Worauf die Affen warten - Krimi. Yasmina Khadra
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»Verzeih, ich hab die elementaren Höflichkeitsregeln außer Acht gelassen. Lieber Eddie, darf ich dir Baasous Llaz vorstellen, einen Autor, der ...«
»Sieh an ...!«, unterbricht ihn Ed, »der gnadenlose Kritiker unseres berühmtesten Schriftstellers.«
Die Stirn des jungen Romanciers glättet sich. Er ist geschmeichelt, dass einer der größten Pressemagnaten Algeriens ihn kennt.
»Ich habe seine Copy-and-Paste-Artikel gelesen. Welch ein Furor! Welch ein Irrsinn! Es hat mich umgehauen. Hätte er mir seine Dienste angeboten, ich hätte ihn vom Fleck weg engagiert. Einen Blog auf so renommierten Online-Seiten wie der des Nouvel Observateur oder Mediapart zu eröffnen, dort die schamlosesten Unterstellungen zu verbreiten und dann so zu tun, als wären es besagte Online-Seiten, die unseren berühmten Schriftsteller derart verunglimpfen, ehrlich, auf so was muss einer erst mal kommen.«
Der junge Autor, der nicht versteht, worauf Ed hinauswill, weiß nicht mehr, ob er weiterhin lächeln oder sei Lächeln lieber ablegen soll.
Der Magnat zieht ein kleines Notizbuch aus der Innenseite seiner Jackentasche, blättert kurz, hält inne und beginnt, mit tönender Stimme vorzulesen:
»Laut Malek Bennabi gibt es den Kolonisierten und den Kolonisierbaren. Die Kolonisierten streben danach, sich dem Joch, das sie knechtet, zu entziehen; die Kolonisierbaren brauchen auch, wenn sie frei sind, beständig einen Herrn. Manche versuchen, sich in Paris anzubiedern und lassen, wenn sie keine Interessenten finden, ihre Wut an den Erfolgreichen aus. Andere verschreiben sich ungeniert jenen Lobbies, die allem Schönen und Großen in unserem Land den Kampf ansagen, und lassen nichts unversucht, das Bild jener Gerechten zu entstellen, die es in Algerien noch gibt, um sich selber umso wirkungsvoller in Szene zu setzen. Man applaudiert ihnen, lobt sie und behängt sie mit Orden, dann drängt man sie, in devoter Dankbarkeitgenau das zu verkünden, was Musik in den Ohren ihrer Herren ist – denn für unsere Feinde gibt es keinen köstlicheren Sieg als mitanzusehen, wie unser Land von seinen eigenen Söhnen in den Schmutz gezogen wird.«
J’ha wittert einen brenzligen Geruch in der Luft.
»Und von wem ist das?«, fragt er.
»Von meiner Wenigkeit«, ruft der Magnat stolz aus.
»Seltsam ...«
Ed Dayem wendet sich wieder an den Nachwuchsautor: »Sagen Sie mal, Monsieur Llaz, wer ist denn dieser berüchtigte Jonathan Klein, dass Sie ihn wie ein Beweisstück am Ende Ihrer flammenden Machwerke schwenken?«
»Ein Amerikaner, von der Universität Bakersfield.«
»Merkwürdig. Wir haben bei der Universität Bakersfield nachgefragt – der Knabe ist dort völlig unbekannt. Und was sein berühmtes Lexikon anbelangt, in dem er den Stolz unserer Nation des Plagiats beschuldigt: völlig unauffindbar.«
»Jonathan Klein existiert aber. Er hat mir geschrieben.«
»Vielleicht hat J’ha Ihnen geschrieben. Er macht das gerne, seine kleinen Gemeinheiten von seinen neu eingestellten Mitarbeitern signieren zu lassen. Und ganz unter uns: Wer sind Sie denn schon, dass man Ihnen schreibt? Die Washington Post, der Canard Enchaîné, El País, Politiken, der Spiegel? Und wenn was dran wäre, glauben Sie denn, die Medien, die unseren berühmten Autor gefeiert haben, würden erst auf Ihr Signal warten, um ihn zu lynchen? Das Ganze ist wohl eine Nummer zu groß für Sie, Monsieur Llaz. Jonathan Klein ist kein Amerikaner, sondern ein waschechter Algerier, ein absolut typischer kahl-arras, einer dieser undankbaren Intellektuellen von der Art, wie sie nur unser liebes Vaterland exkrementieren kann, ein echt beknackter Kamelbremser, der krank vor Neid und Eifersucht ist und denkt, er würde einen Tsunami auslösen, wenn er nur einen Stein ins Wasser wirft ... Ist es nicht so, J’ha?«, fügt er hinzu, während er eindringlich den Verleger mustert, der sich nicht rührt.
»Das glaube ich Ihnen nicht!«, ruft der junge Autor.
»Glauben Sie denn überhaupt noch an irgendetwas, Monsieur Llaz?«
»Und wie heißt Jonathan Klein denn nun wirklich?«
»Das behalten wir lieber für uns, für alle Fälle ... Eines sollten Sie wissen, Monsieur Llaz: Die Diffamierung ist eine hohe Kunst, nur die Eingeweihten blicken da durch. Und ihre Wirkung beruht ausschließlich auf zwei Faktoren: der Leichtgläubigkeit der Durchschnittsleser und der Nichtüberprüfbarkeit der Aussagen. Ihre Behauptungen indes, Monsieur Llaz, lassen sich allesamt mit ein paar Mausklicks überprüfen – und widerlegen. Aber das dürfte ja wohl Ihre geringste Sorge sein. Für Sie zählt nur das Rampenlicht der Öffentlichkeit, ganz gleich, wie Sie dorthin gelangen. Wissen Sie, wie es dem Nachtfalter ergeht? Er flattert so lange ums Licht, bis er darin verbrennt ... An Ihren stupiden Hirngespinsten finden nur Jammergestalten Ihres Formats und die Paranoiker des Internets Gefallen.«
»Ich bin keine Jammergestalt.«
»Wie würden Sie sich denn definieren?«
»Das geht Sie nichts an. Und außerdem haben Sie überhaupt nichts überprüft. Sie nehmen mich auf den Arm. Sie wissen doch gar nichts!«
»Oh doch! Wir wissen so einiges über eine ganze Menge Leute, die über jeden Zweifel erhaben sind. Wir wissen zum Beispiel, dass unser Freund J’ha hier über ein riesiges Netz obskurer Schreiberlinge, frustrierter Zeitungsfritzen und vereidigter Verunglimpfer verfügt, dass er ein Manipulator ohnegleichen ist und wie sonst keiner den Franzosen den Arsch leckt.«
»Das hat jedenfalls mehr Stil, als maghrebinischen Landpomeranzen den Arsch zu lecken«, kontert der Verleger in aller Gelassenheit.
»Vielleicht hat es mehr Stil, aber hygienisch ist es um einiges bedenklicher. Eine maghrebinische Landpomeranze führt fünfmal am Tag ihre rituellen Waschungen durch.«
Ed zielt mit seiner Zigarette auf den jungen Autor: »Über Sie wissen wir auch so einiges, Monsieur Llaz.«
Llaz lacht laut los: »Ich habe mir nichts vorzuwerfen, Monsieur Dayem. Ich bin weder Politiker noch Geschäftsmann.«
Ed Dayem grinst höhnisch, ohne den Pariser Autor aus den Augen zu lassen: »Die Korruption steckt manchmal woanders, als man denkt. Die kleine Welt, der Sie sich angeschlossen haben, ist eine Mafia, allerdings ohne deren Ehrenkodex ...«
»Und was haben Sie gegen mich in der Hand, Monsieur Dayem?«, fragt der junge Autor herausfordernd.
»So einiges. Wir wissen zum Beispiel, dass Sie jedes Mal, wenn unser berühmter Schriftsteller ein neues Buch herausbringt, unverzüglich auf die fnac.com-Seite gehen, um dem Buch, ohne es überhaupt gelesen zu haben, einen einsamen Stern und einen vernichtenden Kommentar zu verpassen – in der Hoffnung, damit potentielle Leser abzuschrecken. Wir wissen auch, dass Sie nach dieser Großtat etliche Monate damit zubringen, Ihre eigenen Kommentare zu bewerten. Man muss schon ein echter maghrebinischer Schmierfink sein, um die Infamie derart auf die Spitze zu treiben ... Sagen Sie, Monsieur Llaz, bewerten Sie Ihre Kommentare eigentlich alle in Eigenregie? Oder lassen Sie sich dabei von Ihren Freunden helfen? Stellen Sie sich vor, ich hab mir mal den Spaß gemacht, nachzuzählen: Sie haben Ihre eigenen Kommentare über dreitausendfünfhundertmal bewertet. Enorm! Und das, mein Junge, das ist kein Mobbing mehr, das ist der helle Wahnsinn.«
Verärgert springt der Verleger auf: »Jetzt gehst du wirklich zu weit, Eddie!«
»Ich fürchte, da bin ich nicht