Das heiße Bett. Anonym
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Ich war lässig zu ihrem Tisch hinübergeschlendert, hatte die beiden Puppen freundlich angelächelt und gesagt: „Ist’s gestattet?“ Bevor sie ablehnen konnten, hatte ich mich bereits hingesetzt. Dann sagte ich: „Wir freuen uns immer, neue Gesichter im Matador zu sehen, und da Sie beide offensichtlich ohne Begleitung gekommen sind, möchte ich diesen Umstand für mich ausnutzen und so tun, als hätte ich Sie herbegleitet. Na, was halten Sie davon?“
Ich erinnere mich, daß die Brünette gelächelt hatte, aber zum ersten Mal in meinem Leben schenkte ich einer Brünetten keine sonderliche Beachtung. Ich sah die Blonde an. Sie hatte lockiges, sehr attraktives Haar, das ich auf den ersten Blick als echt erkannte.
Nitra West.
Sie nannte mir ihren Namen beinahe sofort. Wahrscheinlich wollte sie mich wohl von Anfang an beeindrucken und dafür sorgen, daß ich den Zweck ihres Hierseins nicht falsch auslegen konnte. Jedermann in Florida kennt den Namen West, und wenn es an sich auch nur ein recht gewöhnlicher und häufiger Name ist, so bringt man ihn doch fast immer mit den Wests in Verbindung. Einer der Wests war jetzt zum Beispiel der Ex-Senator George West. Ein anderer der Ex-Bürgermeister Thomas West … Tommy, der Playboy, der praktisch mit allem durchzukommen schien. Und dann war da auch noch der Brigadegeneral Leonard B. West.
Ich holte tief Luft, dann schlug ich zurück.
„Ich möchte wetten, daß Sie mit diesem Haus hier bestens bekannt sind“, sagte ich. „Ich meine, die Wests und die Nelsons und noch ein paar andere Blaublütige standen sich doch sehr nahe, als Sie aufwuchsen.“ Mir fiel weiter nichts ein, was ich jetzt hätte sagen können. Ich war nervös und gleichzeitig wütend auf mich selbst, weil ich mich von dieser West-Puppe so provoziert fühlte, daß mein Minderwertigkeitskomplex, den ich so verbissen zu begraben versucht hatte, wieder zum Vorschein gekommen war.
Sie lachte … ein delikates, prickelndes Lachen, dann sagte sie: „Ja, ich bin schon früher hier gewesen, aber da war es noch nicht umgebaut. Ich bin erst gestern zurückgekommen. Als ich hörte, was aus dem alten Herrenhaus geworden ist, wurde ich neugierig und wollte es mir einmal im jetzigen Zustand ansehen. Ich war ein kleines bißchen … nun, ja … äh … schockiert.“
„Sie meinen … weil aus Ihrer alten Puppenstube eine Kneipe geworden ist?“
„Das ist wohl ein bißchen derb ausgedrückt“, antwortete sie. „Aber ich nehme an, daß der Ausdrude durchaus passend ist.“ Sie sah mich dabei sehr ruhig an, und ich dachte schon, daß sie gleich die nächste Frage stellen würde … wie ich so verrucht hatte sein können, diese geheiligten Räume in öffentliche Tränken zu verwandeln. Aber sie fragte überhaupt nichts. Sie saß nur da und blickte mich an, als hätte sie ein natürliches Anrecht auf eine Erklärung von mir.
Ich beeilte mich keineswegs damit. Statt dessen musterte ich sie erst mal etwas genauer. Manche Mädchen verraten irgendwie, daß sie stets von allem das Beste gehabt hatten. Das sah man an ihrer Haut, an ihrem Benehmen, an ihrer Redeweise und auch an ihren Augen. Es lag ganz einfach an Nitra Wests ganzer Aufmachung. Jedermann hätte sie in einer Menge erkennen und mit einem einzigen Wort beschreiben können … reich.
„Welcher Teufel hat Sie denn geritten, daß Sie dies hier …“, sie machte eine weitausholende Handbewegung, „… aus dem einst so schönen Haus gemacht haben?“ Sie sah sich stimrunzelnd um. „So was ist doch längst passé! Ich hätte Ihnen mehr Fantasie, mehr Progressivität zugetraut.“ Sie schüttelte langsam den Kopf und runzelte die Stirn noch stärker.
Ich blickte mich nun ebenfalls im Raum um. Mit den wenigen Worten hatte sie eben alles weggewischt, was ich getan hatte. Ich hatte geglaubt, ein wirklich neuartiges Lokal eingerichtet zu haben.
Das Mädchen in ihrer Begleitung runzelte nun ebenfalls die Stirn. Beide sahen sich mit tiefstem Widerwillen um.
„Es ist so kitschig, einfach schrecklich!“ sagte sie leise.
„Kitschig? Schrecklich?“ wiederholte ich. „Na, na, kommen Sie! Sie machen doch nur Spaß, nicht wahr?“ Ich war wieder ganz schön eingeschnappt. Ich hatte eine Menge Arbeit in den Matador gesteckt. Höllisch viele Leute waren hergekommen, und allen hatte es prima gefallen. Man hatte sogar in mehreren netten Artikeln in den Zeitungen darüber berichtet, sogar in einer großen Zeitschrift. Zum Teufel, was glaubte diese Nitra West eigentlich, wer sie war? Was gab ihr das Recht, all meine Anstrengungen derartig lächerlich zu machen und herabzusetzen? Nun … sie war eben Nitra West! Das war es!
Jetzt legte sie eine Hand auf meine.
„Oh … es tut mir leid“, sagte sie leise.
Ihre Hand war weich und warm.
„Ich wollte Sie keineswegs kränken oder gar beleidigen“, sagte Nitra West.
Mein Herz hämmerte wie eine Dampframme.
„Ich glaube, daß Sie das zeitgenössische Milieu wunderbar getroffen haben“, fuhr Nitra fort. „Es ist nur … also, wissen Sie … ich ziehe nun mal einen etwas moderneren Stil vor. Es hat mir noch nie Spaß gemacht, einen Blick in die Vergangenheit zu werfen. Heute und morgen … das allein zählt für mich.“
„Was zum Teufel?“ sagte ich und zuckte die Schultern.
„Ihr Name ist Barnett, nicht wahr?“ fragte sie. „Cory Barnett?“
Ich nickte.
„Ihr Vater hat für die Nelson Company gearbeitet.“
„Er hatte sich für die Nelson Company die Seele aus dem Leibe geschuftet“, sagte ich. „Er hat für diese Firma gearbeitet, bis er kaum noch stehen konnte. Er war gerade eine Woche im Ruhestand, als er starb.“
„Das tut mir aber leid“, sagte sie. „Aber ich nehme an, daß viele Leute so eine Geschichte zu erzählen haben. Gott sei Dank ändern sich die Dinge ja mehr und mehr zum Guten.“ Sie holte tief Luft, tätschelte meine Hand und fuhr fort: „Sie können doch niemandem die Schuld geben, daß Ihr Vater so kurz nach seiner Pensionierung starb. Sie können heute auch niemanden mehr dafür verantwortlich machen, daß es damals solche Arbeitsbedingungen gegeben hat.“
„Die Dinge hätten schon damals viel besser sein können, wenn die Nelsons nicht so geldgierig gewesen wären“, sagte ich. „Sie haben verdammt gut gelebt … vom Schweiße solcher Männer.“ Ich war wütend auf sie, weil sie so reich war, und ich war wütend auf mich selbst, weil ich mich von ihr in eine Sache hatte hineinziehen lassen, die doch nur zu weiterer Unfreundlichkeit führen konnte.
„Oh, ich verstehe“, sagte sie. „Sie haben das hier also aus einem Gefühl subtiler Rache heraus geschaffen. Sie wollten dieses ehemals so schöne Haus herabwürdigen, indem Sie einen Saloon daraus machten.“
„Es könnte schlimmer sein“, sagte ich. „Ich hätte zum Beispiel auch einen Puff daraus machen können“, fügte ich grob hinzu: „Nun, vielleicht werde ich das noch tun.“ Sie sah mich ein paar Sekunden lang sehr aufmerksam an, dann huschte ein leichtes, wissendes Lächeln um ihren Mund.
„Glauben Sie denn, daß es dann etwas anderes als früher sein würde?“ fragte sie.
„Das kann ich nicht wissen“, antwortete ich.
„Na, wenn Sie glauben, das Haus herabgewürdigt zu haben, weil Sie einen Saloon daraus gemacht haben,