Die fliegende Schule der Abenteurer. Thilo
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Читать онлайн книгу Die fliegende Schule der Abenteurer - Thilo страница 2
Severin Maximov bückte sich nach seiner Aktentasche und tauchte mit einem Stapel internationaler Zeitungen wieder auf. Er warf sie auf den Tisch, als wollte er dort ein Lagerfeuer vorbereiten.
„Da!“, rief er verächtlich. „Paris, London, New York – sogar im Sudan wird über ihn berichtet!“
Tatsächlich hatte es der berüchtigte Meisterdieb bei den meisten dieser Zeitungen auf die Titelseite geschafft. Diesmal nach dem dreisten Raub eines Van-Gogh-Gemäldes aus einem Museum bei Amsterdam. Wie nach jedem erfolgreichen Einbruch winkte das Phantom auch hier dreist in eine Sicherheitskamera, natürlich mit seiner berühmten Panthermaske über dem Gesicht.
„Catherine …“, brummte Dr. Helmut Martinsberger mit der beruhigenden Stimme eines Löwenbändigers. „Im Tresorraum liegt der Feuertiger sicher. Im Rittersaal jedoch …“
Maximov und Helmstad nickten.
Catherine Noir aber warf nur einen kurzen Blick auf die Zeitungen.
„Muss ich euch daran erinnern, wer wir sind?“, stauchte sie die Männer zusammen. „Seit über dreihundert Jahren erforschen und entdecken die Mitglieder des Adventure Club of Europe die Geheimnisse und Mysterien dieser Welt. Von den Tiefen von Loch Ness bis auf die Gipfel des Himalajas – kein Risiko, keine Gefahr konnte die tapferen Männer und Frauen des ACE jemals aufhalten. Und nun sollen wir vor einem Dieb mit einer Leopardenmaske in die Knie gehen?“
„Panther …“, widersprach Helmstad zögerlich. „Das Phantom trägt eine Panthermaske …“
Noir achtete nicht auf ihn.
„Ob die Gebrüder Eulenstein, Entdecker der Lüfte, Ursula Weber, die Erfinderin des ersten Androiden, oder unser Gründungsvater – sie alle glaubten an das Unglaubliche, das Unfassbare.“
Unvermittelt schlug nun auch Noir auf den Tisch. „Ich werde nicht zulassen, dass sich die heutigen Mitglieder wie Kaninchen in ihren Höhlen verkriechen. Das Phantom will uns besuchen? Schicken wir ihm eine Einladung!“
Nun räusperte sich der Mann auf dem Sessel, der bisher mit keinem Wort zu der Diskussion beigetragen hatte. Harold Godric McFinnegan war Lehrer für Kartografie und Geomantie – und Schotte. Wie die meisten seiner Landsleute war auch McFinnegan kein Mann großer Worte.
„Schotten fürchten sich vor nichts und niemandem“, knurrte er bärbeißig. „Außer, dass der Whisky alle ist …“
Noir lächelte. „Dann bleibt alles so wie immer! Meine Stimme zählt dreifach!“
Maximov boxte mehrmals wutschnaubend in die Luft. Dann drehte er sich um und verließ das Zimmer. Die anderen Männer folgten ihm.
Catherine Noir blieb alleine zurück. „Jede Krise birgt auch eine Chance …“, murmelte sie und verstaute die Zeitungen in ihrer Schublade.
Bevor sie die Lade schloss, fiel ihr Blick noch auf eines der Fotos vom Phantom mit der Panthermaske. Es lächelte zurück. So als würde es sich auf das Kräftemessen mit dem ACE freuen.
Gäste aus aller Welt
Belle Pompadour saß auf dem Beifahrersitz des schwarzen Oldtimers, der mit 160 Stundenkilometern die schmale Straße entlangbretterte und genoss den scharfen Fahrtwind. Zwischendurch überprüfte sie immer wieder ihre Frisur. Heute Vormittag hatte sie sich in London eine rosa Strähne ins blonde Haar färben lassen, noch hatte sie sich nicht daran gewöhnt. Sie klappte den Spiegel hoch. Genauso wenig würde sie sich jemals an die Sturheit ihres Vaters gewöhnen. Die Straßen wurden immer schmaler und schlechter – aber Pierre Pompadour weigerte sich einfach, ein Navi anzustellen.
„Papa“, ermahnte sie ihn. „Sind wir auch wirklich richtig? Ich habe seit einer Viertelstunde kein einziges Straßenschild mehr gesehen.“ Auch an Häusern, geschweige denn Menschen, waren sie schon ewig nicht mehr vorbeigekommen.
Pierre Pompadour grinste und drückte das Gaspedal noch mehr durch. Belle seufzte und sah aus dem Fenster. Sie war aufgeregt wie … wie … na, wie an ihrem ersten Schultag eben. Ihre Familie hatte bisher mit dem ACE absolut nichts zu tun gehabt. Der Club war auf sie aufmerksam geworden, weil Belle nach einer missglückten Safari als Achtjährige eine Woche alleine in der Sahara überlebt hatte. Außerdem beherrschte sie mittlerweile acht Sprachen und war eine Expertin für Hieroglyphen des Altertums. Trotzdem war Belle angespannt. Konnte sie mit all den Supertalenten der Akademie überhaupt mithalten? Die meisten der anderen Schülerinnen und Schüler stammten aus Familien, die seit Jahrhunderten mit dem Adventure Club of Europe zu tun hatten, wie Belle wusste. Deren Vorfahren waren bei Ausgrabungen von ägyptischen Pharaonen dabei gewesen, hatten die letzten Tasmanischen Tiger in Australien wieder ausgewildert oder 1924 an der ersten unbemannten Mondumrundung teilgenommen (die Passagiere waren ausschließlich Frauen gewesen, was Belle sehr belustigte …).
Und sie? Ja, sie hatte eine Menge Wissen zu bieten und nebenbei auch noch alle Jugendturniere Frankreichs im Fechten gewonnen. Aber reichte das?
Mit quietschenden Reifen bog der Oldtimer im letzten Moment in einen Waldweg ein.
„Papa!“, brüllte Belle aufgeregt.
„Belle!“, antwortete ihr Vater mit einem beinahe schon herablassenden Lächeln. „Ich bin noch immer da hingekommen, wo ich hinwollte. So ein modernes Gerät passt einfach nicht zu diesem Auto.“
Belle schnaubte. „Wenn wir zu spät kommen, dann …“
Pierre Pompadour kaute auf den Spitzen seines Schnurrbartes herum. Da plötzlich die Sicht schlechter wurde, musste er das Tempo auf für ihn lahme 120 km/h drosseln. Es wurde von Minute zu Minute nebeliger. Bald sah Belle fast gar nichts mehr. Und dann standen sie vor einer alten Mühle. Dahinter war nur Wald.
„Bist du sicher, dass das die Akademie ist?“, fragte Belle spitz.
Pierre Pompadour antwortete nicht. Er riss nur das Steuer herum, gab Vollgas und brauste in die Richtung zurück, aus der sie gekommen waren.
Belle hätte ihn erwürgen können! Wie konnte man nur so verstockt sein! Wahrscheinlich waren sie von Deep Fog Castle mittlerweile weiter entfernt als vom Mond! Der Nebel allerdings passte immerhin. Aber den gab es in England ja häufiger als Wochentage …
Belle wurde herumgeschleudert, als ihr Vater in eine Allee einbog. Hupend überholte er einen dreckverkrusteten Geländewagen mit ausklappbarem Zelt auf dem Dach. Auch an einem glänzenden Sportwagen drängelte er sich vorbei. Und dann war sie plötzlich da. Wie aus dem Nichts tauchte die Burg aus dem dichten Nebel auf, der ihr den Namen gab.
Schwungvoll jagte Pierre Pompadour unter den acht langen Metallbeinen eines käferähnlichen Reiseobjekts hindurch auf den Vorplatz der Burg. Die Limousine bremste scharf, sodass der Kies in alle Richtungen spritzte.
Pierre Pompadour hielt Belle seine Armbanduhr unter die Nase. „15 Uhr, auf die Sekunde pünktlich!“
Augenblicklich riss Belle die Beifahrertür auf und sprang mit hochrotem Kopf aus dem Wagen.
„Danke für die tolle Fahrt, Papa!“, schimpfte sie und warf die