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dann nicht mehr da.“ Das hatte sich schnell herumgesprochen, Journalisten erfuhren es, und schon am Nachmittag stand auf den Online-Seiten der Zeitungen Dagbladet oder Atf enposten: „Skandal! Müller haut ab, weil er nicht spielt!“

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      Claus Reitmaier im Juli 2005.

      Foto: imago

      Claus Reitmaier weiß nicht, was damals wirklich geschah. „Heinz hat gesagt, er habe die Abfahrt zum Stadion verpasst.“ Tatsächlich kam der Ersatztorwart später nach, er saß dann auch auf der Bank – und sah den Tigersprung seines Konkurrenten.

      Nach dem Spiel gegen Start Kristiansand saß Reitmaier entspannt in seinem Hotel in Lillestrøm, er trank eine Fanta und aß einen Apfel. Er genoss das Lob, und er sagte, dass es gerade diese Spiele seien, wegen denen er mit 41 Jahren, wenn andere schon Brillen mit Gleitsichtgläsern tragen, immer noch nicht aufhören will: Spiele, die er für seinen Verein entscheiden kann. In denen er zeigen kann, dass er schneller reagiert als andere Torhüter.

      Manager Fjørtoft sagte, Reitmaier könne selbst entscheiden, wann er gehe. „Er kann so lange bleiben, wie er will.“ Er ging dann im November 2005, nach einem Pokalfinale gegen Molde FK. Reitmaier hatte noch nie einen Titel gewonnen, nun konnte es so weit sein, endlich. Mit 41.

      Claus Reitmaier hat seine Gefühle auf der Fanpage von Lillestrøm SK niedergeschrieben: „Beim Aufwärmen war ich in einer so großartigen Form. Kjell (der ihn warm schoss, Anm. d. Autors) konnte kein einziges Tor gegen mich erzielen, ich war wirklich großartig und ich dachte: Gut, das brauche ich für mein wirklich letztes Spiel. Ich wusste, dass ich keinen anderen Vertrag mehr unterschreiben würde, und dies würde das Ende sein, mit einem Pokal in meinen Händen! Ich war so sicher, dass wir gewinnen würden! In meinem letzten Spiel mein erster Titel!“

      Claus Reitmaier irrte sich. „Sie waren viel, viel besser“, schrieb er. „Und das Schlimmste war, ich konnte keine Rettungstat für die Mannschaft machen. Das 1:0 war eine Eins-gegen-eins-Situation, und beim 2:0 nach einer Ecke stand kein Mitspieler am kurzen Pfosten und ich sah nur ihren Stürmer. Ich wusste, dass ich den Ball nicht vor ihm bekommen konnte, aber ich versuchte, nahe an ihn heranzuspringen, um den Ball zu blocken, aber es gelang nicht und er traf. Irgendwie schossen wir kurz vor Schluss zwei Tore und ich war so sicher, dass wir das Spiel vor der Verlängerung gewinnen würden. Aber sie erzielten zwei schnelle Tore und mein Traum war vorbei, was für ein schlechter Tag. Und das war die Krönung meiner Karriere: Ich hatte nie Glück! Deshalb gewann ich nie einen Titel … Es tat mir so leid für uns und für die Fans, aber am Ende will ich jedem einzelnen Fan in Norwegen danken, dass sie mir so einen guten Abschluss meiner Karriere beschert haben.“

      Doch er kam noch einmal zurück, im Juni 2006.

      Reitmaier war nun 42 Jahre alt, ein Engagement bei Mainz 05 war daran gescheitert, dass er während der laufenden Saison keine Spielgenehmigung erhalten hatte. Lillestrøm hatte damals, im Juni 2006, wieder ein paar Verletzte und nur einen gesunden Keeper, sie brauchten einen, der sich zur Absicherung auf die Bank setzte. Also half Reitmaier noch einmal aus. Er hatte ein halbes Jahr nicht trainiert, er hatte nur Waldläufe gemacht mit seiner damaligen Freundin, und Trainer Rösler sagte: Lass es langsam angehen. „Aber ich habe mich sofort reingehauen“, erzählt Reitmaier, „ich wurde nicht müder vom Trainieren, sondern frischer und schneller.“ Würde er vielleicht doch spielen? Nicht nur auf der Bank sitzen?

      Als die Nachricht nach Lillestrøm drang, dass Santa Claus noch einmal zurückkehren würde, waren die Fanforen voll mit Einträgen – und der Forderung, er solle wieder die Nummer eins sein und Spiele retten. Wie damals gegen Kristiansand. Und wenn nicht: Einen tollen Empfang wollten sie ihm bereiten, egal, ob er spielte oder nicht. Sie wollten Lieder einstudieren, ein paar Titel hatten sie schon, etwa: „Santa Claus kommt in die Stadt“ oder: „Seht, dort tanzt der Großvater“. Sie hatten ihn schon bei seiner ersten Zeit in Lillestrøm nicht nur „Santa Claus“ genannt, sondern auch „Großvater“, liebevoll natürlich. Alle fanden die Idee gut, ihn zu besingen, nur einer meinte: „Vielleicht ist die Zeit zu kurz, ein ganzes Lied einzustudieren.“ Er hatte wohl recht, ein Lied wurde es nicht, aber ein ganz großer Empfang. Als Claus Reitmaier das Åråsen-Stadion betrat, wurde es laut, ganz laut: „Reitmaiääääär!“, „Santa Clauuuus!“, „Großvateeeer!“

      „Die Leute sind fast durchgedreht“, erinnert sich Reitmaier. Er spürte die Zuneigung nicht nur im Stadion. Claus Reitmaier wohnte im Hotel, er lief ein paar Mal durch die Stadt, aber er kam nie weit. Die Leute hielten ihn an, „jeder hat mich angesprochen“, sagt er.

      Natürlich war es anders in Norwegen. Anders als in der Bundesliga. „Die meisten Stadien waren schon auf dem Niveau des deutschen Profifußballs“, erzählt Claus Reitmaier, „aber zwei, drei waren dabei, die waren wie ein Dorfspielplatz.“ Hamar zu Beispiel.

      Hamar ist zwar die größte Binnenstadt Norwegens, was sich zunächst recht bedeutend anhört; es gibt dort auch eine Universität. Aber Hamar, das 130 Kilometer nördlich von Oslo liegt, hat nur knapp 30.000 Einwohner, und der hiesige Fußballverein hat bislang noch nicht viel erreicht: einmal, 1970, ein dritter Platz in der Liga, ein paar Mal im Halbfinale des Pokal-Wettbewerbs. Der Verein wird in Norwegen HamKam genannt, das ist die Abkürzung für Hamarkameratene – zu Deutsch: die Kumpel von Hamar.

      Die Kumpel von Hamar empfingen Lillestrøm SK mit Claus Reitmaier im Spätsommer 2005. „Die Zuschauer lehnten an einer Stange hinter dem Tor“, erinnert sich Reitmaier, „das Vereinsheim war ein paar Meter dahinter.“ Reitmaier hätte sich, wenn er gewollt und sie verstanden hätte, mit den Zuschauern hinter seinem Tor unterhalten können.

      „Es gab aber auch schöne Stadien“, sagt er, „in Stavanger zum Beispiel oder in Tromsø.“ Tromsø ist die nördlichste Universitätsstadt der Welt, sie liegt jenseits des Polarkreises. Im Sommer wird es dort nie dunkel und im Winter nie hell. Reitmaier weiß das, aber er hat es nicht erlebt. „Wir sind leider nicht über Nacht geblieben“, sagt er.

      Er liebte nicht nur die Fans von Lillestrøm, er mochte auch die anderen, die in Stavanger, Tromsø oder Hamar. Denn sie waren nie beleidigend. „Sie waren fanatisch, aber fair“, sagt er, „und sie sangen das ganze Spiel, fast wie in England.“ Und sehr viele Fans von Lilles trøm haben ihre Mannschaft bei den Auswärtsspielen begleitet.

      Und noch etwas war wie in England: Die Torhüter wurden bei Flanken stärker angegangen als in Deutschland. „Einmal kam ein hoher Ball in den Strafraum“, schrieb Reitmaier auf der LSK-Fanpage, „und ich sprang mit angezogenem Knie hoch, um ihn zu fangen – und Iversen rannte in mich rein. Meiner Meinung nach war das ein Foul, ich war überrascht, dass der Schiedsrichter zu mir kam und sagte, ich solle vorsichtig sein, was ich täte. So merkte ich, dass die Torhüter nicht so geschützt werden wie in Deutschland – aber es war eine gute Erfahrung.“

      Die Torhüter wurden auch bei Rückpässen stark unter Druck gesetzt. Reitmaier machte eines seiner ersten Spiele, es ging gegen Vålerenga Oslo, „da sind bei jedem Rückpass die Stürmer auf mich draufgegangen, zwei, drei Mann sind im Vollsprint auf mich zugerannt – ich hatte keine Sekunde Zeit. Das war 90 Minuten Forechecking. Das hatte ich zuvor in meinem ganzen Leben nicht erlebt.“ Auch im Training wurde „immer Vollgas gegeben“, sagt Reitmaier, „die Jungs hatten eine super Einstellung, die sind marschiert wie verrückt“.

      „Die norwegischen Spieler wollen alle nach England, nicht nach Deutschland“, sagt er. Spieler und Fans schauen die Premier League im Fernsehen, nicht die Bundesliga, Rooney und Lampard sind Kabinengespräch, nicht Schweinsteiger oder Lahm. „Ich weiß auch gar nicht, ob die mich kannten, als ich nach Lillestrøm kam, aber die meisten waren dann wohl überrascht, was ich brachte.“

      In

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