranken, so oft sich Gelegenheit dazu gab. Ich blieb bis fast acht Uhr in meinem Bette, und kroch dann leise die Hüttenlucke hinauf, um nachzusehen, wer auf dem Deck sei. Die Matrosen befanden sich insgesammt unten in dem Fockpiek beim Nachtessen, und da ich schon früher bemerkt hatte, dass sie ihre Besprechungen in der Back zu halten pflegten, so begab ich mich in das Vorderschiff und bedeckte mich daselbst mit einem Theil des grossen Marssegels, welches die Mannschaft im Laufe des Tages ausgebessert hatte. In solcher Deckung konnte ich Alles hören, was vorging, mochten die Leute in das Fockpiek hinuntergehen oder ihr Gespräch in der Back führen. Ungefähr zehn Minuten nachher vernahm ich den kratzenden Ton des Bootes an der Schiffsseite, und unmittelbar darauf stiegen die Matrosen des Sklavenschiffs auf das Deck.

      „Ist Alles in Richtigkeit?“ fragte Einer von den Leuten des Sklavenschiffs.

      „Ja,“ versetzte unser zweiter Mate. „Der Schiffer ist mit seinen Leuten am Land und der erste Mate hat das Fieber.“

      „Um so besser,“ entgegnete ein Anderer. „So hat man mit Einem weniger anzubinden. Doch jetzt zur Sache, meine Jungen. Wir müssen noch heute Abend Alles ausmachen, so dass wir nicht mehr zusammenzukommen brauchen, bis die ganze Geschichte abgethan ist.“

      Sie begannen sodann sich zu berathen, und ich entnahm aus ihrem Gespräche, dass ihrer Uebereinkunft gemäss unser Schiff geentert und in Besitz genommen werden sollte, sobald es ein Paar Meilen aus der Bai wäre; denn die Sklavenschiffer wagten es nicht, uns anzugreifen, so lange wir in der Nähe des Forts vor Anker lagen. Der zweite Mate und die acht Matrosen, die zu uns gehörten, sollten thun, als leisteten sie Widerstand, bis sie in den Raum hinuntergeschlagen wären; habe man dann das Schiff gewonnen, so wolle man den Kapitän, mich und die andern vier Männer, welche mit dem Boot am Lande waren, für immer zum Schweigen bringen. Hierauf wurde verhandelt, was mit der sehr werthvollen Ladung geschehen, und in welchem Verhältniss nach Verkauf derselben das Geld vertheilt werden sollte. Sofort wurde bereinigt, welche Matrosen man zu Offizieren an Bord des Fahrzeugs machen wollte, das sie ohne Zweifel in ein Piratenschiff umzuwandeln gedachten. Ferner entdeckte ich, im Falle des Gelingens sei es ihre Absicht, ihren eigenen Kapitän und diejenige Mannschaft des Sklavenhändlers, welche es nicht mit ihnen halte, zu tödten, das Schiff aber, welches sehr alt war, in den Grund zu bohren.

      Die Berathung endete mit einem feierlichen schändlichen Eid, welcher Jeden zur Treue und zur Geheimhaltung des Vorhabens verpflichtete; dann stiegen die Matrosen des Sklavenhändlers in ihr Boot und ruderten nach ihrem eigenen Schiff zurück. Der zweite Mate und unsere Leute blieben noch etwa eine Viertelstunde auf dem Deck, stiegen dann insgesammt durch die Leiter nach dem Fockpiek hinunter und suchten ihre Hängematten auf.

      Sobald ich glaubte, mit Sicherheit meinen Platz verlassen zu können, kroch ich aus meinem Lauschwinkelchen hervor und zog mich nach der Kajüte zurück. Es war ein Glück, das ich dies gethan hatte, denn eine Minute später hörte ich Tritte auf dem Deck, und der zweite Mate kam nach der Hüttenlucke herunter, um mich zu fragen, ob ich nicht etwas brauche. Ich antwortete mit Nein; ich fühle mich sehr unwohl, und hoffe nur, dass ich eine leidliche Nacht bekommen möge. Dann fragte ich ihn, ob der Kapitän zurückgekehrt sei, und nach einer verneinenden Erwiederung zog er sich zurück. Sobald ich allein war, begann ich zu erwägen, was sich wohl in dieser verfänglichen Frage anfangen lasse. Ich kannte den Kapitän als einen sehr bedenklichen Mann, und wagte es desshalb nicht, ihm das Geheimniss anzuvertrauen, weil ich voraussah, er werde sich in einer Weise benehmen, welche die Matrosen belehren musste, dass sie entdeckt und ihre Plane verrathen seien. Dagegen konnte ich mich auf meine früheren Leidensgenossen verlassen. Es war Dienstag Abend, und wir hatten uns vorgenommen, am Donnerstag abzufahren. Es gebrach uns an den erforderlichen Vertheidigungsmitteln, da die kleine Kanone an Bord Gallen hatte, und fast nutzlos war; denn wenn sie allenfalls auch noch zu Signalschüssen Dienste leistete, so wäre sie doch sicherlich augenblicklich zersprungen, hätte man sie mit einer Kugel laden wollen. Allerdings waren wir mit Musketen und Stutzsäbeln versehen; aber was konnten wir uns hievon versprechen, wenn wir gegen eine so überlegene Macht anzukämpfen hatten, während zugleich die Meisten der Unsrigen Verräther waren? Natürlich konnten wir unter solchen Umständen unmöglich lange Stand halten. Ich zweifelte nicht daran, dass die Sklavenschiffmatrosen zuerst sich ihres eigenen Fahrzeugs zu bemächtigen

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