Der Kaperschiffer vor hundert Jahren. Фредерик Марриет

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Der Kaperschiffer vor hundert Jahren - Фредерик Марриет

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begleite den König bei einem Jagdausflug. — Jagd auf wilde Thiere. — Whyna und ich gerathen durch einen Tiger in grosse Gefahr. — Barbarei des Königs gegen meine junge Gebieterin. — Ich werde mit meinem Gefährten ausgelöst. — Wehmüthiger Abschied von Whyna. — Nach einem Zusammentreffen mit einem feindlichen Volke erreichen wir den Senegal. — Rückkehr nach England.

      Meine Gefangenschaft hatte ungefähr drei Monate gedauert, als der alte König mit seinen vier Weibern und einem grossen Negerhaufen die Stadt verliess, um in den Wäldern der Jagd obzuliegen. Meine Gefährten mussten zurückbleiben, ich aber erhielt die Weisung, meine Gebieterin zu begleiten — ein Befehl, dem ich um so bereitwilliger nachkam, weil ich hoffte, durch irgend ein Mittel meine Flucht zu bewerkstelligen, denn meine Furcht vor dem alten König war viel grösser, als meine Zuneigung zu Whyna. Da ich mit Bogen, Pfeilen und Wurfspiessen nicht sonderlich geschickt umzugehen wusste, so wurde ich mit einem starken Speer bewaffnet. Meine Gebieterin verstand sich auf die Führung der ersteren Waffen zum Bewundern gut, denn ich hatte sie nie ihr Ziel verfehlen sehen, und sie nahm sich bei diesem Jagdausflug ganz besonders vortheilhaft aus. Ihre Behendigkeit, das Ebenmass ihrer Glieder, ihr Muth und die geschickte Handhabung der Waffen — Alles dies gewann das Herz des alten Königs, und ich glaube, dass seine grosse Zuneigung zu ihr mehr in dieser, als in ihren übrigen Eigenschaften begründet war. So viel unterlag keinem Zweifel, dass die wilde Majestät ganz in sie vernarrt war, während sie ihrerseits solchen Einfluss auf ihn übte, dass sein sonst unbeugsamer Starrsinn sich ihr gegenüber brach. Da ihn sein Alter hinderte, die Jagd mitzumachen, so liess er sie nur ungern von sich und verwarnte sie stets, sich ja nicht in nutzlose Gefahr einzulassen; kamen wir dann Abends in’s Lager, so funkelten die Augen des alten Mannes entzückt, wenn er die Zurückkehrende willkommen hiess.

      Unsere Jagdmethode bestand darin, dass wir mit einer Anzahl Leute in einem weiten Kreise das Land durchstörten, bis wir alles Wild in ein einziges Dickicht getrieben hatten; dann brachen die stärksten Krieger mit ihren langen Speeren in dasselbe hinein und scheuchten die Thiere heraus, welche nun von den im Kreise stehenden Jägern erlegt wurden.

      Die Thiere, welche wir zu bestehen hatten, waren grosse schwarze Wildschweine, Leoparden, Schakale, Tiger, Panther und noch andere, die ich nicht zu nennen weiss. Trotz der Wildheit, mit welcher die meisten dieser Bestien herauszuspringen pflegten, wurden sie doch alsbald mit einem Schauer von Wurfspiessen empfangen oder durch die starken Speere der Krieger durchbohrt, so dass nur wenige entkamen und nur selten durch sie ein Unglück geschah. Eines Tages jedoch, als die Treiber eben in ein Dickicht eingedrungen waren, hörte Whyna, die im Kreis der übrigen Jäger stand und auf die Jagd sehr erpicht war, etwas im Gebüsch rascheln; sie näherte sich dem Stande desselben, um den ersten Streich auf das herauskommende Thier führen zu können. Wie gewöhnlich befand ich mich in ihrer Nähe. Mit einmal stürzte ein grosser Tiger hervor nach welchem sie ihren Wurfspiess entsandte, ohne jedoch die Bestie in einem Grade zu verwunden, dass sie ungefährlich geworden wäre. Der Tiger wandte sich um, und ich bohrte ihm meinen Speer in die Kehle. Dies that ihm für einen Augenblick Einhalt; dann aber machte er wieder einen Sprung, unter welchem das Speereisen zwar tiefer hineindrang, zugleich aber der Schaft abknickte, so dass wir uns von der dringlichsten Gefahr bedroht sahen. Sowohl Whyna als ich, wir Beide ergriffen vor der Wuth des Thiers die Flucht; dieses aber war uns noch immerhin nahe genug, dass es trotz der von meinem Speer ihm versetzten Wunde uns mit zwei oder drei Sprüngen einholen konnte. Meine Gebieterin war so schnell wie der Wind und kam bald an mir vorbei; sie fasste mich bei dieser Gelegenheit an der Hand und schleppte mich mit solcher Eile fort, dass ich mich nur mit Noth auf den Beinen erhalten konnte. Die umstehenden Jäger waren über ihre Gefahr sehr erschrocken, und da sie wohl wussten, was sie von dem Zorn des alten Königs zu gewärtigen hatten, wenn ihre Gebieterin durch den Tiger getödtet wurde, so warfen sie sich zwischen uns und die Bestie, welche sie endlich auch mit ihren Speeren erlegten, obschon in dem wilden Kampfe Einige um’s Leben kamen und Viele verwundet wurden. Der ungewöhnlich grosse Kopf des Raubthiers wurde abgehauen und im Triumph zu dem alten König gebracht. Als dieser von der Gefahr hörte, welcher Whyna ausgesetzt gewesen, liebkoste er sie unter Thränen, und ich konnte mich dabei des Gedankens nicht erwehren, dass der alte Elende am Ende doch ein Herz habe. Whyna theilte dem König mit, wenn ich das Thier nicht mit einem Speer durchbohrt und so seinen ersten Sprung verhindert hätte, wäre es um ihr Leben geschehen gewesen. Das Ungeheuer grinste mir hierauf mit einem hässlichen Lächeln zu, das, wie ich vermuthe, entweder Beifall oder Dankbarkeit bedeuten sollte.

      Zu andern Zeiten galt die Jagd der grossen Menge von Vögeln, die sich in den Wäldern vorfanden. Man bediente sich bei derselben nur des Bogens und der Pfeile, so dass ich bei der ganzen Sache nichts zu thun hatte, als die von meiner Gebieterin erlegten Thiere aufzulesen und ihr die Pfeile zurückzugeben; sie schoss den Vogel stets in den Flügel — eine Fertigkeit, auf die sich ausser ihr nur Wenige verstanden. Allmälig gewann ich die Jagd lieb, da sie zugleich auch mit Gefahr verknüpft war, und ich fühlte mich nie glücklicher, als wenn ich ihr obliegen konnte. Wir hielten gegen zwei Monate in den Wäldern aus; dann aber wurde der König der Sache überdrüssig, und wir kehrten nach der Stadt zurück, wo ich noch einige Zeit in derselben Weise, wie früher, fortlebte.

      Ich würde mich in der Zuneigung meiner Gebieterin auch als Sklave vollkommen glücklich gefühlt haben, wenn nicht einige Tage nach unserer Rückkehr von der Jagd der alte Wütherich eine neue Probe von seiner unbegrenzten Grausamkeit abgelegt hätte, die uns Alle mit Bestürzung und Entsetzen erfüllte; denn wir entnahmen daraus, dass nicht einmal Whyna stets das wilde Ungeheuer zu bändigen im Stande war.

      Eines Morgens bemerkte ich, dass einer von des Königs Wachen, der mich stets sehr liebevoll behandelt, und den auch ich liebgewonnen hatte, an den Henkerpfahl vor der Hütte angebunden war. Da ich wohl wusste, welch ein Schicksal ihm bevorstand, so eilte ich in Whyna’s Hütte, und langte daselbst in so trostlosem Zustande an, dass ich nicht zu sprechen vermochte. Ich konnte nur ihre Kniee umklammern und den Namen des Negers wiederholen, indem ich zugleich auf den Pfahl deutete, an welchen er gefesselt war. Sie verstand mich, und da ihr gleichfalls an der Rettung des Mannes gelegen war, oder sie mir vielleicht einen Gefallen erweisen wollte, so eilte sie nach der grossen Hütte, um bei dem alten Barbaren Schonung für den Unglücklichen zu erwirken. Dieser aber tobte in leidenschaftlicher Wuth einher, verweigerte geradezu die Begnadigung, und erhob seinen Säbel, um dem Neger den Garaus zu machen. Whyna fiel ihm in den Arm, um den Hieb abzuwenden; doch jetzt verdoppelte sich die Wuth des Königs. Seine Augen funkelten wie glühende Kohlen; er warf ihr einen teuflischen Blick zu, ergriff sie beim Haar, zerrte sie vor seinen Füssen hin, erhob den Säbel und war augenscheinlich im Begriff, ihr den Kopf abzuhauen. Das Entsetzen und die Gefahr, in welcher sich meine Gebieterin befand, lähmte alle meine Gliedmassen; indess dachte ich doch, er werde den Streich nicht führen. Ich hatte keine Waffe, aber wenn er die grausame That begangen hätte, so würde ich ihren Tod gerächt haben, obschon ich dafür meines eigenen Lebens verlustig gegangen wäre. Endlich liess aber das alte Ungeheuer ihr Haar los; er stiess sie mit dem Fuss von sich, so dass sie auf dem Sand fortrollte, und wandte sich sodann nach dem unglücklichen Gebundenen, dem er mit einem schrägen Aufwärtshieb seines Säbels die Seite bis zur Brust zertheilte, so dass die Eingeweide auf die Erde niederfielen. Hierauf sah er mit einem Blick umher, ob dem uns das Blut in den Adern gerann, und dann ging er finster in seine Hütte zurück, uns Zeit lassend, uns von unserem Entsetzen wieder zu erholen.

      Was meine Gebieterin betraf, so war sie zu gleicher Zeit von Schrecken und Wuth erfüllt. Sobald ich sie nach ihrer Hütte zurückgeführt hatte und wir allein waren, machte sie dem Sturm der Leidenschaften, der ihren Busen schwellte, Luft, verwünschte ihren Gatten in den ungezügeltsten Ausdrücken des Ekels und Abscheus, und beklagte in der bittersten Weise ihr Geschick, welches sie an ein solches Ungeheuer gefesselt hatte. Zitternd ob der Gefahr, welcher ich sie blossgestellt hatte, und durch ihre Lage gerührt, konnte ich nicht umhin, meine Thränen mit den ihrigen zu vermischen, und durch Liebkosungen sowohl, als Beileidsbezeugungen ihre Aufregung zu beschwichtigen. Hätte mich der alte König damals gesehen, so weiss ich nicht, was aus uns Beiden geworden wäre; aber ich kümmerte mich in jenem Augenblicke um nichts. Jung und heftig, wie ich war, hatte ich mir fest vorgenommen, dass der Wütherich sich weder an mir, noch an

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