Ego-State-Therapie bei Traumafolgestörungen. Kai Fritzsche

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Ego-State-Therapie bei Traumafolgestörungen - Kai Fritzsche Hypnose und Hypnotherapie

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können wir in der praktischen Tätigkeit nutzen und sie unseren Patientinnen zugutekommen lassen. Doch hier beginnen auch schon die Schwierigkeiten. Welche Methoden werden von wem mit welchen Patienten unter welchen Umständen und in welchem Kontext untersucht? Wer ist in der Lage, derartige Untersuchungen zu veranlassen, zu finanzieren und durchzuführen? Welche Impulse werden von wem aufgegriffen und finden in welcher Form Eingang in die »Forschungswelt«?

      Die schlechte Nachricht ist, dass wir immer noch keine gemeinsame Sprache gefunden haben in unseren Bemühungen um eine wirksame, schonende und nachhaltige Behandlung von Traumafolgestörungen. Allein Abschnitt 2.5 wird viele Reaktionen auslösen. Die Vertreterinnen der einen Perspektive werden sich bestätigt fühlen und zustimmen, während Vertreter einer anderen Methode möglicherweise verärgert sind oder sich abwenden. Erwähne ich das eine Konzept, fragen Sie sich eventuell, warum ich das andere nicht nenne. Beziehe ich mich auf ein weiteres, fragen Sie sich, ob ich vielleicht das nächste nicht verstanden habe oder gar nicht kenne. Neben den Bemühungen um unsere Patientinnen existiert auch ein Bedürfnis, recht zu haben, es richtig verstanden zu haben. Der Diskurs ist der Motor für die Entwicklung, aber er hat Nebenwirkungen, die uns das Leben schwer machen. Letztlich gibt es auch ein Bedürfnis nach Anerkennung, sowohl der persönlich entwickelten Methode als auch der eigenen Person. Klaus Grawe würde dies dem psychischen Grundbedürfnis nach Selbstwerterhöhung und Selbstwertschutz zuordnen (Grawe 2004, S. 186).

      Eine weitere schlechte Nachricht ist der Stress, den viele Therapeutinnen und Therapeuten in ihrer praktischen Arbeit bezüglich der Auswahl der Indikationen und der Entwicklung eines Behandlungsplanes erleben. Der Indikationsstress nimmt einen großen Raum in den Supervisionen ein, die ich seit vielen Jahren durchführe. Einerseits haben wir die komfortable Situation, über viele wirksame Methoden in der Behandlung von Traumafolgestörungen zu verfügen. Andererseits finden wir konkurrierende Ansätze und Vorgehensweisen, die die Arbeit erschweren können. Möglicherweise fällt es nicht leicht, sich auf ein Vorgehen einzulassen bzw. Kombinationen zu entwickeln oder Interventionen zu integrieren. Das Angebot scheint groß und kaum überschaubar. Der Begriff Parallelwelten ist hier nicht übertrieben.

       2.5.2Die wissenschaftliche Perspektive

      Die wissenschaftliche, akademische (universitäre) Welt ist federführend in der Entwicklung effektiver Interventionen und Behandlungskonzepte. Die wissenschaftlichen Untersuchungen und die daraus abgeleiteten Behandlungsempfehlungen bezogen sich bisher meist auf die PTBS Typ I. Erst in einem zweiten Schritt wurde die Betrachtung auf komplexe posttraumatische Belastungsstörungen ausgeweitet.

      Hecker und Maercker (2015, S. 557) nennen in einem Übersichtsartikel für die Behandlung der PTBS drei Interventionen:

      a)Prolongierte Exposition als eine Exposition in sensu, bei der das Trauma mittels der eigenen Gefühle nacherlebt und nacherzählt wird

      b)kognitive Therapie, bei der der Fokus auf der Bearbeitung von Bewertungsund Wahrnehmungsprozessen (kognitive Umstrukturierung) und damit einhergehenden körperlichen Reaktionen liegt, und

      c)EMDR, ebenfalls eine Methode der Exposition.

      Hinsichtlich der Verhaltenstherapie werden zwei weitere gut untersuchte Interventionen hervorgehoben (Michael, Sopp u. Schäfer 2019, S. 16 f.):

      a)In-vivo-Konfrontationen, die besonders auf das Vermeidungsverhalten als Symptom der Traumafolgestörung fokussieren

      b)kognitive Therapie nach Ehlers und Clark, der ein kognitives Modell der Entstehung und Aufrechterhaltung der chronischen PTBS zugrunde liegt, sowie weitere Verfahren, die zum Einsatz von spezifischen Patientenpopulationen entwickelt wurden:

      a.Narrative Expositionstherapie (NET) nach Schauer, Neuner und Elbert, die als Kurzzeitintervention in der Behandlung von Überlebenden interpersoneller Gewalt sowie von Kriegen und Naturkatastrophen zum Einsatz kommt

      b.Cognitive Restructing and Imagery Modification (CRIM), die sich auf die Behandlung des Beschmutztseins bei Opfern sexueller Gewalt konzentriert, und

      c.Cognitive Processing Therapy (CPT), die sich vor allem um die Integration des traumatischen Ereignisses in bestehende kognitive Schemata bemüht.

      Wo bleiben die anderen Behandlungsverfahren? Wo bleiben psychodynamische, systemische, humanistische/gesprächspsychotherapeutische, hypnotherapeutische, logotherapeutische, psychodramatische und vor allem körpertherapeutische Ansätze? Allein die Reihenfolge bereitet mir Bauchschmerzen und noch mehr die Vorstellung, wen ich alles unterschlagen habe.

      Psychodynamische Ansätze zur Behandlung von Traumafolgestörungen haben eine lange wissenschaftliche Tradition und stellen spezifische Methoden zur Verfügung, deren Wirksamkeit in kontrollierten Studien gezeigt werden konnte (Reddemann u. Wöller 2011, S. 580 ff.). Im Handbuch der Psychotraumatologie (Seidler, Freyberger u. Maercker 2011) werden drei dieser Konzepte erläutert:

      a)die psychodynamisch imaginative Traumatherapie (PITT) nach Reddemann, die aufbauend auf einer resilienz- und progressionsorientierten Grundhaltung die psychodynamische Beziehungsorientierung mit imaginativen Verfahren verbindet und ein Konzept der Selbstbegegnung verfolgt

      b)die mehrdimensionale psychodynamische Traumatherapie (MPTT), der ein psychodynamisch-dialektisches Veränderungskonzept zugrunde liegt, und

      c)das integrative Konzept zur Behandlung traumaassoziierter Persönlichkeitsstörungen auf psychodynamischer Grundlage nach Wöller.

      In der personzentrierten Psychotherapie/Gesprächspsychotherapie (Biermann-Ratjen u. Eckert 2011, S. 590) sowie der Systemischen Therapie (Hanswille 2019, S. 20) sind konkrete Ansätze zur Behandlung von (komplexen) Traumafolgestörungen entwickelt worden, ebenso im Psychodrama (Krüger 2015, S. 168).

      Hinsichtlich des Vorgehens in der Behandlung der komplexen Traumafolgestörungen existieren viele offene Fragen. Sie stellt die Psychotherapeutinnen vor besondere Herausforderungen. Innerhalb der Deutschsprachigen Gesellschaft für Psychotraumatologie besteht zumindest darüber Einigkeit, dass in der Behandlung eine Exposition in sensu enthalten sein soll (Hecker u. Maercker 2015, S. 557). Sack und Sachsse (2013, S. 251 ff.) geben eine gute Übersicht über verfügbare Therapiemethoden zur Behandlung komplexer Traumafolgestörungen und betonen, dass ihre Zusammenstellungen keinen Leitliniencharakter haben:

       (A)Vorrangig konfrontative Methoden zur Behandlung von Traumafolgesymptomen:

      •Prolongierte Exposition

      •Kognitiv-Behaviorale Traumatherapie

      •Eye Movement Desensitization and Reprocessing (EMDR)

       (B)Psychodynamische und imaginative Methoden:

      •Psychodynamische Traumatherapie

      •Psychodynamisch Imaginative Traumatherapie (PITT)

      •Katathym Imaginative Psychotraumatherapie (KIP-T)

      •Mehrdimensionale Psychodynamische Traumatherapie (MPTT)

       (C)Narrative Methoden

      •Imagery Rescripting and Reprocessing Therapy (IRRT)

      •Narrative

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