Zurück auf Gestern. Katrin Lankers

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Zurück auf Gestern - Katrin Lankers

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ahnte den Stromschlag, bevor ich ihn tatsächlich spürte, und noch bevor ich den Schmerz registriert hatte, war er schon wieder vorbei.

      »Wahnsinn«, jubelte Lulu.

      Ich schnaufte.

      »Und wie willst du jetzt kontrollieren, ob es wirklich geklappt hat?«, murrte ich.

      In diesem Moment erklang Sylvias viel zu gut gelaunte Stimme: »Frühstück ist fertig.«

      Und dann meine Stiefschwester: »Bin im Bad.«

      Und mein Vater: »Komme.«

      »Wahnsinn«, triumphierte Lulu.

      »Absoluter Wahnsinn«, knurrte ich.

      Aber als Lulu mir um den Hals fiel und mich immer wieder drückte, konnte ich ihr nicht mehr böse sein. Zumal ich ziemlich erleichtert war, dass ich nicht in meinem Schlafshirt auf der Schulparty gelandet war.

      »Das ist einfach un-fass-bar. Genau wie bei Harry Potter! Wir können zaubern.« Lulu sprang auf und tanzte durchs Zimmer. »Wir. Können. Die. Zeit. Zurück. Drehen.« Bei jedem Wort vollführte sie eine Pirouette.

      »Na ja, nicht ganz wie bei Harry Potter«, wandte ich ein. »Wir sind ja nicht doppelt da.« Doch Lulu ging auf meinen Einwand gar nicht ein.

      »Clairchen, das ist der Hammer! Deine Omi war der Hammer! Vererbt dir einfach so einen magischen Anhänger. Mit. Dem. Man. Die. Zeit. Zurück. Drehen. Kann.«

      Mir wurde ganz schwindelig von Lulus vielen Drehungen. Vor allem wurde mir schwindelig, wenn ich zu begreifen versuchte, was gerade passiert war. Und was das bedeutete. Ehrlich gesagt, war mir das gerade zu viel. Das musste ich erst mal verdauen.

      »Können wir im zweiten Anlauf dann endlich frühstücken?«, schlug ich vor.

      »Klingt gut.« Lulu hüpfte voller Energie zurück aufs Bett und zog mich hoch. »Das ist eine super Gelegenheit, um deinen Vater über diesen Anhänger auszuquetschen. Vielleicht weiß er ja doch mehr, als er bisher zugegeben hat.«

      »Ich weiß nicht«, versuchte ich, Lulu zu bremsen. »Das Ganze ist so verrückt, vielleicht behalten wir es besser erst mal für uns.« Selbst wenn mein Vater mehr über die seltsamen Kräfte des Schmuckstücks wusste, war ein Familienfrühstück sicher nicht der beste Zeitpunkt, um ihn danach zu fragen. Ich konnte mir gut vorstellen, dass meine Stiefmutter dafür sorgen würde, dass Lulu und ich auf einer geschlossenen Station landeten, wenn wir behaupteten, die Zeit zurückdrehen zu können.

      »Okay. Mein Mund ist versiegelt.« Lulu machte eine Geste mit der Hand über die Lippen, als wollte sie einen Reißverschluss schließen. Ich hoffte bloß, dass dieses Versprechen ihre Neugier überwiegen würde.

      7

      Schon ein normales Sonntagsfrühstück im Hause Fischer war eine anstrengende Angelegenheit. Es war das einzige Frühstück mit der ganzen Familie, weil mein Vater unter der Woche meist auf Dienstreise war und meine Stiefmutter und Sophie dann bloß einen giftgrünen Power-Smoothie zu sich nahmen.

      Sonntags deckte Sylvia den Tisch, als würde sie einen Reporter von »Schöner Wohnen« erwarten, um meinen Vater mit gestärkten Servietten und üppigen Blumen über das magere Angebot hinwegzutäuschen. Und der tat ihr zuliebe so, als hielte er Null-Prozent-Fett-Käse und Hundert-Prozent-Vollkorn-Brötchen für einen Hochgenuss.

      Sophie ernährte sich ohnehin ausschließlich von Obst, und rechnete mir bei jedem Bissen vor, wie viele Kalorien ich zu mir nahm. Vermutlich hätte ich das Frühstücken längst aufgegeben, wenn es dabei nicht doch etwas zu essen gäbe.

      An diesem Tag aber gab es zusätzlich zu viele Tretminen, die das Potenzial hatten, dieses spezielle Frühstück in eine absolute Katastrophe zu verwandeln: das Törtchenattentat. Die Übernachtungslüge. Und natürlich die Sache mit dem magischen Anhänger.

      Man kann sich also vorstellen, dass ich ziemlich angespannt war, als ich mich auf meinen Platz neben Paps setzte. Der drückte mir zur Begrüßung einen Kuss auf die Wange, holte ein großes Glas Schokocreme hinter seinem Rücken hervor und platzierte es mitten in Sylvias Null-Prozent-Zucker-Hundert-Prozent-BioIdylle.

      »Das habe ich für meine Süßen aus der Schweiz mitgebracht.« Er zwinkerte mir zu.

      »Du weißt genau, dass wir so etwas nicht essen, Bernd. So viel Zucker ist nicht gesund für uns.« Demonstrativ stieß meine Stiefmutter einen spitzen Finger in den winzigen Bauchansatz meines Vaters. Ich unterdrückte ein Seufzen und spürte, dass Lulu stumm kicherte.

      »Nun sei mal nicht so, Sylvieschatz. Ist doch eine absolute Ausnahme.« In der Prä-Sylvia-Ära gab es bei uns eine Schokoschublade, die niemals leer war. Heutzutage hielt sich Paps leider meist an Sylvias Null-Zucker-Politik – wie auch sonst an so ziemlich jede Regel, die sie aufstellte. Wobei ich ihn im Verdacht hatte, sich seine Dosis einfach in den Hotels zu holen, in denen er übernachtete.

      Mein Vater arbeitete für eine Firma, die hochspezielle Dichtungssysteme herstellte. Er verdiente sein Geld damit, Unternehmen im Ausland davon zu überzeugen, dass sie genau diese Dichtungen brauchten. Ich fragte mich manchmal, weshalb er all diese Kunden von der Notwendigkeit exakt dieser Dichtungen überzeugen konnte, nicht jedoch seine eigene Frau von der überlebenswichtigen Notwendigkeit von Schokolade.

      »Pff«, machte Sylvia. Es klang, als wäre eine ihrer Dichtungen nicht ganz dicht, aber wenigstens ließ sie die Schokocreme stehen. Schnell schnappte ich mir das Glas, bevor sie ihre Meinung ändern konnte. Lulu goss sich Kaffee in meine Tasse ein.

      »Ich bin etwas überrascht, dich zu sehen.« Sylvia stand auf und holte ein weiteres Gedeck, das sie mit einem gekünstelten Lächeln vor Lulu hinstellte. »Ich dachte, ihr hättet Streit.«

      »Ich konnte nicht schlafen wegen des Streits. Deshalb war ich ganz früh da, um mich mit Claire zu versöhnen«, log Lulu und machte ein übertrieben unglückliches Gesicht. Ich hoffte bloß, dass Sylvia das nicht auffiel.

      »Guten Morgen.« Sophie wehte herein, frischer als der Sommerblumenstrauß auf dem Tisch. Sie lächelte meinen Vater und Sylvia an, ignorierte Lulu und bedachte mich mit einem mörderischen Blick.

      »Wie war denn die Party?« Mein Vater schob mir die Schokocreme wieder zu, nachdem er sein Brötchen bestrichen hatte. Ich hielt die Luft an.

      »Der Auftritt der Band war ein voller Erfolg.« Sophie schnitt einen Apfel in schmale Spalten und ordnete diese auf ihrem Teller in einem Kreis an.

      Ich nahm einen großen Bissen von meinem Schokobrötchen.

      »Also ich hätte mir das nicht zweimal anhören müssen«, warf Lulu ein.

      Ich verschluckte mich beinahe an dem Brötchen. Mein Vater runzelte irritiert die Stirn. Verstohlen trat ich Lulu unter dem Tisch gegen das Schienbein.

      »Die Jungs wollen mich unbedingt beim Auftritt im Alten Wartesaal nächste Woche dabeihaben.« Sophie nahm sich eine Handvoll Erdbeeren, halbierte jede davon und drapierte sie hoch konzentriert auf den Apfelspalten. Doch ich hatte den Eindruck, dass sie mich verstohlen dabei beobachtete. Ich schluckte schwer und biss erneut in das Brötchen.

      »Was ist das für ein Auftritt?«, erkundigte sich meine Stiefmutter

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