Der vertauschte Sohn. Андреа Камиллери

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Der vertauschte Sohn - Андреа Камиллери WAT

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      wenige bescheidene Häuser erhoben,

       und mitten im Gedränge so

       vieler Karren aus dem alten Turm

       zur Tagesmühsal die kahlgeschorenen

       Gefangenen traten, schwere Ketten

      unter langem Rasseln mit sich schleifend,

       und beim Morgengrauen jeden Tags

      ein Ausrufer, Stolz im Gesicht, sonnenverbrannt,

       an seine mächtigen Kiefer

       die haarige Hand hob und dreimal

       laut die Bekanntmachung ausrief:

      »O Männer des Meeres,

       kommt hinunter zum Hafen zur Arbeit!«

      Und er beschrieb es in Prosa:

      Zwei Dutzend armselige Hütten zuerst, da unten am Strand, zwischen Gischt und Sand vom Wind gepeitscht, mit einem kurzen Anlegesteg aus leichtem Holz, heute Molo Vecchio genannt, und einem quadratischen, düsteren Kastell am Meer, in dem die zu Zwangsarbeiten verurteilten Sträflinge hausten; dieselben, die später, als der Schwefelhandel an Bedeutung gewonnen hatte, die beiden weiten Steinschüttungen des neuen Hafens gelegt hatten, zwischen denen die kleine Mole erhalten blieb, der dank des Damms die Ehre zuteil wurde, zum Sitz der Hafenkommandantur und des weißen Hauptleuchtturms erkoren zu werden. Da sich der Ort wegen einer unmittelbar hinter ihm sich erhebenden Hochebene nicht ausbreiten konnte, dehnte er sich den schmalen Strand entlang aus; bis an den Rand der Hochebene haben sich die Häuser dicht und eng aneinander, ja, fast aufeinander gedrängt. Die Schwefellager stapeln sich eines hinter dem anderen am Ufer entlang; und von morgens bis abends ist ohne Unterlaß das Rasseln der Karren zu hören, die mit Schwefel beladen von der Eisenbahnstation kommen, oder auch direkt von den umliegenden Schwefelgruben; ein nicht enden wollendes Durcheinander von barfüßigen Männern und Tieren, von auf den nassen Boden stampfenden nackten Füßen; das Spektakel streitender, fluchender, schreiender Stimmen zwischen dem Rattern und Pfeifen eines Zugs, der über den Strand rollt, bald auf die eine, bald auf die andere der beiden Molen zu, an denen immerzu etwas ausgebessert wird. Jenseits des östlichen Arms versperren die Lastkähne mit dem Segel auf Halbmast den Strand; am Fuß der Stapel befinden sich die Laufgewichtswaagen, auf denen der Schwefel gewogen und anschl-ießend auf die Schultern der Träger – uomini di mare genannt – geladen wird, die barfuß und mit Leinenhosen bekleidet, mit einem Sack auf dem Rücken, der über den Kopf gestülpt und im Nacken zugebunden wird, bis zur Hüfte ins Wasser eintauchen und ihre Fracht bis zu den Kähnen schleppen; diese bringen dann mit aufgezogenem Segel den Schwefel zu den Handelsschiffen, die im Hafen oder außerhalb des Hafens vor Anker liegen.

       »Sklavenarbeit, die einem an manchen Wintertagen das Herz zerreißt. Halb erdrückt von ihrer Last, mit dem Wasser bis zum Kreuz. Menschen? Tiere!«

      In Porto Empedocle siedelt Pirandello etwa zehn seiner Novellen an, wobei er den Ort von Fall zu Fall »die Marina«, »Nisia«, »Vignetta«, »Porto Empedocle« nennt oder auch gar nicht benennt, ihn aber gleichwohl durch die wiederkehrende Topographie erkennbar macht, die aus einer Dreiecksbeziehung zwischen dem Meer, dem Friedhof auf dem Mergelhügel und dem Hügel selbst besteht.

      Was einen auf Anhieb in diesen Novellen erstaunt, ist die immer wiederkehrende Zusammenstellung von Lauten, Stimmen und Farben.

      Aus der Novelle Die Tote und die Lebende (La morta e la viva):

      Die Leute … standen herum, schreiend und unbeherrscht mit den Armen fuchtelnd.

      Und noch einmal:

      Die Menge … fing von der Tartane aus an zu schreien.

      Und noch einmal:

      Das Gebrüll von einem der Kais und das breite Gelächter.

      Und wieder:

      Er stürmte heran wie eine Furie, brüllend, und das ganze Volk bewegte sich nach hinten, nach vorne, und kreischte ringsum.

      Oder aus der Novelle Annas Weigerung:

      Und schon begann das Quietschen der mit Schwefel vollbeladenen Karren.

      Oder:

      Jeden Morgen, bei Tagesanbruch, weckten sie die dreifachen Rufe des Ausrufers.

      Oder:

      Nach so viel Höllenlärm.

      Schreie, Stimmen, Flüche, Verwünschungen, Beleidigungen, Lachsalven. Aber nicht nur das. Es gibt auch intensive, obsessive Gerüche:

      Aus Der böse Geist (Lo spirito maligno):

      Und ging herum … voller Lust und Begierde sog er den Duft von Teer und Pech ein. Betäubt vom Lärm der Ruderer und Lastenträger im Hafen … inmitten des muffigen Haufens fauliger, getrockneter Algen.

      Aus der Novelle Fräulein Boccarmè (La maestrina Boccarmè):

      Sie hatte sich an den scheußlichen Geruch gewöhnt, der von der Öligkeit des eingeschlossenen Wassers ausströmte.

      Oder auch:

      Die anderen waren schon alle gegangen und ließen sie alleine zurück, und auf dem Strand nahm sie den Geruch des schwarzen Wassers stärker wahr.

      Und dann das Meer, seine Klänge und Farben:

      Das Meer war unruhig und trübe und schwoll an der einen und anderen Stelle, alles unter der Bedrohung eines von riesigen schwarzen Wolken trächtigen Himmels. Die anschwellenden Wogen begannen, ineinander zu stürzen, und es wollte und wollte ihnen nicht gelingen sich zu brechen.

      Nur ein kurzer giftender Schaum kochte an einem Uferstück strichweise hier und dort die Wellenkämme borstig auf … Kurz darauf vertiefte der Himmel sich wie eine Höhle, und für wenige Augenblicke kam eine bestürzende, schreckenerregende Düsterkeit auf. An einzelnen Uferabschnitten jagten nacheinander rasche Windböen an den Strand und wirbelten Sand auf. Endlich brach der erste Donner los, wunderbar, und das war wie ein Signal für das Gewitter.

      Unter den in Porto Empedocle angesiedelten Novellen gibt es zwei, die für das Verständnis des Menschen Pirandello von grundlegender Bedeutung sind. Die eine heißt Fern und gehört gewiß zu den dichtesten und gelungensten der gesamten Novellenliteratur. Sie stellt nicht nur eine summa aller Wahrnehmungen dar, die der Ort seiner frühesten Kindheit in ihm ausgelöst hat (in den er als Erwachsener zurückkehrt, in dem unseligen Versuch, an der Seite seines Vaters zu arbeiten), sondern ist vor allem, unter erzählerischem Aspekt, die Exposition für das, was Pirandello seinen unfreiwilligen Aufenthalt auf Erden genannt hat. Es reicht, nur auf den Umstand hinzuweisen, daß der Protagonist, der Schwede Lars Cleen, gezwungen ist, aufgrund einer Reihe von nicht gewollten und nicht gesuchten Ereignissen ein entfremdetes, aufgehobenes Leben an einem Ort zu führen, der nicht der seine ist.

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