Zu Vermieten. John Galsworthy
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Sie war so wunderschön, schöner als Da oder Mademoiselle, oder als Tante June, oder sogar als Tante Holly, die ihm gefallen hatte, sogar schöner als Bella, die rosige Wangen hatte und immerzu plötzlich irgendwo auftauchte. Diese neue Schönheit seiner Mutter hatte eine Art besondere Bedeutung und er aß weniger als er gedacht hätte.
Als sie mit dem Tee fertig waren, wollte sein Vater mit ihm ein wenig durch die Gärten gehen. Er hatte eine lange Unterhaltung mit seinem Vater über die Dinge im Allgemeinen, wobei er versuchte, sein Privatleben zu umgehen – Sir Lamorac, die Österreicher und die Leere, die er in jenen letzten drei Tagen empfunden hatte und die nun so plötzlich wieder gefüllt war. Sein Vater erzählte ihm von einem Ort namens Glensofantrim, wo er und seine Mutter gewesen waren, und von den kleinen Wesen, die dort aus dem Boden kamen, wenn es sehr still war. Der kleine Jon blieb stehen, die Spitze seiner Füße zueinander gedreht.
»Glaubst du wirklich, dass sie das tun, Papa?« »Nein, Jon, aber ich dachte, du würdest das vielleicht.«
»Warum?«
»Du bist jünger als ich, und es sind Elfen.« Der kleine Jon verzog das Grübchen in seinem Kinn.
»Ich glaube nicht an Elfen. Ich sehe nie welche.« »Hm!«, sagte sein Vater.
»Sieht Mama welche?«
Sein Vater lächelte sein lustiges Lächeln.
»Nein, sie sieht nur Pan.«
»Was ist Pan?«
»Der ziegenartige Gott, der an wilden und schönen Orten umherspringt.«
»War er in Glensofantrim?«
»Mama hat gesagt, dass er das war.«
Der kleine Jon hob seine Füße und ging voran.
»Hast du ihn gesehen?«
»Nein, ich habe nur Aphrodite Anadyomene gesehen.«
Der kleine Jon dachte nach, Aphrodite kam in seinem Buch über die Griechen und die Trojaner vor. Dann war also Anna ihr Tauf- und Dyomene ihr Nachname?
Doch auf Nachfrage stellte sich heraus, dass es ein Wort war, das die aus dem Schaum Entstiegene hieß.
»Ist sie aus dem Schaum in Glensofantrim gestiegen?«
»Ja, jeden Tag.«
»Wie sieht sie denn aus, Papa?«
»Wie Mama.«
»Oh, dann muss sie …«, doch dann hielt er inne, rannte zu einer Mauer, kletterte hinauf und sofort wieder hinunter. Die Entdeckung, dass seine Mutter schön war, war eine, so fühlte er, die er unbedingt für sich behalten musste. Doch sein Vater brauchte so lange für seine Zigarre, dass er schließlich gezwungen war, zu sagen: »Ich will sehen, was Mama mitgebracht hat. Macht es dir etwas aus, Papa?«
Er gab ein niederes Motiv als Vorwand an, um nicht unmännlich zu erscheinen, und war ein wenig irritiert, als sein Vater wie durch ihn hindurchsah, bedeutungsvoll seufzte und antwortete: »In Ordnung, alter Junge, geh du nur und hab sie lieb.«
Er ging gespielt langsam und rannte dann, um dies wieder wettzumachen. Er betrat ihr Schlafzimmer von seinem eigenen aus, da die Tür offenstand. Sie kniete noch vor ihrem Koffer und er blieb ganz still dicht vor ihr stehen.
Sie richtete sich auf und sagte: »Na, Jon?«
»Ich dachte, ich schau mal vorbei.«
Nachdem er eine weitere Umarmung gegeben und bekommen hatte, kletterte er auf die Fensterbank, setzte sich in den Schneidersitz und beobachtete sie beim Auspacken. Der Vorgang bereitete ihm eine Freude, wie er sie bis dahin nicht gekannt hatte, teils weil sie Dinge herausnahm, die verdächtig aussahen, und teils weil er sie gern ansah. Sie bewegte sich anders als jeder andere, besonders als Bella, sie war sicher die am vornehmsten aussehende Person, die er je gesehen hatte. Schließlich war sie mit ihrem Koffer fertig und kniete sich vor ihn.
»Hast du uns vermisst, Jon?«
Der kleine Jon nickte, und nachdem er so seine Gefühle zugegeben hatte, nickte er weiter.
»Aber Tante June war doch da?«
»Oh, die hatte einen Mann mit Husten dabei.«
Das Gesicht seiner Mutter veränderte sich und sah fast verärgert aus. Er fügte schnell hinzu: »Es war ein armer Mann, Mama, er hat schrecklich gehustet, ich – ich mochte ihn.«
Seine Mutter legte ihre Hände um seine Taille.
»Du magst doch jeden, oder, Jon?«
Der kleine Jon überlegte.
»Bis zu einem gewissen Grad«, sagte er. »Tante June ist am Sonntag mit mir in die Kirche gegangen.«
»In die Kirche? Ah!«
»Sie wollte sehen, welche Wirkung das auf mich hat.«
»Und hatte es eine Wirkung auf dich?«
»Ja. Ich habe mich ganz komisch gefühlt, darum hat sie mich sehr schnell wieder nach Hause gebracht. Ich war aber dann doch nicht krank. Ich bin ins Bett gegangen und habe ein heißes Wasser mit Schnaps bekommen und The Boys of Beechwood gelesen. Es war toll.«
Seine Mutter biss sich auf die Lippe.
»Wann war das?«
»Ach, etwa – lange her. Ich wollte, dass sie mich noch einmal mitnimmt, aber sie wollte nicht. Du und Papa, ihr geht nie in die Kirche, oder?«
»Nein, das tun wir nicht.«
»Warum nicht?«
Seine Mutter lächelte.
»Naja, mein Schatz, wir sind beide gegangen, als wir klein waren. Vielleicht waren wir noch zu klein.«
»Es ist also gefährlich«, sagte der kleine Jon.
»Du sollst dir dein eigenes Urteil über all diese Dinge bilden, wenn du älter bist.«
Der kleine Jon überlegte und sagte dann: »Ich will gar nicht so viel älter werden. Ich will nicht in die Schule gehen.«
Ein plötzliches Verlangen, mehr zu sagen, zu sagen, was er wirklich fühlte, ließ ihn erröten. »Ich – ich will bei dir bleiben und dich liebhaben, Mama.«
Dann fügte er mit dem Gefühl, die Situation verbessern zu müssen, schnell hinzu: »Ich will heute Abend auch nicht ins Bett gehen. Ich bin es einfach müde, jeden Abend ins Bett zu gehen.«
»Hattest du wieder Alpträume?«
»Nur ungefähr einen. Kann ich heute Nacht