Die unhaltbare Pudelmütze. Gerhard Fischer

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Die unhaltbare Pudelmütze - Gerhard Fischer

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sich die Spieler verändert, als sie im Ausland spielten? Sind sie selbstbewusster geworden, vielleicht auch überheblicher?

      Simonsen: Selbstbewusster ja, überheblicher nein. Keiner ist dort überheblich, das ist nicht ihre Mentalität. Die Färinger kämpfen dort oben im Atlantik jeden Tag, die kämpfen um ihre Existenz, um ihr wirtschaftliches Überleben. Man hat dort gelernt zu kämpfen, zu überleben, das sah man auch auf dem Fußballplatz, das sah man in jedem Training. Die werden nicht überheblich, das sind fast alles nette Leute.

       Sie waren acht Jahre Trainer der Färöer. Was hat sich in dieser Zeit verändert, was haben Sie konkret verändert?

      Simonsen: Ich hatte ja freie Hand, und ich habe langsam alles verändert. Das fing schon damit an, dass sie anfangs nur von Mai bis Anfang September Fußball gespielt haben. Ich habe das dann jedes Jahr um 14 Tage oder eine Woche ausgedehnt, am Ende haben wir schon im Januar angefangen zu trainieren. Und gespielt haben sie dann von April bis Oktober. Wir haben alles besser geplant und alle haben mitgezogen. Ich hatte deswegen aber mal Probleme mit dem Handball-Verband.

       Weil Ihre Fußball-Nationalspieler im Winter Handball in der Halle spielten und das dann mit Ihren Veränderungen kollidierte?

      Simonsen: Genau.

       Haben Sie auf den Färöern gelebt?

      Simonsen: Nein, in Dänemark. Ich bin oft hingeflogen, daher kenne ich den kuriosen Flughafen sehr gut. Und ich bin dann jedes Mal zwischen fünf und zehn Tage dort geblieben.

       Kamen die Fußballer mal zu Trainingslagern nach Dänemark?

      Simonsen: Nein, wir waren meistens in Spanien im Trainingslager (Simonsens zweite Heimat, Anm. d. Autors), und einmal waren wir in der Türkei.

       Wenn Sie eine Bilanz ziehen von Ihren acht Jahren auf den Färöern: Waren Sie zufrieden mit der Entwicklung?

      Simonsen: Ja, ich war sehr, sehr zufrieden. Man hat eine ganz deutliche Entwicklung bei der Nationalmannschaft gesehen. Und ich bin nicht nur von dem färingischen Sportverband mit einer goldenen Nadel ausgezeichnet worden für meine Arbeit, auch in Dänemark und im anderen Ausland gab es viel Lob – alle hatten die guten Resultate gesehen. Als ich anfing, hatten die Färöer in der WM-Qualifikation ein Tor geschossen und über 50 kassiert. Aber wichtiger als die Resultate war, dass eine Entwicklung da war, dass alles professioneller geworden ist, ich würde sagen, es war eine 200-prozentige Steigerung da. Das hat mir sehr gut getan.

       Was haben Sie selbst in dieser Zeit gelernt?

      Simonsen: Ich habe ganz deutlich gesehen, dass so eine Arbeit Gold wert ist. Man kann in Ruhe arbeiten und viel erreichen, auch mit einer kleinen Mannschaft, und es ist schön zu sehen, wie sich ein Fußballverband entwickeln kann.

       Haben Sie noch Kontakt zu Spielern oder Funktionären auf den Färöern.

      Simonsen: Ja, habe ich, zwei, drei gute sogar.

       Wenn Sie jetzt auf die Färöer fliegen würden, würde Sie jeder erkennen?

      Simonsen: Ja, auf jeden Fall.

       Was glauben Sie: Werden sich die Färöer in absehbarer Zeit für eine WM oder EM qualifizieren?

      Simonsen: Nein, das ist schwierig. Dafür ist das dort oben zu begrenzt. Dazu müssten viele Spieler ins Ausland gehen und dort lernen, das sehe ich momentan nicht. Die Färöer können gegen jede Mannschaft überraschen, aber sie sind nicht beständig genug, um in der Qualifikation auf den vorderen Plätzen zu landen.

       Die letzte Frage hat mit der Pudelmütze von Torwart Jens Martin Knudsen zu tun. Stimmt es, dass Sie ihm gesagt haben, er solle die Mütze abnehmen, weil es kein gutes Signal nach außen wäre, wenn der Torwart der Nationalmannschaft so eine Mütze trägt?

      Simonsen (lacht): Das stimmt. Ich habe ihm gesagt, er soll lieber im Tor auf sich aufmerksam machen, zeigen, dass er gut ist, er braucht so eine Mütze nicht, um aufzufallen.

       Und er hat das gemacht?

      Simonsen (lacht): Ja, die haben doch alles gemacht, was ich gesagt habe.

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      NORWEGEN.

       „Ich habe als Manager von Lillestrøm Claus Reitmaier nach Norwegen geholt, da ist er mit fast 105 Jahren noch Torwart des Jahres in Norwegen geworden.“

      (Jan Åge Fjørtoft zum Online-Magazin torwart.de)

      Was für ein schöner Angriff: ein Doppelpass auf dem rechten Flügel, eine Flanke in den Strafraum und ein passender Abnehmer für diese Vorlage: Kristofer Hӕstad, 22, Nationalspieler, steht fünf Meter vor dem Tor und hält den Fuß hin. Der Ball fliegt flach ins linke Eck. Gleich wird er jubeln, gleich steht es 1:1 im Spiel zwischen Lillestrøm SK und Start Kristiansand.

      Aber im Tor von Lillestrøm steht Claus Reitmaier, 41. Er schnellt wie ein Tipp-Kick-Torwart nach unten und wischt den Ball mit der rechten Hand von der Linie.

      Es scheint, als stehe die Zeit still. Es ist ein großer Moment im Fußball, und es ist egal, dass es Lillestrøm ist und nicht Barcelona; dass es Reitmaier ist und nicht Casillas. Es ist ruhig im Stadion, einen Augenblick lang. Dann wird es sehr laut – die Fans von Lillestrøm jubeln, und sie skandieren den Namen ihres deutschen Torhüters: „Reitmaiär! Reitmaiär!“

      Lillestrøms Manager Jan Åge Fjørtoft sagte nach dem Spiel, dies sei „die beste Rettungsaktion gewesen, die ich je gesehen habe“. Alle redeten über Reitmaiers Tat, und irgendwann sagte einer, er habe schon einmal so eine Parade gesehen: von Gordon Banks, dem legendären Torhüter der englischen Nationalmannschaft. Der Torwart rettete damals gegen Pelé, der noch legendärer war als Banks.

      Schütze Kristofer Hæstad sagte nur: „Das war ein Tigersprung.“

      Man kann sich den Tigersprung auf Youtube ansehen, unter „nice save by Claus Reitmaier!“. Mehr als 33.000 Menschen haben sich bereits angeguckt, was da an jenem Juliabend im Jahr 2005 geschah, und wer Norwegisch spricht, kann auch den Original-kommentar des Reporters verfolgen. Er ist außer sich, er spricht von einer „Kanonräddning av Reitmaier“. Kanonräddning – das ist eine Supertat, die Rettungsaktion eines Supertorwarts.

      Claus Reitmaier hat damals in einem Hotel in Lillestrøm gewohnt, er flog nach den Spielen heim nach Mönchengladbach, wo die Familie lebte, und kehrte zwei Tage später nach Norwegen zurück. Die Fans wollten, dass er ganz in ihr Land kommen sollte, dass er blieb, dass er auch noch mit 42, 43 oder 44 Jahren für Lillestrøm spielte. Die Fans wollten Reitmaiers damaliger Freundin eine Schifffahrt auf der Hurtigroute schenken – damit sie sieht, wie schön Norwegen ist, damit sie mit ihm und den Kindern in den Norden zieht. Auch ein Haus wollten sie der Familie zur Verfügung stellen. Claus Reitmaier fühlte sich geschmeichelt. „Aber das hatte keinen Sinn“, erzählt er, „Heinz Müller war dort auch unter Vertrag, das sollte ihm nicht von einem über 40-Jährigen kaputt gemacht werden.“

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