Seeland Schneeland. Mirko Bonné
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Es gelang Robey nicht mehr, sich hinzusetzen. Das Schwanken hatte die Kontrolle über seine Orientierung übernommen, und so fügte er sich notgedrungen und folgte Schwerkraft und Fliehkraft, die ihn zur Seite kippen ließen. Wie von einem unsichtbaren Gewicht wurde er ins Schlafzimmer gezogen und verschwand mit einem Mal im Türrahmen, verschluckt von Dunkel und Stille.
Eine Weile wartete Meeks ab. Er lauschte. Er studierte das Teppichmuster, überzeugt, es würde ihm in die wirren Träume der vor ihm liegenden, viel zu kurzen Nacht folgen. Er stand auf. Aufbegehren und Zuversicht hielten sich in seinem Gemüt die Waage, hieraus zog er die Gleichmut, die ihn auszeichnete und ein Leben an der Seite eines bis in die Haarspitzen rauschhaften Menschen bestehen ließ. Langsam tastete er sich an Möbeln und Wänden entlang hinüber in das Schlafzimmer, ohne dass er hätte sagen können, wie viel Zeit vergangen war.
Robey lag quer auf dem Bett, ein Bein angewinkelt auf der Matratze, das andere über den Bettrand ins Zimmer ragend. Über weiche Teppiche stapfte Meeks um den Eingeschlafenen herum, griff ihm unter die Achseln und zog den schweren Körper mit einem kurzen, so sanften wie kräftigen Ruck ganz auf das von einem hellen Himmel überwölbte Bett. Er deckte Diver zu, schloss das Fenster und löschte bis auf eine Stehlampe im Salon überall das Licht.
Es war kurz vor drei Uhr morgens, als er aus dem Lift in die Lobby trat. Neben dem Nachtportier stand ein Page und las in der Times. Meeks sah die Schlagzeilen, während er über einen Teppich mit Löwenkopfmuster zu dem Empfangstresen ging.
ERNEUTE ABSPERRUNG DES DUBLINER BEZIRKS UM DEN MOUNTJOY SQUARE ROYAL ARMY DURCHSUCHT JEDES EINZELNE HAUS
DEMOKRATEN WAHLVERLIERER IN PREUSSEN RECHTSGERICHTETE PARTEIEN GEWINNEN DEUTLICH
Der Portier war ein freundlicher älterer Herr, den nichts zu erschüttern vermochte, weder irische Freiheitskämpfer noch preußische Chauvinisten, und auch ein New Yorker Multimillionär, der mitten in der Nacht Dinge aus dem achten Stock warf, entlockte ihm keinen Ausruf des Erstaunens. Er zog nicht mal eine Braue hoch.
»Dinge, Sir?«
Um was es sich handelte, konnte Meeks ihm nicht sagen, Verschwiegenheit war zwar eine seiner obersten Prämissen, in diesem Fall aber wusste er einfach nicht, was Mr. Robey aus dem Fenster geschmissen hatte.
»Verstehe, Sir.«
»Die Gespräche mit den Deutschen haben begonnen, wie ich sehe«, sagte Meeks und nickte in Richtung der Zeitung, die der Page in Händen hielt. Es war derselbe junge Mann, der Robey das Telegramm gebracht hatte.
»Gestern, Sir.« Der Portier legte eine Times auf den Tresen und drehte die Zeitung um, damit Meeks besser lesen konnte. »Möchten Sie ein Exemplar mitnehmen?«
BEGINN DER LONDONER KONFERENZ PREMIER KÜNDIGT EINHELLIGE ABLEHNUNG DEUTSCHER GEGENVORSCHLÄGE ZU ENTWAFFNUNG UND REPARATIONEN AN
»Nein, danke.«
»Wenn Sie mir folgen wollen.«
Schweigend führte ihn der Nachtportier des Mondes durch einen schmalen Korridor. An dessen Ende schloss er eine Tür auf und reichte Meeks, als der Innenhof vor ihnen lag, einen Regenschirm, den er von irgendwoher aus der zugigen Luft gezaubert haben musste.
»Der Hof gehört Ihnen«, sagte er. »Viel Glück, Sir.«
Dann war er draußen. Er hörte Nebelhörner von Schiffen, einen bellenden Hund und wie ein Güterzug das Gekläffe abschnitt. Endlos ratterten Waggons über eine Brücke. Vom nahen Bahnhof trug der Wind das weinerliche Pfeifkonzert mehrerer Rangierloks herüber.
Er roch die nächtliche Regenluft, die Portsmouth in erdigen Duft hüllte. Eine Sirene tutete und klang gleich einer antiken Gottheit oder wie eine riesige Kuh, weit draußen auf dem Meer. Eine Weile stand er unter dem geliehenen Schirm nur da, beschäftigt mit nichts, außer nachzurechnen, wie viele Stunden Schlaf ihm blieben.
Was stand in dem Telegramm? Würde sich Diver am Morgen, wenn sie aufbrachen, um an Bord der Orion zu gehen, noch daran erinnern? Wo war die verfluchte Brieftasche? Nie im Leben hatte Robey sie aus dem Fenster geworfen.
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