Perry Rhodan-Paket 62: Mythos (Teil2). Perry Rhodan
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Rekordrechner: Moderne Supercomputer sind noch immer monströse Maschinen, die eine ganze Halle füllen und viel Energie benötigen. Das ist sehr langfristig betrachtet ein zivilisatorischer Überlebensnachteil, weil Effizienz und Miniaturisierung alternativlos werden. Das Foto zeigt den momentan schnellsten Rechner der Welt, einen Summit (OLCF-4) von IBM mit über 500 Quadratmeter Grundfläche am Oak Ridge National Laboratory in Tennessee, USA. Er hat eine Spitzenleistung von 122,3 PetaFLOPS (Gleitkommaoperationen pro Sekunde) und besteht aus einer Hybridarchitektur mit POWER9-Hauptprozessoren (3,1 Gigahertz Taktfrequenz) und Rechenbeschleunigern vom Typ Nvidia-Volta GV100 GPU (Grafikprozessoren). Für spezielle Aufgaben kann Summit sogar 3,3 Trillionen Rechenoperationen pro Sekunde (ExaFLOPS) ausführen. Der gesamte Arbeitsspeicher hat 10 Petabyte plus 1600 Gigabyte pro GPU. Summit benötigt 15 Megawatt – fast doppelt so viel wie ein Hochgeschwindigkeitszug vom Typ ICE 3. [IBM, OLCF]
Ihr Resümee: »Es gibt im heutigen Universum also keinen Anreiz, um irreversible Operationen zu verzögern, bis eine Zivilisation alle zugängliche Materie kontrollieren kann und diese vollständig thermalisiert ist, das heißt einen nichtgravitativen Wärmetod erlitten hat.«
Falls das wachsende Volumen und somit die Abnahme des Drucks und der Teilchendichte des Universums eine Rolle spielt oder das Photon eine winzige Ruhemasse hätte (experimentell nicht ausgeschlossen sind Werte von maximal 10-18 Elektronenvolt), könnte die Argumentation fehlgehen. Aber dafür gibt es bislang keinen Grund. Die Rechengrenzen könnten auch von der Isolation der Reservoirs oder der endlichen Größe der Atome abhängen. Doch dies ist unklar und wurde nicht weiter berücksichtigt.
Ultimativ ist die Kosmische Hintergrundstrahlung freilich das letzte und globale Reservoir. Erst wenn alles mit ihr im thermodynamischen Gleichgewicht steht, hat das Universum seinen Wärmetod erreicht. Dann kann keine Arbeit mehr verrichtet werden, und eine Löschung oder Zusammenführung von Informationen ist physikalisch nicht mehr möglich.
Bis dahin ist aber noch sehr viel Zeit. So setzt ja auch der Protonenzerfall erst sehr viel später ein, als die Hintergrundstrahlung ihre Minimaltemperatur von etwa 2,7 · 10-30 Kelvin erreicht – was im Rahmen des gegenwärtig favorisierten kosmologischen Standardmodells schon in 1012 Jahren der Fall wäre. Diese Minimaltemperatur kann der Weltraum aus quantenphysikalischen Gründen – der Entstehung von Gibbons-Hawking-Strahlung – nicht unterschreiten, wenn das Universum weiter beschleunigt expandiert. Und dies ist gegenwärtig der Fall sowie auch künftig, falls die Kosmologen nicht noch gegenteilige Befunde messen.
Lohnt sich Gier mehr als Geduld?
»Ich stimme dieser Kritik weitgehend zu und habe die Wissenschaftler sogar ermuntert, ihre Einwände zu veröffentlichen«, räumt Milan Ćirković ein. »Ich persönlich denke, dass die Ästivation-Hypothese nicht die richtige Lösung des Fermi-Paradoxons ist.«
Freilich sind dies zwei verschiedene Fragen: ob die Ästivation-Hypothese wahr ist und wie sich das Fermi-Paradoxon lösen lässt. Versagt die Annahme der Ästivation bei der Lösung, macht es diese Annahme unplausibel, aber noch nicht falsch.
Bennett und seine Kollegen widersprechen jedoch der These, dass es günstig sei, möglichst früh möglichst viel Masse und Energie zu sammeln sowie für spätere Zeiten zu horten, in denen die Hintergrundstrahlung kälter ist und sich effizienter für die Abgabe der Abwärme nutzen lässt. Tatsächlich könnte sich Gier sogar mehr lohnen als Geduld: Reversible Entropie-Umschichtungen in Reservoiren sind möglich, solange Materie zugänglich ist – daher sollten hoch entwickelte Zivilisationen so viel vom Universum in Besitz nehmen, wie es geht, weil ihnen das insgesamt mehr Spielräume eröffnet. Das gilt nicht nur für Rechenzwecke, sondern für jede Art von Arbeit, beispielsweise auch an galaktischen Großbaustellen.
Von solchen Riesenprojekten, etwa der Ummantelung von Sternen zur Energiegewinnung (sogenannten Dyson-Sphären) oder Kollektoren bei Schwarzen Löchern haben Astrophysiker bislang allerdings keine Spuren entdeckt. Dabei kommt eine solche kosmische Ingenieurskunst nicht ohne Emission von Infrarotstrahlung aus.
Daher lässt sich die Auswanderung in die Zukunft, die Ästivation, auch nicht einfach abweisen – ebenso wenig wie die Auswanderung in die Ferne hin zu den Außenbezirken der Galaxien. Vielleicht können oder wollen manche postbiologischen Superzivilisationen gar nicht expandieren, um sich nicht zu verzetteln oder Aufmerksamkeit von Konkurrenten zu erregen? Oder weil die Endlichkeit der Lichtgeschwindigkeit zusammenhängende, dialogische Kulturen zersplittert und also verhindert, falls sich diese über interstellare oder gar intergalaktische Imperien und somit Distanzen zu erstrecken begehren?
Der Sinn des Lebens
Über die wissenschaftlichen Aspekte hinaus kann man auch kosmische Sinnfragen stellen. Sandberg nennt vier Alternativen.
• Wenn der »Sinn des Lebens« darin besteht, dass lokal so viele glückliche Wesen wie möglich existieren, können Zivilisationen weit verbreitet sein und getrennt bleiben.
• Wenn der Sinn »nichtlokal« ist, dürften die Zivilisationen nicht fragmentieren und wären daher maximal auf Galaxien-Superhaufen beschränkt, weil die kosmische Expansion keinen größeren Zusammenhalt gewährt.
• Wenn der Sinn endlich ist – etwa das Erschaffen eines perfekten Kunstwerks oder das Spielen aller guten Schachpartien –, hätte man irgendwann vielleicht damit abgeschlossen und bräuchte keine weiteren Ressourcen mehr.
• Wenn der Sinn hingegen »bescheiden« in der Realisierung eines planetarischen Utopia liegt, könnte man das restliche Universum weitgehend ignorieren – obschon eine interstellare Kolonisation gut für die eigene langfristige Sicherheit sein mag, um nicht von fremden Zivilisationen überrollt zu werden.
Unter Umständen könnte sich die Ästivation-Hypothese sogar durch astronomische Beobachtungen erhärten lassen. Da es für eine Superzivilisation langfristig optimal wäre, so viel Energie – und damit Materie – zu nutzen wie möglich, würde es sich rechnen, einen Materialverlust zu verringern. Zu diesem gehört das Entweichen von Sternen und Gaswolken aus Galaxien oder Galaxienhaufen. Solche Prozesse sollten also verhindert werden. Wie sich das bewerkstelligen und von uns nachweisen ließe, ist freilich unklar. Würde man gravitativ gebundene Strukturen im All finden, die größer sind, als es vom kosmologischen Standardmodell vorausgesagt wird, wäre das in jedem Fall eine genauere Untersuchung wert.
Ein Universum voller Sterne: Was für die Entstehung von Leben und Intelligenz eventuell notwendig ist, kann langfristig ungünstig werden: starke Energieschleudern, die wertvolle Ressourcen verschwenden. Künftige Superzivilisationen halten sich deshalb vielleicht in weitaus unspektakuläreren kosmischen Regionen auf. – Das Foto zeigt NGC 2264, den Konus-Nebel: eine staubige Dunkelwolke im Sternbild Einhorn, 2700 Lichtjahre entfernt. Die glühenden Wasserstoffwolken daneben werden von jungen Sternen zum Leuchten angeregt, zuweilen Weihnachtsbaum-Sternhaufen genannt. Die Aufnahme stammt vom Wide Field Imager, einem Detektor mit 67 Millionen Pixeln am MPG/ESO-2,2-Meter-Teleskop der Europäischen Südsternwarte auf dem Berg La Silla in Chile. [ESO]