Spieglein, Spieglein in der Hand,wer lügt am meisten im ganzen Land?. Thomas Röper

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу Spieglein, Spieglein in der Hand,wer lügt am meisten im ganzen Land? - Thomas Röper страница 6

Автор:
Серия:
Издательство:
Spieglein, Spieglein in der Hand,wer lügt am meisten im ganzen Land? - Thomas Röper

Скачать книгу

das in seinem Fall „grausam“ ist. Die Kolumne beginnt mit den Ereignissen im Iran, die die Welt nach Neujahr 2019 aufgeschreckt haben. Damals hatten die USA in Bagdad einen führenden iranischen General mit einer Drohne ermordet, was in den folgenden Tagen fast zu einem großen Krieg am Persischen Golf geführt hätte.

      Frau Bota stellte in der Kolumne fest, dass Merkel in dieser internationalen Krise, die das Potenzial hatte, den ganzen Nahen Osten in Brand zu stecken, nicht etwa nach Washington geflogen ist, um zur Lösung beizutragen, sondern nach Moskau. Für eine transatlantisch eingenordete Journalistin wie Frau Bota, die schon den Axel-Springer-Preis und auch n-ost-Preis bekommen hat, ist das natürlich eine Katastrophe.

      Doch wieder zurück zur Kolumne. Frau Bota musste sichtlich widerwillig anerkennen, dass die russische Diplomatie erfolgreich ist:

      „Ob es einem gefällt oder nicht, diese Art der Diplomatie, verstanden als reine Interessenpolitik, ist derzeit ziemlich effektiv.“

      Sehr geschickt stellt sie erfolgreiche Diplomatie in ein negatives Licht, indem sie sie als „reine Interessenpolitik“ bezeichnet. Frau Bota weiß aber sicher ganz genau, dass das für alle Länder der Welt gilt: Jedes Land versucht mit seiner Diplomatie, die eigenen Interessen zu vertreten. Das ist der Daseinszweck von Diplomatie. Nur würde Frau Bota das nie so formulieren, wenn es um westliche Staaten geht.

      Während die USA zu diesem Zeitpunkt im Nahen Osten Amok gelaufen sind und gerade den iranischen General mit einer Rakete auf dem Flughafen von Bagdad ermordet hatten, was die Welt an den Rand eines großen Krieges gebracht hat, schrieb Frau Bota über Putin:

      „Er trifft Assad in Syrien beim Besuch der russischen Truppen, schüttelt mit Erdoğan Hände bei der Einweihung der Gaspipeline TurkStream, telefoniert mit Macron, plant bald ein Treffen mit Sissi in Ägypten – es wäre das zwölfte Treffen in sechs Jahren. (…) Vorbei die Zeit, als Obama über Russland als Regionalmacht spottete. In Syrien konnte Putin Assad halten und ein labiles Gleichgewicht zwischen den Interessen von Türken, Kurden, Iranern und Israelis austarieren. In Libyen kämpfen russische Söldner aufseiten des libyschen Generals Haftar – neuerdings zwar auch gegen die Türken, die die libysche Regierung unterstützen, aber man wurde sich vorläufig einig und verkündete gemeinsam eine Waffenruhe.“

      Frau Bota findet all das nicht gut. Aber ich frage mich, was soll schlecht daran sein, wenn Putin es schafft, zwischen ehemaligen Rivalen ein „Gleichgewicht auszutarieren“? Wäre es ihr lieber, wenn Türken und Kurden weiterhin Krieg gegeneinander führen würden? Wäre es ihr lieber, wenn Iran und Israel tatsächlich einen heißen Krieg führen?

      Dass Putin es geschafft hatte, die ehemaligen Rivalen Iran und Türkei in ein Boot zu holen, dass Putin es durch sein Eingreifen geschafft hatte, eine türkische Offensive gegen die Kurden zu stoppen, dass Putin mit seinen guten Beziehungen zwischen dem Iran und Israel auch dort versucht, zu vermitteln – wer kann das schlecht finden? Wer kann etwas dagegen haben, wenn es im Nahen Osten vielleicht endlich mal friedlicher wird, wenn das Misstrauen Schritt für Schritt durch Gespräche in Vertrauen umgewandelt wird?

      Dass Putin hier Erfolge hat, zeigten auch die Gespräche zwischen den Erzfeinden Iran und Saudi-Arabien, die offensichtlich ebenfalls von Putin eingefädelt wurden, als er im Oktober 2019 in Saudi-Arabien war.

      Dann griff Frau Bota zum bewährtesten Mittel der Propagandisten: Sie packte ganz viele unbelegte Vorwürfe in einen Satz. Bevor der Leser anfangen konnte zu verstehen, dass Russland tatsächlich eine auf Ausgleich und Frieden ausgerichtete Politik verfolgt, sollte der Leser negativ eingestellt werden:

      „Selbst in Europa, das an den Sanktionen gegen Russland (noch) festhält, schafft es der Kreml ein kleines bisschen aus der politischen Isolation heraus – trotz Attentaten (Skripal, Changoschwili), Hackerangriffen und enttarnter Geheimdienstoperationen.“

      Die Attentate gegen Skripal und Changoschwili werden von den Medien zwar Russland angelastet, aber bewiesen ist bis heute gar nichts. Im Fall Skripal gibt es mehr offene Fragen als Antworten, und im Fall Changoschwili, also dem Tiergartenmord, gibt es auch ein Jahr später noch nicht einmal eine offizielle Behauptung, Russland habe damit etwas zu tun. Das behaupten bisher nur die Medien. Propaganda eben.

      Wenn die Medien in Deutschland wenigstens darüber berichtet hätten, wer da im Dezember 2019 im Berliner Tiergarten – von wem auch immer – erschossen wurde, würde der Fall kaum Empörung hervorrufen können. Immerhin war das Opfer an Terroranschlägen in Russland mit Dutzenden Toten beteiligt und hatte engste Verbindungen zur organisierten Kriminalität. Propaganda eben: Man stellt Beschuldigungen auf und verschweigt alles, was nicht ins Bild passt.

      Unmittelbar danach schrieb Frau Bota im selben Absatz:

      „Macron kommt Putin entgegen, in Paris verhandelt man endlich über Frieden in der Ukraine – aber nicht ohne Putins Vorbedingungen. Die Steinmeier-Formel jedenfalls, von ihren Gegnern auch Putin-Formel genannt, haben die Ukrainer nicht gewollt, aber akzeptieren müssen.“

      Das ist ein wirklich starkes Stück Propaganda, denn es ist dreist gelogen. Kein Leser von Frau Bota weiß, was die Steinmeier-Formel überhaupt ist. Und so kann sie sie zur „Putin-Formel“ machen. Das klingt auch gleich schön böse.

      Dabei ist die Steinmeier-Formel ein Produkt des damaligen deutschen Außenministers Steinmeier (und nicht etwa von Putin), und sie sollte Details bei der Umsetzung des Minsker Abkommens festlegen. Die Ukraine hat sie nie umgesetzt, wie auch das gesamte Minsker Abkommen nicht. Was aber kann Putin dafür, wenn Steinmeier einen Vorschlag macht, auf den sich alle (inklusive der Ukraine) in Verhandlungen geeinigt haben und wenn Kiew hinterher seine eingegangenen Verpflichtungen nicht umsetzt?

      Und trotz aller nun von Frau Bota aufgelisteten russischen „Untaten“, die alle einer Überprüfung nicht standhalten, feiert Russlands Diplomatie Erfolge, wie sie schreibt:

      „Für die russischen Erfolge gibt es vor allem zwei Gründe. Zum einen gilt die russische Diplomatie als sehr professionell. „Russland war immer stolz auf seine diplomatische Schule, und das, so scheint mir, nicht grundlos“, schreibt Andrej Kortunow, Direktor des kremlnahen Thinktanks Riac.“

      In der Tat ist das so: Die Diplomatenausbildung in Russland ist hervorragend. Die Diplomaten lernen die Sprachen der Länder, in denen sie eingesetzt werden sollen, sie lernen die kulturellen und historischen Hintergründe und sind hochprofessionell.

      Sie meinen, das wäre überall so? Weit gefehlt. Nehmen Sie die USA, wo Großspender eines Präsidenten häufig mit Botschafterposten belohnt werden, oder auch Deutschland, wo Botschafter in erster Linie nach Parteibuch und nicht nach ihrer Ausbildung oder ihrer Kenntnis über die Länder, in die sie geschickt werden, ausgewählt werden.

      Was nützt ein deutscher Botschafter in Moskau, der sich ohne

Скачать книгу