Schöpfung ohne Schöpfer?. Группа авторов

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diese Zweckmäßigkeit „… zwar zum Bestimmungsgrund, damit aber nicht zur realen Ursache des betreffenden Gegenstandes“ (TOEPFER 2005a, 50) erhoben werden kann. Das heißt: Der Zweck des Herzens als Pumporgan wird nicht als Ursache der Entstehung des Herzens eingeführt. Somit wird die Funktion von Teleologie allgemein als methodisch notwendig für die Beschreibung lebender Systeme akzeptiert; die Mehrzahl der heutigen Biologen distanziert sich jedoch deutlich von einer rational ebenso begründeten realen Teleologie, die eine zwecksetzende Entstehungsursache der Organismen postuliert (z. B. einen Schöpfer) oder eine Ausrichtung aller Elemente des Universums auf Ziele hin annimmt (z. B. teleologische oder theistische Evolutionstheorien). Begründet wird diese Position nicht aufgrund des biologisch verfügbaren Datenmaterials oder Wissens, sondern weil sie mit einem naturalistischen Weltbild nicht vereinbar ist (da sie einen Akteur voraussetzt) und daher nur ateleologische Ursprungsmodelle zugelassen werden. TOEPFER begründet den dominierenden Konsens so:

      „Abgelehnt werden diese Formen der Teleologie, weil die bestehenden Modelle zur kosmischen Genese und organischen Evolution als hinreichende Erklärung der anorganischen Veränderung und organischen Höherentwicklung gelten und weil keine zielgebenden Faktoren identifiziert werden konnten – und weil diese darüber hinaus einen fraglichen Status in einem naturwissenschaftlichen Weltbild hätten, das ohne einen planenden Schöpfergott auskommen will“ (TOEPFER 2005a, 37).

      Die Gründe, welche hier aufgeführt werden, um eine universelle Teleologie als möglichen Erklärungskontext wissenschaftlicher Fragestellungen auszuschließen, basieren also erstens auf der Überzeugung, dass die heutigen Vorstellungen über eine natürliche Entwicklung des Kosmos und des Lebens hinreichende Erklärungen bieten. Zweitens auf der Vorstellung, dass nur rein naturwissenschaftliche Erklärungen akzeptabel sind, während es mit den Methoden der Naturwissenschaft nicht möglich ist, teleologische Zusammenhänge zu beschreiben; und drittens, damit eng verbunden, auf dem Bekenntnis zu einer vermeintlich „naturwissenschaftlichen“ (in Wirklichkeit: naturalistisch-reduktionistischen) Weltanschauung, welche sonst zur Disposition stünde. Während die beiden zuletzt genannten Argumente TOEPFERS offensichtlich weltanschaulicher Natur sind, beruft sich das erste auf einen angeblichen Erfolg naturwissenschaftlicher Modellierungen in Ursprungsfragen. Hier lässt sich eine per se nichtnatürliche Handlungsursache aber nur dann als unnötig erweisen, wenn die favorisierten, natürlichen (ateleologischen) Evolutionsmodelle ihren Anspruch, hinreichende Erklärungen der „anorganischen Veränderung und organischen Höherentwicklung“ zu liefern, tatsächlich umfassend einlösen könnten. Das ist aber keineswegs der Fall, auch wenn dies – wie bei HEMMINGER oben gezeigt – permanent behauptet wird (vgl. dazu HEILIG & KANY 2011 sowie den Beitrag „Gibt es eine naturwissenschaftliche Evolutionstheorie?“ in diesem Band).

      Funktionalaussagen als teleologische Beschreibungen

      Aufgrund der Zweckmäßigkeit, die wir bei Lebewesen und ihren Bestandteilen als Forschungsgegenstand der Biologie antreffen, besitzen auch biologische Beschreibungen eine besondere Qualität: Sie sind, anders als z. B. die Darstellung der Bewegungen von Elektronen, Funktionalaussagen mit teleologischem Charakter (wofür etwas gut oder nützlich ist). Dazu einige Beispiele: Die Reizauslösung und -übertragung funktioniert im Auge unter Einbeziehung biochemischer Reaktionskaskaden. Die Regulierung der Herzfrequenz erfolgt bei Belastung u. a. durch die körpereigene Analyse der Blutgase. Die Ausschüttung von Hormonen wird über periphere Rezeptoren gesteuert. In Mechanismen, welche Gene aktivieren oder inaktivieren, sind z. B. Masterkontrollgene eingebunden.

      Die funktional-analytisch arbeitende Biologie erfolgt primär unabhängig und unbeeinflusst vom Wissen oder von Theorien über die Herkunft und Entstehung des Lebens.

      Die Behandlung der Themenstellungen im Rahmen der funktional-analytisch arbeitenden Biologie erfolgt primär unabhängig und unbeeinflusst vom Wissen oder von Theorien über die Herkunft und Entstehung des Lebens. Dies gilt auch dann, wenn angeregt durch Ursprungshypothesen nach speziellen molekularbiologischen, physiologischen oder morphologischen Merkmalen der Organismen gesucht wird. Im Gegensatz zu den hier betrachteten funktional-analytisch ausgerichteten Beschreibungen, die zu 100% die gesamte moderne Medizin bestimmen, zeigen Ursprungstheorien wie die Evolutionstheorien eine grundsätzlich andere Begründungsstruktur und einen anders zu definierenden Forschungsgegenstand. Die Evolutionsbiologie ist wie jede Ursprungsforschung nur unter Rückgriff auf bereits „nicht-evolutionär“ erworbenes Wissen möglich und verfolgt auf dieser Basis dann den Anspruch, das heutige Erscheinungsbild der Organismen und den Charakter der Ökosysteme als Ergebnis einer natürlichen Entwicklung (Evolution) zu erklären (Abb. 2). Im Ergebnis entwirft sie Rekonstruktionen eines hypothetischen Entwicklungsverlaufes in erzählender Berichtsform (z. B.: „Aus A ist B entstanden, D und C leiten sich von Vorfahren ab, die B nahe standen“).

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      Abb. 2: Das Verständnis für die Funktion und den Aufbau des Auges (v. l.: Komplexauge, Linsenauge, Spiegelteleskopauge der Muschel Pecten) leistet die funktional analytische Biologie. Ihre Ergebnisse sind unabhängig davon, welche Entstehungstheorie man zugrunde legt. Erst das Wissen um Funktion und Aufbau der Augen bei verschiedenen Tieren ermöglicht es der Evolutionsbiologie, mögliche Entstehungsabfolgen zu rekonstruieren (Pfeile). Deshalb sind evolutionsbiologische Modellierungen letztendlich als ein nachgeordneter Typ wissen-schaftlicher Begründung zu bestimmen. Sie „… sind für die (in der Regel funktional orientierte) laborwissenschaftliche Praxis letztlich irrelevant“ (GUTMANN 2005). (Aus JUNKER & SCHERER 2013)

      „Methodologisch von Bedeutung ist nun, dass die Evaluierung unserer Erzählung im Lichte genau jenes funktionalen und nomothetischen* Wissens stattfindet, das wir grundsätzlich auch ohne diesen Bericht in Geltung setzen können. Dies scheint die Evolutionstheorie als einen zwar methodologisch möglichen, aber letztendlich nachgeordneten Typ wissenschaftlicher Begründung zu bestimmen. Insofern wäre sie für die (in der Regel funktional orientierte) laborwissenschaftliche Praxis letztlich irrelevant“ (GUTMANN 2005, 263).

      Evolution, Evolutionsbiologie und der Abschied von „der Evolutionstheorie“

      Fehlende Reflexionen

      1983 publizierte Alfred LOCKER eine Arbeit über system- und metatheoretische Aspekte von „Evolution“ und „Evolutionstheorie“. Darin beklagt der Autor die weitestgehend fehlende Bereitschaft von Evolutionsbiologen zu einer wissenschaftstheoretischen Reflexion über ihren Forschungsgegenstand, über die zugrunde liegenden Sätze ihrer weltanschaulichen Konventionen und theoretischen Konzeptionen.

      „Ohne Rücksicht auf die Schwierigkeit, den mit ‚Evolution‘ gemeinten Prozess zu definieren, wird er für eine unumstößliche Tatsache gehalten und die ihn darlegende, sich nach ihm benennende Theorie als eine so sehr gesicherte angesehen, dass für ihre Anhänger keine Veranlassung besteht, ihr ‚Lieblingskind‘ auf seine Rechtmäßigkeit zu prüfen, d. h. die Theorie metatheoretisch zu reflektieren und nach ihrer Voraussetzung und Geltung zu fragen“ (LOCKER 1983, 2).

      Die Evolutionsbiologie blieb scheinbar unbeeindruckt von dieser Kritik, so dass 13 Jahre später auch GUTMANN resümiert:

      „Während die moderne Wissenschaftstheorie die Biologie kaum wahrnimmt, hat sie sich von dieser doch zugleich in immer größeren Maßen abhängig gemacht. […] Umgekehrt hat die Weigerung der Biologie, auf wissenschaftstheoretische Einwände zu antworten, zur Blindheit dieser Naturwissenschaft gegenüber eigenen methodischen Schwächen geführt. Das läßt sich in besonderer Weise am Beispiel der Evolutionstheorie als einer der für Philosophie wie Biologie gleichermaßen zentralen Ansätze moderner Naturwissenschaft aufzeigen“ (GUTMANN 1996, Covertext).

      In einem Beitrag des „Laborjournals“ weist der Pflanzenphysiologe KUTSCHERA offensichtlich unbeeindruckt immer noch die Anfragen der Geisteswissenschaften

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